Besser als Rambo

admin | Posted 18/06/2008 | Autoren | Keine Kommentare »

Manche mögen´s hart: Lee Childs Serienheld Jack Reacher ist ein echter Kerl – und Jörg Bartel bekennender Fan: Ich bin ein Reacher-Creature.

Reacher-Creatures sind in der Regel Frauen oder Männer wie ich:
mittelgroß, mittelalt, mittelsportlich, mittelklug, mittelnett, gern
auch Kriegsdienstverweigerer, die beim Cowboyspielen immer zu den
Indianern gehalten und eine Schwäche für gute Literatur haben; die
vielleicht gar Lyrik lesen und glauben, dass das Leben eine hoch
komplizierte, fragileAngelegenheit ist und einfache Lösungen falsch sind.

Die in ferner Zukunft vielleicht auf ihrem Grabstein lesen möchten, was auch der Autor Lee Child dort eingravieren lassen will: Hier liege “ein Kerl, der niemanden bösartig behandelt hat und seinen Unterhalt bestritt, ohne den Planeten auszuplündern”.

Reacher-Creatures eint die Liebe zu einem Mann um die 40 und über 1,90, einem Trumm von Kerl, gut aussehend, potent wie ein Karnickel, ehemals als Militärpolizist Major in der US-Army, erstklassiger Scharfschütze, tödlicher Nahkämpfer, der ein Gemüt wie eine Brummfliege hat, aber, wenn seine zwei Zentner Moralismus in Wut geraten, Bösewichte killt wie Kakerlaken und sogar John Rambo persönlich in den Boden stampfen würde.

Diesen Mann hätte man, wenn man’s schon nicht selbst sein kann, gern zum Freund. Er ist die analoge, elektronikfreie Wunschtraumversion vom großen Bruder. Und er wirkt irgendwie beruhigend. Dieser Mann heißt Jack Reacher.

Er war ein Leben lang Soldat, Militärpolizist, hat aber die Army verlassen und besitzt nun außer einer Klappzahnbürste und allen Kampforden, die es gibt, nichts, schon gar keinen festen Wohnsitz.

Er ist humorlos und kinderlos, und Frauen, die er mag, fallen häufig tot um, was einer festen Bindung sehr entgegensteht. Sohn eines hohen Offiziers, bleibt er auch nach seinem Ausscheiden aus der Army ein Soldat, eigentlich sogar ein Kommisskopp und so schamlos amerikanisch,
dass man kaum glauben mag, dass Lee Child ein Engländer ist.

ÜBERSCHAUBARES WELTBILD

Trotz oder gerade wegen seiner skandalösen Waffenliebe und seinem Hang zum gründlichen Detonieren ist Jack Reacher vor allem bei Frauen beliebt. Einer wie er besteht praktisch nur aus starker Schulter.

Dazu geht dem Mann in Konfliktfällen jeglicher Selbstzweifel ab, der ja das Privileg intelligenter Menschen ist. Reacher aber ist völlig ironiefrei, und wenn er sarkastisch wird, wird es gleich lebensgefährlich. Er weiß, was sich gehört und was die Todesstrafe verdient.

Er ist ein militaristischer Moralist, also einer jener Leute, vor denen uns der Himmel bewahren möge, die wir aber in Romanen lieben. Moralisch existieren für ihn ausschließlich rechte Winkel und zwei Farben – eine davon ist sehr hell und die andere sehr, sehr dunkel.

Er ist ein Kosmos für sich und ein Beispiel dafür, wie einfach die Welt doch sein könnte, wäre sie nicht gar so kompliziert und voller Reacher-Creatures. Lyrik ist aber auch schön.

Text: Jörg Bartel


Das Buch

"Sniper" Ein Jack-Reacher-Roman
von Lee Child

Gebundene Ausgabe: 480 Seiten

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