Die Schatten der Vergangenheit
admin | Posted 15/03/2008 | Belletristik | Keine Kommentare »
Ein unheimliches englisches Herrenhaus steht im Mittelpunkt von Lucie Whitehouses spannendem Debütroman. In seinen Mauern wird eine Gruppe junger Leute in den Sog eines Geheimnisses gezogen.
Stoneborough Manor ist ein Herrenhaus in den Cotswolds: ein imposantes Gebäude mit mehreren Stockwerken, beeindruckend mit den vielen Zimmern, der Empfangshalle, der Bibliothek, den teuren Kunstwerken an den Wänden. Imposant, aber auch abweisend, beunruhigend, meint Joanna, die Hauptfigur in Lucie Whitehouses Roman, als sie Silvester hierher kommt, um mit ihren Freunden ins neue Jahr zu feiern.
Es ist der Auftakt einer Reihe von Begegnungen, die das Leben der Freunde tief greifend verändern werden. Ausgangspunkt dieser Entwicklungen ist das düstere, unheimliche Haus, das eine Art Eigenleben zu führen scheint: als ob es die Freunde beobachtet – und bedroht.
Lucas hat dieses Haus geerbt und mit ihm ein Vermögen. Es hat dem Bruder seines Vaters gehört, dem Kunsthändler George, den Lucas bewundert und geliebt hat – und der sich das Leben genommen hat. Lucas möchte sein neues reiches Leben zusammen mit seinen Freunden führen: Wann immer es am Wochenende geht, wollen sie sich im neuen Jahr auf Stoneborough Manor treffen. Hier erleben sie schöne Tage.
Aber immer mehr mischt sich ein düsterer Ton in ihr Zusammensein, weil Lucas, angeregt durch alte Filme, die er in den Sachen seines Onkels gefunden hat, der Vergangenheit seiner Familie auf die Spur zu kommen sucht. Bis er schliesslich erfährt, was mit seinem Vater wirklich passiert ist, nachdem der Alkoholiker einen Mann überfahren hatte und anschliessend wie vom Erdboden verschluckt war.
Auch Lucas’ Freunde werden immer tiefer in den Strudel bedrückender und bedrohlicher Erinnerungen und Ahnungen hineingezogen, bis am Ende die Schatten der Vergangenheit eine Katastrophe auslösen.
“Als hätten wir alle Zeit der Welt” ist der erste Roman von Lucie Whitehouse. Sechs Jahre brauchte die heute 32-Jährige, um ihr Buch zu schreiben. Als sie mit ihm begann, hatte sie einen Job als Verlagsassistentin, den sie mochte, der aber so schlecht bezahlt war, dass sie nebenbei als Kellnerin arbeiten musste und deshalb kaum Zeit zum Schreiben hatte.
Der andere Grund dafür, dass sie so lange für ihr Debüt brauchte, war, dass sie sich in dieser Zeit veränderte – und mit ihr das Buch. “Die 20er sind aufregende Jahre”, sagt Whitehouse. “Man beginnt zu arbeiten und überlegt sich, was man mit seinem Leben machen und mit wem man es verbringen will, ob die Karriere im Mittelpunkt stehen soll oder eine Familie.
Meine Meinungen änderten sich in dieser Zeit, und das sollte sich in meinem Buch spiegeln.” Vor allem in Joanna hat sie das zum Ausdruck gebracht: Am Anfang der Geschichte zählt für sie nur ihre Arbeit als Journalistin, am Ende aber kann sie sich auch vorstellen, eine feste Beziehung einzugehen und Kinder zu bekommen.
Bevor sie zu diesen neuen Überlegungen und Einsichten kommt, gibt es neben dem Job nur einen Fixpunkt in ihrem Leben: den Freundeskreis. Whitehouse hält es für ein Charakteristikum ihrer Generation, dass Freunde enorm viel Bedeutung haben, die Familie dagegen so gut wie keine – und dass junge Leute sich immer mehr Zeit lassen, erwachsen zu werden: “Wir schieben die Übernahme von Verantwortung länger vor uns her als frühere Generationen. Der Begriff