Liebe Lügen
admin | Posted 23/05/2007 | Autoren | Keine Kommentare »Der Schwede Stefan Einhorn fordert ein höheres Maß an Nettigkeit – auch wenn dazu manchmal gelogen werden muss.
"Ehrlichkeit, sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber, ist ein Ideal, das man anstreben sollte, aber das Beharren auf Wahrheit lässt sich auch als Waffe einsetzen, um andere zu verletzen." So spricht ein Mediziner und Philosoph, der in seinem neuen Buch "Die Kunst, ein freundlicher Mensch zu sein" für eine differenzierte Wahrnehmung und Befolgung gesellschaftlicher Normen und Regeln plädiert. So mache es kaum Sinn, auf die Ehrlichkeit um jeden Preis zu pochen, wenn man z.B. bei einer Einladung zu einem – scheußlichen – Abendessen sagt, wie fürchterlich das Fleisch geschmeckt habe. Dem kleinen Kind gegenüber, das stolz seine gekrackelte Zeichnung vorzeigt, ist Ehrlichkeit ebenso wenig angebracht.
"Manchmal reichen Normen, Regeln und Gesetze nicht aus", schreibt der 52-jährige Medizinprofessor am renommierten Karolinska-Institut zu Stockholm und trifft damit genau den Punkt. Es gelte, in jeder Situation genau zu prüfen, wie man einerseits mit sich selbst im Reinen bleibt und andererseits nicht verletzend wirkt. Dabei seien Notlügen unerlässlich.
Es brauche allerdings ein hohes Maß an moralischer Integrität, um in Alltagssituationen auch mal gegen die Norm zu verstoßen. Denn: "Ein freundlicher Mensch ist jemand, der ethisches Handeln verinnerlicht hat. Er hat stets seine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitmenschen im Blick." Aber Einhorn meint auch: "Freundlich zu sein ist nicht immer einfach und erfordert es manchmal, auf eine Weise zu handeln, die von anderen nicht gutgeheißen wird."
Einhorn hat ein feines kleines Buch geschrieben, leserlich, nett und hilfreich. Viel Spaß beim nächsten Tür-offen-halten.
Stefan Einhorn
Die Kunst, ein freundlicher Mensch zu sein
Hoffmann & Campe
237 Seiten