Der Einflüsterer
admin | Posted 13/07/2007 | Belletristik | Keine Kommentare »
Während im Berlin der Nachwendezeit die Karten neu gemischt und
Karrieren realisiert werden, geht es für den Helden des Romans von
Rainer Schildberger nicht voran: Der Musiker Matthias Mittelstätt, 33,
hängt beruflich als Aushilfstaxifahrer fest. Seine Freundin ist mit
einem anderen durchgebrannt – und bald wird ein Klassentreffen
stattfinden…
Eine junge Schwedin steigt in seinen Wagen. Sie recherchiert für ein
Drehbuch in Berlin. Schnell erliegt Matthias dem Elan dieser
energiegeladenen Frau und hat noch keine Ahnung davon, wie sie sein
Leben auf den Kopf stellen wird.
Nach wenigen Tagen und Nächten
voller verwirrender Erlebnisse und geheimnisvoller Andeutungen ist sie
plötzlich verschwunden. Matthias erinnert sich, dass sie wiederholt von
Verfolgung gesprochen hatte. War der Einflüsterer – ursprünglich
lediglich ein unheimlicher Anti-Held aus ihrem Drehbuch – doch mehr als
nur eine Filmfigur? Die Suche nach Antworten und nach der
geheimnisvollen Frau führt Matthias bis nach Schweden…
Der
Einflüsterer ist ein unterhaltsamer, sensibler, höchst eigenwilliger,
komplexer Text, geschrieben voller Liebe zu den dargestellten Personen.
Ein Liebesroman? Ein Kriminalroman?
Auf alle Fälle eine erstaunliche Erstleistung.
Eine Suche im Berlin der Nachwendezeit
von Silke Böttcher, BERLINER MORGENPOST:
Es
ist diese Zeit, in der alle von Aufbruch sprechen. In der es in Berlin
noch Niemandsland gibt, irgendwo dort, wo kurz vorher noch die Mauer
stand. Genau dorthin soll der Musiker und frustrierte
Aushilfs-Taxifahrer Matthias Mittelstätt eine junge Schwedin bringen,
die sich Sabine Kathy nennt und seinen Adrenalinspiegel ziemlich in
Aufruhr bringt.
Sie haust in einer heruntergekommenen Laube zwischen
Spandau und Nirgendwo, erzählt von Drehbüchern, die sie schreibt, und
Orten, die sie für ihren Film sucht. Und vom Einflüsterer, der immer
dann in der Geschichte auftaucht, wenn etwas Sinnloses oder Schlimmes
passiert – der Antiheld und guter Onkel gleichzeitig ist.
Schnell
wird Matthias Mittelstätt klar, dass hinter ihrer Suche mehr steckt als
das Forschen nach Drehorten. Dass sie gleichzeitig auf der Flucht ist.
Dass sie ein Geheimnis hat, das er nicht ergründen kann. Dass er sich
auf ein Spiel eingelassen hat, das er nicht versteht. Denn plötzlich
ist sie verschwunden, nachdem sie sich ihm in einer Nacht hingegeben
hat. Ihre Kleider, ihr Drehbuch – verbrannt. Mittelstätt macht sich auf
die Suche nach der seltsamen Frau.
Es ist ein verwirrender
Roman, den der Berliner Autor Rainer Schildberger geschrieben hat. Wie
eine Liebesgeschichte liest er sich, dann wieder wie ein Krimi. Genau
beobachtet der Autor die Mimik seiner Figuren, fängt ihre Gefühle und
ihre Bewegungen ein. Schildert aus der Sicht Mittelstätts temporeich
und detailliert die Orte der Suche im Nachwende-Berlin – vom Lokal an
der Bergmannstraße über die düstere Stimmung des Corbusierhauses bis
zur Datsche im Niemandsland, in dem Mensch wie Umgebung Misstrauen
ausströmen.
In eigenwilligem Stil beschreibt Schildberger in
seinem Erstlingsroman die Hilflosigkeit seines Helden, der doch so
gerne cool wirken will, seinen verzweifelten Versuch, das Geschehen zu
begreifen. Und seine Hoffnung, die Frau zu finden, die ihm vertraut,
und doch fremd geblieben ist.