Tote Hose

admin | Posted 10/02/2008 | Biografien | Keine Kommentare »

Ein offenes Buch über ein Geheimnis, das von vielen Männern getragen wird.


Wie penisgesteurt sind die Männer? Spätestens dann, wenn nichts mehr geht, wird klar, was fehlt. Die Erfahrung musste Walter Raaflaub machen. Er ist 65 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und den beiden Söhnen im idyllischen Schönried. Die Gegend bei Gstaad im Berner Oberland nennt man auch Sonnenterrasse. Trotzdem fand sich Raaflauf nicht mehr auf der Sonnenseite des Lebens. Ursprünglich war er Lehrer und via zweitem Bildungsweg studierte er Medizin um später eine eigene Praxis zu eröffnen. Des weiteren widmete er sich dem Bücherschreiben, die Biografie über den bekannten Skirennfahrer Michael von Grünigen war sein letztes, vor diesem schonungslosen Bericht über sein eigenes Leiden mit Prostatakrebs, das nun in die Buchhandlungen kam.


Nichts geht mehr

Ob Wasser lösen und Sex, beides gehört zum Alltag und Leben eines jeden. Bis eines Tages das eine nur noch unkontrolliert und das andere überhaupt nicht mehr ging. Ein schmerzhafter Interruptus des Gewohnten, des normalen Lebens. "Am Anfang dieses Buches steht das Prostatakarzinom…" lautet die erste Zeile von "Tote Hose". Statt dass der Arzt einem Patienten schlechte Nachrichten mitteilt, muss er nun selbst akzeptieren, was ihm gesagt wird. Man schreibt das Jahr 2002. Die operative Maßnahme entschäft erfreulicherweise den Krebs aber mit Nachwirkungen: Impotenz und Inkontinenz. Eine künstliche Blasenschließmuskel konnte das zweite Problem einigermaßen lösen, was blieb war die Impotenz. Im Buch spricht Raaflaub deutsch. Da er weder ins Bett "pissen" wollte noch beim Sex Windeln tragen, entschloss er sich nach langem Zögern zu diesem Implantat, aber dass damit auch die männliche Kraft verschwindet machte ihn zur "jämmerlichen Witzfigur" und zum buchstäblichen "Schlappschwanz". Seine Offenheit kann brüskieren aber gepaart mit Humor bestückter Ehrlichkeit hat die Lektüre etwas befreiendes. Raaflauf schreibt wohl so manchem mitleidenden Mann wie davon betroffener Partnerin aus tiefstem Herzen.


Schweigen ist sinnlos

In einer Diskussionssendung im Schweizer Fernsehen erklärte seine Frau, eine Anästhesistin, dass sie das Buch erst nach Vollendung gelesen habe und für die Zusage schon etwas Überwindung brauchte. Die Söhne reagierten unterschiedlich aber mit Verständnis. Raaflaub erklärte vor der Kamera, dass all die vermeintlichen Peinlichkeiten, die im Buch zu lesen seien, schlicht und einfach zum Leben gehören und es deswegen falsch wäre, sie nicht zu beschreiben. Nur durch Enttabuisierung sei Verständnis als auch eine Bekämpfung möglich. Das hat er getan und damit befindet er sich in guter Gesellschaft, denn es sei an den Longseller über die eigene Depression von Filmemacher Rolf Lyssy (Rüffer & Rub) erinnert. Solche Bücher sind stützend und hilfreich für Betroffene, sie geben Einblicke und motivieren zu Taten. Es ist ein Glück, dass Raaflaub gut schreiben kann, seine Frau ihr Einverständnis zu diesem Buch gab und dafür ein Verlag gefunden wurde.


Urs Heinz Aerni

Das Buch:


Tote Hose

Worüber Männer schweigen

Ein Tagebuch

Walter Raaflaub

320 Seiten
Gebunden mit Schutzumschlag
Wörterseh Verlag
ISBN: 978-3-9523213-2-4

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