Der Kampf um die Krone
admin | Posted 22/11/2007 | Podcasts | Keine Kommentare »
Um die Rosenkriege dreht sich Rebecca Gablés neuer Roman: ein spannender Schmöker über England im 15. Jahrhundert . Seite 4 traf die Autorin am Bosworth Battlefield – dort , wo die Rosenkriege endeten.
Die Fahnen mit den Wappen der Heerführer flattern im Wind. Sonst erinnert nichts mehr an die Schlacht vor mehr als fünfhundert Jahren. Hier bei Bosworth, ganz in der Nähe von Shakespeares Geburtsort Stratford- upon-Avon, gibt es nur Wiesen und Wälder, ein paar Schafe und Pferde grasen friedlich vor sich hin. Es ist eine Bilderbuchidylle, sogar die Sonne scheint, als wir uns hier zum Seite 4-Gespräch mit Rebecca Gablé treffen. Ganz anders als am 22. August 1485, als der Himmel verhangen war und die Luft empfindlich kalt und sich tausende Männer auf ein Gefecht vorbereiteten,
in dem sich Henry Tudor und Richard III. gegenüberstanden: die Schlacht bei Bosworth, die als Ende der Rosenkriege und als Ende des englischen
Mittelalters in die Geschichtsbücher eingegangen ist.
Um die Rosenkriege dreht sich Gablés neuer Roman “Das Spiel der Könige”: der dreißig Jahre dauernde Kampf der Häuser Lancaster und York um die englische Krone, in dem sich vor allem Freunde und Verwandte gegenüberstanden. Eigentlich hatte Gablé gerade über diese Zeit nicht schreiben wollen. “Nur ein Wahnsinniger könnte seinem Publikum eine Geschichte zumuten, in der beinahe alle Hauptakteure Edward oder Henry heißen und alle Frauen Margaret”, sagt sie. Aber genau das hat sie dann doch getan:Sie hat 1.200 Seiten über ein verwickeltes Geschehen geschrieben und es ist ihr gelungen, das Wirrwarr aus Verwandtschaftsbeziehungen, Intrigen, Kämpfen und Seitenwechseln durchschaubar zu machen.
Inspiration vor Ort
Das englische Mittelalter ist die große Leidenschaft der Mönchengladbacherin und man merkt, dass es ihr Spaß macht, in historische Quellen abzutauchen. Zwölf Stunden arbeitet sie pro Tag, alle zwei Jahre erscheint ein neuer Roman mit mindestens tausend Seiten. Damit aus trockenen Zahlen und Daten anschaulich erzählte Geschichten werden, braucht sie ihre Fantasie – und ein paar Reisen: Sie fährt nach England und besucht
die Schauplätze ihrer neuen Bücher.
In diesem Fall sind es Bosworth Battlefield und Warwick Castle, das ganz in der Nähe liegt, eine der am besten erhaltenen, schönsten Burgen Englands; der Tower in London, wo Richard III. wahrscheinlich – “bewiesen ist es nicht, aber die Indizien sprechen gegen ihn”, sagt Gablé – seine neun und zwölf Jahre alten Neffen ermorden ließ, weil sie zwischen ihm und dem englischen Thron standen; und natürlich das schöne Kent, die Heimat ihrer Waringhams, die fiktive Familie, über die sie drei Schmöker geschrieben hat, alle drei Bestseller, die man
auch unabhängig voneinander lesen kann: “Das Lächeln der Fortuna”, “Die Hüter der Rose” und jetzt der dritte und letzte Band, “Das Spiel der Könige”.
Gablé erzählt Geschichte nach, überlegt sich aber auch, was historische Ereignisse für die Menschen, die von ihnen betroffen waren, bedeutet haben mögen, sie denkt sich Figuren aus und sie führt historische und fiktive Figuren zusammen. Wie bei Jasper Tudor: Er hat tatsächlich gelebt und während der Rosenkriege eine wichtige Rolle gespielt, Gablé dichtet ihm aber auch eine Liebesbeziehung zu einer fiktiven Figur, zu Blanche of Waringham, an. Eine glückliche Beziehung, denn wenigstens in ihrem Roman soll es ihrem Liebling unter den historischen Figuren gut gehen.
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Hoffnung für Waringham-Fans
Sympathie empfindet Gablé für Jasper Tudor, weil er sich in besonderer Weise um seinen Neffen gekümmert hat und ihm die schlechten Erfahrungen, die er selbst machen musste, ersparen wollte. “Jaspers Mutter war die ehemalige Königin und sie hatte seinen Vater heimlich geheiratet. Als sie starb, war die Zukunft ihrer Kinder – Jasper war damals sechs Jahre alt – ungewiss, auch bedroht”, erklärt Gablé. “Als später sein Neffe Henry Tudor geboren wurde, der spätere König Henry VII., hat er sein ganzes Leben der Sicherheit dieses Kindes gewidmet. Das hat mich sehr bewegt.
Jasper war so ein harter Brocken, hat aber alles daran gesetzt, dass Henry anders aufwachsen konnte als er selbst, mit mehr Sicherheit und Geborgenheit.” Blanche of Waringham, Jaspers Geliebte, ist mit einem Mann verheiratet, der sie misshandelt, bis sie sich eines Tages wehrt, ihm im Kampf eine Hand abschlägt und flieht – nach Wales, wo Jasper Tudor sie aufnimmt, während ihr Bruder Julian versucht, Henry VI. zu dienen.
Für seine Treue zum Hause Lancaster muss er einen hohen Preis zahlen: Er verliert Waringham und wird geächtet – bevor alles in dem spannenden Abenteuerroman doch noch zu einem guten Ende kommt. Als Nächstes wird von Gablé ein Sachbuch über das englische Mittelalter erscheinen und ein Roman über das 12. Jahrhundert ist in Arbeit. Es gibt aber auch Hoffnung für alle Waringham-Fans: “Eine Trilogie hat natürlich nur drei Teile. Aber ich ertappe mich dabei”, sagt Gablé, “dass ich Szenarien entwickle, wie es mit den Waringhams in der Renaissance weitergeht.”
Rebecca Gablé: Das Spiel der Könige. Ehrenwirth, 1.040 Seiten
Rebecca Gablé: Das Spiel der Könige. Inszenierte Lesung der
bearbeiteten Romanfassung. Lübbe Audio, 18 CDs