Wir haben doch uns!
admin | Posted 16/03/2008 | Preise und Events | Keine Kommentare »
Literaturen sind International, Autoren auch – oder sie sollten es sein. Tatsächlich aber vermisst Margrit Manz Offenheit und Internationalität.
Da titelten die Zeitungen im Dezember 2007 ganz gross: “Grenzen zu Osteuropa geöffnet”, “Europa spricht von einem historischen Ereignis” oder “Die Schengen-Zone hat jetzt 24 Mitgliedstaaten” etc. Ganz klein darunter las man, dass sich die Nicht-EUMitglieder Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz mit einem Beitrag an den Schengen-Aussengrenzen-
Fonds beteiligen müssen.
Der Schweizer Beitrag wird auf 13 Millionen Franken geschätzt. Was sich ein Land alles kosten lässt, um seinen Eigensinn zu wahren! Oder ist es eher die Freude, unter sich zu bleiben? Den grossen Konzernen, Unternehmenoder Banken kann es egal sein, sie sind längst verwoben mit der Welt und haben ihre Filialen in Asien, Südamerika oder am Eismeer.
Da hört man von grossen kulturellen Projekten: Wie zum Beispiel derzeit in Wien, initiiert von der Allianz Kulturstiftung, wo unter dem Titel “Reden über Europa 2008″ Wissenschaftler, Politiker und Künstler aus ganz Europa miteinander diskutieren. Oder in Berlin, wo zum Thema “Der Balkan in Europas Zukunft”, initiiert von der Robert Bosch Stiftung, eingeladen wurde.
Da werden religiöse und kulturelle Interessen zusammengetragen, es wird um ökonomische Zwänge oder konkurrierende Geschichtsschreibungen gestritten, um letztendlich aber gemeinsam zum grossen Zukunftsprojekt Europa etwas beizutragen. Da gab es mal beim Schweizer Schriftstellerverband den Antrag, zu den vier Landessprachen eine fünfte aufzunehmen.
Die fünfte Sprache ist die Sprache der Migranten, die mit ihrem Schreiben der Schweiz eine besondere Stimme verliehen haben. Wo sind sie hin? Es ist so ruhig um sie geworden. Da gab es jedes Jahrim Mai das internationale Buch- und Literaturfestival in Basel, das nach dem plötzlichen “Time Out”, wie es offiziell so schön heisst, zukünftig als nationale Veranstaltung für Buch- und Leseförderung daherkommen will. Wo ist die Internationalität, die Vielsprachigkeit geblieben?
Autoren sind Reisende
Eine kleiner werdende Welt rückt uns auf den Leib. Nichts ist mehr weit genug weg, um uns nicht irgendwie doch zu betreffen. Die Globalisierung zeigt es uns tagtäglich. Durch die Literatur kommt die Welt in die eigene Region, und durch die Literatur geht die eigene Region in die Welt. Literaturen sind also grundsätzlich international und die Verfasser, egal wo sie leben, sind es ebenso. Mir ist noch kein Autor begegnet, der sich nicht sehnlichst gewünscht hätte, von seinem Verlag, von der Presse und von guten Übersetzern hinaus in die Welt getragen zu
werden.
Autorinnen und Autoren sind Reisende, vor allem in ihren Texten. Warum sind die Schweizer Autorinnen und Autoren so still, wenn es um Europa geht? Interessiert sie der europäische Aufbruchnicht? Woher holen sie die Welt für ihre Texte? Und um welche Welt handelt es sich dann? Da fand ich neulich bei einem Nachrichtensender die Europakarte eingeblendet.
Mittendrin fiel mir ein grosser blauer See auf, nett anzuschauen. Ein Trompe-l’Oeil?
Nein, es war die Schweiz.
Keine Frage, wir werden ganz schön baden gehen.
Mit und ohne Badehose!