Buchdruck
admin | Posted 21/11/2007 | Preise und Events | Keine Kommentare »Es sind so viele Bücher – dass sie nicht alle den Weg in den Kurier und in Seite 4 finden. Eine Auswahl finden Sie auf den nächsten Seiten. Und hier einige ganz kurze Kurztipps von Peter Pisa.
Eselsohren sind böse. Das Unterstreichen von Textzeilen mit Filzstiften ist auch nicht wirklich gut. Aber es gibt etwas, das noch viel schlimmer ist als diese Art von Missbrauch: dass man die Bücher ignoriert. Dass man ihnen nicht einmal das Plastik vom Körper reißt. Dass man vielleicht gar nicht weiß, dass es sie gibt – da drüben auf den zehn Regalbrettern mit
den gelben Pickzetteln, auf denen die Erscheinungsmonate stehen: September, Oktober, November. Sie sehen bereits alt aus.
Ungelesen sind sie, unausgepackt zum Teil, noch nicht besprochen; und sie werden den Weg auf die KURIER-Buchseiten wohl nicht mehr finden. Denn nach dem Bücherherbst, der Anfang August begonnen hat, folgt der Bücherfrühling, der Anfang Jänner 2008 beginnt. Und dann erscheinen bis zum Sommer wieder etwa 30.000 deutschsprachige Bücher. Es gibt wohl keine Zeitungsredaktion, in der nicht Verzweiflung herrscht angesichts der übrig gebliebenen Bücher.
Das ist ein ziemlicher Buchdruck, der entsteht. Weil da ja Leute arbeiten, die eine Ahnung haben: Sie ahnen, dass es für jedes Buch, sogar für jenes hoffnungslose, das “Verbrannter Toast” heißt und von der US-Schauspielerin Teri Hatcher stammt …, dass es also für jeden Topf einen Deckel gibt, einen Leser, und den macht der Topf, die Teri Hatcher, glücklich. Aber dann muss man diesem einen Leser die Information geben! Ein Jammer … Was für ein angenehmer Mensch war doch der Wiener Ernst Polak.
Er hat kein Buch geschrieben. Er war ein Literat ohne Werk. Alexander Pechmann weist in “Die Bibliothek der verlorenen Bücher” (Aufbau Verlag) auf diese Spezies hin. Polak beeinflusste Kafka, Kraus, Doderer, Werfel, Musil – aber er selbst begnügte sich damit, über die Gespräche mit den berühmten Freunden Notizen zu machen. Und
diese Notizen sind verschwunden. Sonst wären zumindest die zum Buch geworden.
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Ganz kurze Kurztipps
Ich weiß schon: Wenn hier jetzt ein paar Herbsttitel einfach so aufgelistet stehen, hat niemand etwas davon. Es ist halt zur persönlichen Beruhigung. Und um den in den Regalen zurückgebliebenen Büchern etwas Freude zu bereiten. Hardy Krüger: “Die andere Seite der Sonne”. Marta Kijowska: “Polen, das heißt nirgendwo”. Emily Wu: “Feder im Sturm”. Rebecca
Stott: “Und Blut soll dich verfolgen”.
Christian von Ditfurth: “Lüge eines Lebens”. Stephen L. Carter: “Die schwarze Dame”. Sy Montgomery: “Das glückliche Schwein”. Henrik Eberle: “Briefe an Hitler”. Susanna Tamaro: “Erhöre mein Flehen”. Carlos Eugenio López: “Bordell der Toten”. Wolf Lepenies: “Warum war Henry James so schlechter Laune?” Warum war der amerikanische Dichter wirklich grantig, so um Weihnachten 1865, als er Familie und Dienstboten drangsalierte und über den letzten Roman von Charles Dickens einen Verriss schrieb?
Moment. Haben wir gleich. Aha.
Wolf Lepenies, im Vorjahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet, weiß es auch nicht. Warum sekkiert uns dann der Verlag Berlin University Press mit diesem Essay? Alles interessiert, aber wenig erfreut mich. Das hat einst Fontane festgestellt. Von Fontane ist heuer überraschenderweise nichts Neues erschienen.