Briefe von Anna Seghers
admin | Posted 02/06/2008 | Autoren | Keine Kommentare »
Ein editorisches Ereignis: Briefe von Anna Seghers, herausgegeben von Christiane Zehl-Romero und Almut Giesecke.
Sie ist eine der bedeutendsten Erzählerinnen Deutschlands, eine große Kämpferin gegen den Faschismus, aber auch eine politisch umstrittene Autorin: die jüdische Kommunistin Anna Seghers. Zu ihrem 25. Todestag am 1.6.2008 erscheinen ein Buch mit ihren Briefen zwischen 1924 und 1952 und das Hörbuch "Die Kraft der Schwachen".
Ihre jahrelange Exilzeit ab 1933, in der sie Kontinente überquerte, war ihre literarische Hochzeit: Ihre größten Romane "Das siebte Kreuz" und "Transit" (1942/44) brachten ihr, auch nach den Hollywood-Verfilmungen, Weltruhm ein. Nach dem Krieg wurde sie Vorsitzende des Schriftstellerverbands der DDR, scheiterte aber an ihrem Anspruch, zwischen West und Ost vermitteln zu wollen.
Die erste umfassende Edition: Briefe an Hesse, Feuchtwanger, Suhrkamp, Reimann, Reich-Ranicki, Brecht, Amado, Kisch, Huchel, Ehrenburg, Landshoff, Janka, H. H. Jahnn u. v. a . geben unerwartete Einblicke in Seghers’ Leben.
Sie sind berührende Zeugnisse und Dokumente der Zeitgeschichte. Durch diese Briefe aus Paris, Pamiers, Mexiko-Stadt und dem Nachkriegsberlin ist heute von ihrem persönlichen Befinden in dieser Zeit zu erfahren, ihren Existenzsorgen im Exil, den Differenzen unter den Emigranten, der Sorge um die Familie und das Werk. Die erschütternden Briefe aus Südfrankreich, wo Anna Seghers um Visa und Geld zur Flucht aus Europa kämpfte, sind das authentische Gegenstück zu ihrem berühmten Roman "Transit". Diese Briefe, nacheinander gelesen, ergeben den Lebensroman der Anna Seghers.
Anna Seghers - eigentlich: Netty Radvanyi, Geburtsname Anna Reiling – wurde am 19. November 1900 als einzige Tochter des erfolgreichen Kunst- und Antiquitätenhändlers Isidor Reiling in Mainz geboren.
Nach dem Abitur im Jahr 1920 studierte sie in Köln und Heidelberg Geschichte, Kunstgeschichte und Sinologie. 1924 promovierte sie. Ihre Dissertation trug den Titel "Jude und Judentum im Werk Rembrandts".
Den Nachnamen eines Zeitgenossen Rembrandts, des eigenwilligen niederländischen Malers Hercules Seghers, wählte die Schriftstellerin als Pseudonym. 1925 heiratete sie den ungarischen Soziologen László Radvanyi. Anna Seghers engagierte sich in revolutionären Zirkeln, trat 1928 der Kommunistischen Partei Deutschlands bei und war im Jahr darauf Gründungsmitglied des "Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller".
Dabei soll es ihr weniger um Politik und Ideologie als um eine “atheistische Religion" gegangen sein (Marcel Reich-Ranicki). Wegen ihrer Parteizugehörigkeit und ihrer jüdischen Abstammung floh sie 1933 nach Paris und sieben Jahre später in den noch unbesetzten Teil Frankreichs.
Nachdem Anna Seghers bereits im Oktober 1940 kurz in Marseille gewesen war, zog sie am 30. Dezember mit ihren Kindern – dem fünfzehnjährigen Pierre und der dreizehnjährigen Tochter Ruth – dorthin. Ihr Ehemann Laszlo Radvanyi befand sich in einem Internierungslager. Unter der Auflage, Frankreich am nächsten Tag zu verlassen, wurde er am 23. März 1941 freigelassen.
Am 24. März ging die Familie an Bord eines Frachtschiffes und traf am 30. Juni 1941 in Mexiko ein. Hier arbeitet Anna Seghers – trotz der Schwierigkeiten des Exillebens – auf politischer und kultureller Ebene weiter.
Im November 1941 wird in Mexiko City der Heinrich-Heine-Klub (Club Enrique Heine) mit Anna Seghers als Präsidentin gegründet. 1942 erscheint "Das siebte Kreuz. Roman aus Hitlerdeutschland" in englisch in den USA und als deutsche Ausgabe beim Verlag der Freien Deutschen.
1946 erscheint "Das siebte Kreuz" zum erstenmal in Deutschland: beim Aufbau-Verlag in Berlin, Seghers zukünftigem "Haus-Verlag".1947 kehrte Anna Seghers nach Deutschland zurück und ließ sich in Ostberlin nieder. Dort starb sie am 1. Juni 1983. 1948 wird sie Vizepräsidentin des "Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands".
In ihren schriftstellerischen Arbeiten aus dieser Zeit setzte sich Seghers mit den Lebensbedingungen der unteren Gesellschaftsschichten auseinander.
Ebenso im Mai erschienen ist “Die Kraft der Schwachen: Lesungen, Interviews, Reden” vom Hörverlag. Anna Seghers liest die Erzählung "Das Schilfrohr" sowie aus den Romanen "Transit" und "Das siebte Kreuz" und spricht "Über die Aufgaben des Schriftstellers in unserer Zeit".
Das Hörbuch
Die Kraft der Schwachen: Lesungen, Interviews, Reden [Audiobook] (Audio CD)
Audio CD
Verlag: Dhv der Hörverlag; Auflage: 1
ISBN-10: 3867172722
ISBN-13: 978-3867172721
Das Buch
Anna Seghers
Briefe 1924-1952
Herausgeber: Christiane Zehl Romero, Almut Giesecke
747 Seiten
Aufbau-Verlag
Werkausgabe, Band V/1
978-3-351-03473-3