Nur Geschichte fotografiert

admin | Posted 09/04/2008 | Autoren | Keine Kommentare »

Heinrich Hoffmann: Verblendung und Verstrickung

Zum Kopf schütteln – 51 Jahre nach seinem Tod erscheinen die Erinnerungen von Hitlers Leibfotograf Heinrich Hoffmann.

Er sei nie involviert gewesen, von Verbrechen habe er nichts gewusst, lediglich die Zeitgeschichte will er fotografiert haben. Das sind die Kernaussagen, die Heinrich Hoffmann gegenüber Joe J. Heydecker gemacht hat, der jetzt, 51 Jahre nach Hoffmanns Tod, dessen Erinnerungen herausgebracht hat.

Hoffmann hatte eigentlich Maler werden wollen und legte stets Wert darauf, dass dieses Berufsziel, das er mit dem jungen Adolf Hitler teilte, das Band zum "Führer" nur verstärkt habe. Als Fotograf indes konnte er schon früh auf beträchtliche Erfolge verweisen; 1908 machte ihn die Aufnahme eines Luftschiffunglücks berühmt. Bald schon betrieb er zwei Fotoateliers in München. Seine Spezialität: die fotografische Begleitung der Revolutionsjahre nach dem Ersten Weltkrieg.

Schon 1920 dann trat der extrem völkisch gesinnte Hoffmann in die NSDAP ein, war "Hoffotograf" von Nazigrößen wie Göring und von Schirach. Nur an Hitler kam er nicht ran; keiner kam an Hitler ran - der "Führer" ließ sich nicht fotografieren. Durch eine Reihe von Zufällen hingegen wurde die Abneigung bald aufgeweicht. Hoffmann erinnert sich mit folgenden Worten an ein entscheidendes Versprechen Hitlers: "Ich weiß noch nicht, Herr Hoffmann, wann ich mich fotografieren lassen werde, aber eines versprechen ich Ihnen: Sie sollen die ersten Bilder von mir machen!"

So kam es denn: Hitler bei Massenaufmärschen, beim Posieren im Studio, mit kleinen Kindern und großen Hunden auf dem Obersalzberg – Hoffmann hatte seine Kamera stets im Anschlag. Bis zum April 1945. Dann war’s vorbei. Hoffmann wurde in Bayern von amerikanischen Truppen verhaftet. In einem späteren Prozess wurde sein nicht gerade kleines Vermögen konfisziert. Hoffmann kehrte nach München zurück und starb dort 1957. Ein Mann mit einer zweifelhaften Karriere.

In seinen Erinnerungen wird beinahe archetypisch klar, wie stark Verblendung und Verstrickung Hand in Hand gingen. Es ist phasenweise beklemmend zu lesen, wie ignorant gegenüber möglicher eigener Schuld sich Hoffmann gibt. Es sei ihm lediglich um die Dokumentation der Zeitgeschichte gegangen. Joe J. Heydecker, der Hoffmanns Erinnerungen aufgezeichnet und mit einem Vorwort versehen hat, hat mit seinem Buch indes wahrscheinlich einen größeren Beitrag zur Geschichte geleistet.

Joe J. Heydecker: Das Hitler-Bild – Die Erinnerungen des Heinrich Hoffmann, Residenz Verlag, 247 Seiten, 22 Euro 

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