Wirbel um Auswahl zum Bachmannpreis

admin | Posted 15/05/2007 | Autoren | Keine Kommentare »

Noch hat der Wettbewerb um den begehrten
Bachmannpreis in Klagenfurt (Österreich) noch nicht begonnen, da bahnt sich
bereits Wirbel um die Auswahl der Teilnehmer durch die Juroren an. Der deutsche
Schriftsteller Stephan Valentin wirft dem Kritiker Karl Corino vor, die
Auswahlregeln zu missachten und seine Entscheidung bereits vor Ablauf der
Einreichfrist getroffen zu haben.

Die Organisatoren des Preise verweisen allerdings auf die
Statuten, die besagen, dass die Auswahl der Kandidaten einzig bei den Juroren
liegt.

Valentin bezieht sich auf die in der Ausschreibung
angegebene Einreichfrist, die mit Poststempel-Datum 16. Februar datiert war. Er
habe seinen Text am 14. Februar abgeschickt und bereits am 16. Februar abends
von Corino eine Absage erhalten. Dieser habe als Begründung angegeben, er stehe
bereits "anderweitig im Wort". Für Valentin ein Hinweis darauf, dass
zu einer Zeit, in der noch mit fristgerecht eintreffenden Texten zu rechnen
sei, bereits der ausgewählte Kandidat feststand: "Das kann doch nicht
sein, dass man keine Chance mehr hat, selbst wenn man fristgerecht
einreicht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Corino kontert, bei anderen Jurymitgliedern habe der Autor,
der seinen Text an alle Kritiker geschickt hatte, durchaus noch Chancen gehabt:
"Ich weiß von Kollegen, die im April noch einen Kandidaten suchten."
Auch den unterschwelligen Vorwurf Valentins, Corino könne den Text gar nicht
gelesen haben, lässt der Juror nicht gelten: "Ich bin im Vorruhestand und
habe mir den Luxus erlaubt, alle eingesandten Texte zu lesen", sagte er
auf dpa-Anfrage.

Der Autor geht in seinen Vorwürfen jedoch noch weiter. Er
vermutet, eine Einladung zu dem Wettbewerb komme offenbar nur durch persönliche
Kontakte oder Verbindungen zwischen Juroren und Verlagsagenten zu Stande,
"und das bei einem so wichtigen Preis. Für mich ist das
Favoritismus".

Diesen Vorwurf wehrt Heimo Strempfl, Chef des Klagenfurter
Literaturhauses und Organisator des Literaturkurses, vehement ab: "Man
kann aus diesem Vorgang nicht ablesen, dass man ohne Intervention keine Chance
hat." Zwar räumt er ein, es sei eine "Stilfrage", noch am Tag
des Einreichschlusses abzusagen. Er könne den Einwand Valentins nachvollziehen,
"aber nach den Statuten ist kein Fehler des Jurors zu erkennen".

Tatsächlich heißt es im Ausschreibungstext: "Die
Auswahl der Autorinnen und Autoren obliegt ausnahmslos der Jury. Interessierten
steht es frei, sich bis 16. Februar 2007 (Datum Poststempel) mit einem Text an
ein oder mehrere Jurymitglieder zu wenden."

Auch der Justiziar des Wettbewerbs betont: "Die vom
Autor genannten "Fristen" sind nicht als prozessuale Fristen zu
sehen, sondern als rein organisatorische. Dass ein Jurymitglied einen Autor
begründet vorschlagen muss, bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass er selbstredend
Autoren ablehnen kann, wofür er keinerlei Begründung braucht, was aber durchaus
im Sinne des Autors zu sehen ist."

Auch Juryvorsitzende Iris Radisch verweist auf die Rechte
der Juroren: "Dieser Autor mag das als Schiebung interpretieren, aber die
Juroren sind völlig autonom in ihrer Entscheidung. Die Einsendungen sind ein
Angebot, an das wir in keiner Weise gebunden sind. Wir haben ja auch die
Möglichkeit, von uns aus Autoren anzusprechen und einzuladen", sagte sie
der dpa. Corino meint: "Dass alle Texte von allen Juroren gelesen werden,
das kann niemand gewährleisten. Aber die Jury möchte ich sehen, die zum
Beispiel tausende eingereichte Arbeiten von A bis Z liest."

Für Autor Valentin ist das kein Argument: "Was ist das
dann für ein Wettbewerb, wenn nicht garantiert ist, dass die Texte gelesen
werden?", sagt er. "Es stört mich nicht, wenn ein Vorschlag wegen
mangelnder Qualität abgelehnt wird. Aber als Autor hat man doch das Recht, dass
man gelesen wird. Was sagt das denn über die Ethik der Jury aus? Wenn das nicht
so ist, hat für mich dieser wichtige Preis keine Bedeutung mehr."

"Die Juroren haben völlig unterschiedliche Zugänge zur Frage der
Auswahl", räumt Schrempfl ein. Es gebe Kritiker, die sich von den
Einreichungen überraschen ließen und andere, die ihre Entscheidung auf anderem
Wege träfen. Beides sei legitim: "Sonst funktioniert das ganze Prinzip des
Wettbewerbs nicht. Es gibt eben keine festgelegten Kriterien, wann und wie die
Juroren zu ihrer Entscheidung kommen."

(DPA/Irmgard Schmidmaier)

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