Die Unbeirrbare
admin | Posted 30/03/2007 | Biografien | 1 Ein Kommentar »
Gertrud Heinzelmann setzte sich für die Frauenrechte ein. Vom Vatikan forderte sie in den 60ern Priesertinnen, in der Schweiz das Frauenstimmrecht. Die Biografie über sie von Barbara Kopp ist ein Longseller. Ein Interview.
Was war der Auslöser für dieses Buch? Der Wille zum Schreiben oder die Person, die Sie gefangen nahm?
Barbara Kopp: Nur mit willentlichem Vorsatz ist es schwer, ein Buch zu beginnen und dann die Durststrecken beim Schreiben durchzuhalten. Es braucht vielmehr Intuition und Verführung und plötzlich ist man mitten drin. Es war die sperrige und kompromisslose Persönlichkeit von Gertrud Heinzelmann, die mich faszinierte. Ich traf eine 83-Jährige, die sich in ihrem Leben mit allen Mächtigen angelegt hatte, mit dem Schweizer Bundesrat wie mit dem Papst. Scharfsinnig und mit trockenem Witz hielt sie Rückschau und verwendete altertümliche Dialektworte. Dieser Mischung konnte ich mich nicht entziehen.
Wo lag für Sie die Spannung beziehungsweise Herausforderung zwischen dem Erzählen und der Aufarbeitung von biografischen Fakten?
Barbara Kopp: Beidem gleichermassen zu genügen, das war für mich die Herausforderung. Als Historikerin brauchte ich keine Angst vor dem weißen Papier zu haben, ich konnte mich an Fakten festhalten. Dafür musste ich als Autorin lernen, die erzählerischen Mittel subtil und raffiniert einzusetzen. Ich konnte nicht frisch von der Leber weg fabulieren, wollte ich historisch exakt sein.
Wäre es für Sie nicht einfacher gewesen, eine Lebensgeschichte zu verfassen, die zeitlich weiter weg gewesen wäre?
Barbara Kopp: Das glaube ich nicht. Mehr zeitliche Distanz zu einer historischen Figur ist für mich nicht einfach mit einem größeren, erzählerischen Spielraum und mit mehr Freiheit zum Fantasieren gleichzusetzen. Es stellen sich einfach andere Schwierigkeiten, die gelöst werden müssen. Weiß ich denn beispielsweise, wie eine Frau aus dem 16. Jahrhundert fühlte und dachte, und was sie sich wünschte? In Gertrud Heinzelmanns Bücherregal hingegen standen etliche Bücher, die auch in meinem Regal stehen. Sie war mir von ihrem Lebenshorizont näher als eine Frau aus dem 16. Jahrhundert, dafür stellte sich die Schwierigkeit, kritische Distanz zu wahren.
KOPP, BARBARA: Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte. Limmat Verlag Zürich, 320 S.,
Gut geschrieben, spannend zu lesen: Das Frauenstimmrecht in der Schweiz, wofür Gertrud Heinzelmann gekämpft hatte, wurde vor 40 Jahren eingeführt. Die Zulassung von Priesterinnen, die ebendiese Heinzelmann beim 2. Vatikanischen Konzil gefordert hatte, lässt weiterhin auf sich warten …