“Mein Buchhändler überrascht mich…”
admin | Posted 18/04/2007 | Belletristik | Keine Kommentare »
Wie kaufen eigentlich Autorinnen und Autoren ihre Bücher ein? Dazu wurde die Schriftstellerin Bettina Baláka befragt.
Wo und wie kaufen Sie Bücher ein?
Bücherkaufen ist so ziemlich das einzige, was ich "im großen Stil" mache. Das heißt, auch wenn ich nichts Bestimmtes suche, gönne ich mir regelmäßig die eine oder andere Stunde in einer wohlsortierten Buchhandlung oder einem Antiquariat und nehme alles mit, was mein Interesse erregt und ich noch tragen kann. Ist meine Tochter dabei, darf sie dasselbe in der Kinderbuchabteilung tun und der Stapel wird noch größer. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Sparen in allen möglichen Lebenslagen angebracht sein mag, aber nicht bei der Gesundheit und nicht beim Bücherkauf. Über das Internet kaufe ich Bücher nur in Notfällen, etwa wenn diese schwer erhältlich sind. Das liegt daran, dass ich zu ungeduldig bin, um tage- oder gar wochenlang auf ihr Eintreffen zu warten.
Was schätzen Sie an an einer guten Buchhandlung?
Mein Lieblingsbuchhändler überrascht mich immer wieder damit, dass er eine schier unglaubliche Menge an Büchern, inklusive der jeweils aktuellen Neuerscheinungen, tatsächlich gelesen hat und genaue Auskünfte darüber geben kann. Darüber hinaus kennt er das Gesamtwerk des jeweiligen Autors und kann aus dem Stegreif sagen, was dieser oder jene sonst noch so publiziert hat. Einmal fragte ich: "Können Sie mir etwas empfehlen, das intelligent und anspruchsvoll ist und mich doch auf einer langen Zugfahrt nicht überfordert?" Zwar verließ ich auch diesmal den Laden mit einem beachtlichen Stapel, aber jedes einzelne empfohlene Buch traf, wie sich auf der besagten Zugfahrt herausstellte, meine Anforderungen exakt.
Beschreiben Sie uns Ihre Traumbuchhandlung.
Wie in anderen Geschäften auch, reagiere ich allergisch auf Verkäufer, die sich sofort nach meinem Eintreten mit einem "Kann ich Ihnen helfen?" auf mich stürzen und nicht mehr abzuwimmeln sind. Die Büchersuche ist ein privater Prozess, bei dem man zunächst in Ruhe gelassen werden muss. Wenn man allerdings einen Helfer zu Rate zieht (der hoffentlich diskret im Hintergrund signalisiert, dass er für eine solche Eventualität zur Verfügung steht), dann sollte dieser mit maximaler Kompetenz ausgestattet sein – oder zumindest den Computer bedienen können. Idealerweise stehen Sitzgelegenheiten zum Probelesen und diverse Tischchen zum Abstellen des bereits ausgewählten Stapels zur Verfügung. Auch der Einkaufskorb könnte endlich mal eingeführt werden! Von jedem Buch sollte es mindestens ein Ansichtsexemplar geben, das von seiner Schweißfolie befreit wurde. Gleichzeitig sollte es ein eingeschweißtes Exemplar geben, damit ich nicht das von zahllosen Probeleserfingern ramponierte Ansichtsexemplar kaufen muss!
Über was ärgern Sie sich oft?
Verkäufer, die einen ratlos anschauen, wenn man nach Lyrik von Georg Trakl fragt. Verkäufer, die einen ratlos anschauen, wenn man nach dem neuen Buch von Michael Stavaric fragt, obwohl es vor ihrer Nase liegt. Verkäufer, die einen ratlos anschauen!
Bettina Baláka, 1966 ist in Salzburg geboren und nach dem Englisch- und Italienisch.Studium lebt sie heute als Autorin in Wien. Für ihr Werke erhielt sie diverse Auszeichnungen, wie z. B. Rauriser Förderpreis, Ö1 Essay-Preis, das Robert-Musil-Stipendium. Sie schreibt Theaterstücke, Lyrik und Romane. Auswahl: Die dunkelste Frucht (1994), Krankengeschichten (1996), Der langangehaltene Atem (2002) und mit ihrem aktuellen Roman
Eisflüstern (2006) kam sie in die Bestenliste von ORF. Alle Bücher sind im Dorschl Verlag Graz erschienen.