Ohne die anderen
admin | Posted 13/10/2007 | Autoren | Keine Kommentare »
Ilija Trojanow, der aus Bulgarien stammende Autor des Bestsellers "Der Weltensammler", wohnt seit kurzem in Wien und plädiert in seinem neuen Buch für eine "Kampfabsage" zwischen den Kulturen.
Ilija Trojanow, der aus Bulgarien stammende Autor, der sein Leben bisher vor allem in Deutschland, Kenia, Indien und Südafrika verbrachte und mit einem Roman über den englischen Abenteurer Sir Richard Francis Burton ("Der Weltensammler") zum Erfolgsautor wurde, wohnt seit kurzem in Wien. Die Tantiemen-Einnahmen aus seinem Bestseller, von dem 350.000 Stück verkauft wurden und der nun auch die Taschenbuch-Charts anführt, hat er nicht in Aktien, sondern in eine hübsche Altbau-Wohnung am Alsergrund investiert. Zu Hause ist der 42-Jährige dennoch selten anzutreffen. Zwischen Dreharbeiten in Bulgarien und dem Start der Werbetour für sein neues Buch "Kampfabsage" nahm er sich Zeit für ein Gespräch mit der APA.
"Wien passt doch bestens in meine Biografie", verriet Trojanow in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur. "Ich habe immer Orte gesucht, die nicht klar zuordenbar waren. Wien liegt an dieser Ost-West-Fließachse und war mir bisher völlig fremd. Ich habe nie mehr als ein, zwei Tage hier verbracht." Außerdem habe er "brave, bürgerliche Wünsche" nach dem "phänomenalen Kulturangebot" entwickelt, nach Museen, Theatern und Opernhäusern. "Und es gibt noch eine Kleinigkeit, die mich angenehm berührt: Hier hat niemand Probleme, meinen Namen auszusprechen. Ich will nicht behaupten, dass Österreich deshalb toleranter oder weltoffener wäre. Aber die dumme Frage ‘Wo kommst du denn her?’, die mir schon so oft gestellt wurde, musste ich hier noch nie beantworten."
Es gäbe vermutlich an die 50 Faktoren, die einen Menschen formten, Herkunft sei nur eine davon, ist Ilija Trojanow überzeugt und spricht statt von heimatlichen Wurzeln lieber von dynamischen Identitäten. Wichtiger als seinen Geburtsort hält er seine kontinuierliche Verbindungen, die er nach Bulgarien, Indien und Afrika pflege. Mit Schubladendenken und einfachen Gruppen-Zuordnungen kommt man bei Trojanow nicht weit. "Was ich vorlebe, ist für diese Leute eine Provokation!"
Sein neues Buch "Kampfabsage" (Blessing Verlag) hat Trojanow gemeinsam mit dem indischen Kulturkritiker Ranjit Hoskoté verfasst. "Kulturen bekämpfen sich nicht – sie fließen zusammen" lautet die für den Untertitel verwendete Grundthese, die sich als direkte Antwort auf Samuel Huntingtons "Kampf der Kulturen" versteht. "Die heutige Problematisierung von Differenzen ist durchaus nicht selbstverständlich", bekräftigt Trojanow. Während man heute jeden Tag suggeriert bekomme, dass es unüberwindliche Gegensätze zwischen den Kulturen gebe und von Immigranten die sofortige, bedingungslose kulturelle Ein- und Unterordnung erwarte ("Eine postkoloniale Haltung!"), "ist es nützlich zu sagen: Wir wären ohne die anderen nicht die, die wir sind." (APA)
Ilija Trojanow/Ranjit Hoskoté
Kampfabsage
Kulturen bekämpfen sich nicht, sie fließen zusammen
Übersetzt von Heike Schlatterer
Verlag Blessing, 240 Seiten
ca.