Piero und Penelope

admin | Posted 30/10/2007 | Belletristik | Keine Kommentare »

Helene Flöss

Ein Maler. Eine Weberin. Piero della Francesca und Penelope.

Die 1954 in Südtirol geborene, heute im ostösterreichischen Burgenland lebende Helene Flöss hat sich Großes vorgenommen in ihrem neuen Buch.

Es kommt äußerlich schmal daher. Eine Geschichte auf wenigen Seiten. In wenigen kurzen Sätzen. In einem Stakkatostil. Fein ziseliert, wie mit zartem Stichel eingeschnitten ist die Sprache dieses Buches, mal gepresst, mal lyrisch, mal Beobachtungen aneinander reihend, dann wieder ganz emotional.

Der Inhalt ist überschaubar und rasch wiedergegeben. Peter Franz lebt als freier Künstler und Kunstlehrer in Eisenstadt im Burgenland, lernt dort Magdalena kennen, die als Weberin vornehmlich Aufträge für die Kirche ausführt. Sie verlieben sich ineinander, werden ein Liebespaar, entfernen sich aber dann wieder immer schneller voneinander, als Peter sich zusehends um seine demente Mutter kümmert.

Er zieht bei dieser sogar ein, um sich besser um sie zu kümmern, und flößt ihr schließlich, ein Akt des Mitleids und des Mitleidens, eine erhöhte Dosis Digitalis ein. Von der Pflegerin angezeigt, wird er wegen Sterbehilfe, juristisch gesehen Totschlag, zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt. Magdalena hatte sich schon vorher von ihm, der vor Gericht beharrlich schweigt, getrennt. Nach Verbüßen der Gefängniszeit eröffnet Peter mit Arbeiten, die er hinter Gittern schuf, eine Ausstellung, auf der sich beide, nachdem das abendliche Vernissagenpublikum bereits gegangen ist, wieder sehen und er ihr ein Porträt schenkt, das er von ihr anfertigte.

Helene Flöss gelingt das Kunststück, diese Geschichte eines Malers und einer Weberin um zu großen Liebeshunger und die Doppelbödigkeit künstlerischer Perfektion, um emotionale Dürre, Einsamkeit und Euthanasie, Liebeskampf, Liebesverrat und Liebesaufkündigung frei von jeder Psychologisierung zu präsentieren.

Und davon zugleich einfühlsam und präzise zu erzählen. Ihr Stil unterbindet von vornherein eine psychologische Skizzierung des Charakters. Was ganz in ihrem Sinne ist. Denn gerade an einer lückenlosen Durch- und Ausleuchtung und Motivationsbegründung ist sie nur sehr am Rande interessiert. Beide Figuren verharren in einer gewissen Distanz und ermöglichen es Helene Flöss, neue Empfindungen und Wendungen einzuführen, ohne diese logisch vorbereiten oder erklären zu müssen.

Die Eindringlichkeit dieses Buches ergibt sich aus der Impulsivität, aus der hitzigen Atemlosigkeit, dem Fallenlassen und Entgleiten und Leben im intensiv empfundenen Diesseits.

Eine eigensinnige, kunstvolle literarische Stimme.



Das Buch:


Helene Flöss: Der Hungermaler. Erzählung. Haymon Verlag, 2007

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