Grosse Bühne für Kleinverlage

admin | Posted 09/05/2007 | Autoren | Keine Kommentare »

Urs Heinz Aerni

Ein bisschen verrückt muss man sein, um heute noch seinen eigenen Verlag zu gründen. Aber zum Glück gibt es sie: Idealisten, die Trends aufspüren und Nischen entdecken. Die fünfte BuchBasel öffent ein eigenes Forum für Sie.

Die Margen im Buchhandel sind bescheiden, aber die Leidenschaft für das Objekt Buch mobilisiert Kräfte und Ideen. Trotz des branchenüblichen Dauerlamentierens entstehen immer wieder neue Verlage, die mit beachtlichen Novitäten oder ehrgeizigen Projekten den Buchmarkt auflockern. Ihnen bietet die BuchBasel eine eigene Plattform: die 1. Internationale Kleinverlagsmesse. Die Konditionen seien auf “junge Verlage” zugeschneidert, sodass Bücher aus Verlagshäusern mit wenig Budget trotzdem ein breites und neugieriges Publikum fänden, sagen die Veranstalter vom Verein Literaturfestival Basel.

Für Kleinverlage werden die Chancen, in den grossen Verkaufsmarkt zu gelangen, immer kleiner. Grossisten und Grossbuchhandlungen installieren ständig komplexere, raffiniertere und teurere Techniken, sodass nur wenige Stunden zwischen Bestellung und Wareneingang verstreichen – für Kleinverlage unbezahlbar. Andererseits erkennen die etablierten Verlage Trends oft nicht. Hier bieten sich Freiräume. “Da finden sich offenbar genug Verrückte, diese Nische zu bespielen”, erklärt Thomas Geiger, Mitarbeiter beim Literarischen Colloquium Berlin, wo im Sommer 2006 eine Messe für kleine Verlage stattfand.

Ohne “Selbstausbeutung” sei das jedoch nicht möglich. Das Hauptproblem sei nicht das Finden guter Literatur, sondern eben das Verkaufen. Rosmarie Bernasconi ist mit ihrem Verlag nicht zum ersten Mal an der BuchBasel. Ihr kleiner Verlag “Einfach Lesen” in Bern weist ein buntes Programm aus. Dazu gehören Comics, Krimis, Kolumnen, Romane und Erlebnisgeschichten.

Mit den autobiografischen Storys des Motorrad-Rockers und Bronco- Mitglieds Jimy Hofer konnte der Verlag einen Bestseller feiern. Hofer wurde zu Lesungen, Signierstunden und Interviews eingeladen. Nie hätte er geglaubt, dass ein so “simples” Buch einen solchen Rummel auslösen kann. Seine Verlegerin auch nicht. Sie lässt sich auch durch diesen Überraschungserfolg nicht dazu verführen, sich voll und ganz dem Büchermachen zu widmen. Rosmarie Bernasconi arbeitet zusätzlich als Webmasterin, Buchhändlerin und Herausgeberin zweier Magazine. Nur so liesse sich die Existenz ihres Verlages sichern. An der BuchBasel ist auch die Edition Classic Art mit Sitz in Uster vertreten. Der Kleinverlag vertreibt nebst Büchern hauptsächlich Karten. Werner Niedermann vom Verlag meint, dass Bücher ein “hartes Geschäft” seien und dass nur mit grossem Einsatz ein Überleben möglich sei.

Im Kartensektor sei die Konkurrenz gross, und von einer Verlagsgründung für Bücher rät Niedermann gleich ab. “Die Zukunft ist eher schwierig, und nur noch Nischenprodukte haben eine Chance”, sagt er. Der Ethnologe und Kunsthistoriker Piet Meyer mit Wohnsitz in Basel gründete dieses Jahr seinen gleichnamigen Verlag. Das Programm besteht aus wiederentdeckten Texten aus dem Feuilleton des frühen 20. Jahrhunderts mit persönlichen Bezügen zu bildenden Künstlern. Meyer machten anfangs nebst der Kapitalbeschaffung die Aneignung des “technischen Rüstzeugs”, juristische Fragen und Vertriebswege zu schaffen.

Ohne Kleinverlage sähe es um einiges weniger bunt aus in Buchhandlungen und Büchereien. Förderungen durch Preise sind ein Weg zur Sicherung des Angebots. So wurde kürzlich der Drey-Verlag mit dem baden-württembergischen Landespreis ausgezeichnet, und der Stroemfeld Verlag erhielt an der Leipziger Buchmesse den Kurt-Wolff-Preis. Allerdings wird die öffentliche Förderung kontrovers diskutiert: Während in der Schweiz die Angst umgeht, dass ohne Buchpreisbindung viele Verlage schliessen müssten, gibt es in Österreich Stimmen, die eine übermässige Verlagsförderung kritisieren. Manche Verlage unternähmen für Verkaufsbemühungen oft nichts mehr oder nur sehr wenig, damit sie ja nicht in die Gewinnzone rutschten und so den finanziellen Zuspruch verlören.

Wie auch immer: Ein Besuch an der Mese lohnt sich in jedem Fall. Beim Direktverkauf ist manche Nische zu entdecken ….

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