Reise zum Nil
admin | Posted 12/10/2008 | Autoren | Keine Kommentare »
Mit ihrem Mann reiste Sarah Belzoni im 19. Jahrhundert nach Ägypten und
allein nach Jerusalem. Der unkonventionellen Engländerin hat Tanja Kinkel ihren neuen Roman gewidmet.
Wenn man Tanja Kinkel fragt, ob sie jemals etwas anderes als Schriftstellerin werden wollte, muss sie überlegen.
"Ich kann mich ganz dunkel erinnern, dass ich im Kindergartenalter mal Seiltänzerin werden wollte", sagt sie dann. Aber schon seit der Grundschule stand ihr Berufswunsch endgültig fest.
Mit 21 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, heute, mit 39, hat sie gerade den zwölften fertig gestellt. Dazwischen studierte sie Germanistik und schrieb eine Doktorarbeit über Lion Feuchtwanger.
Zwei Karrieren, eine Person – und die sitzt kerzengerade auf dem Sofa einer Londoner Hotellobby und erzählt von
ihrem neuen Buch.
"Die Säulen der Ewigkeit" handelt von der Britin Sarah Belzoni und von ihrem italienischen Ehemann Giovanni. Sie
reisen 1815 nach Ägypten, um Altertümer zu suchen.
Beide sind schillernde Persönlichkeiten, beide haben tatsächlich gelebt. Auf Umwegen kam Kinkel zu dieser Geschichte:
Eigentlich wollte sie über einen schottischen Maler schreiben, der in Ägypten lebte. Bei der Recherche stieß sie dann auf Belzoni.
"Diese Figur hätte ich mich gar nicht getraut zu erfinden: erst starker Mann im Jahrmarkt, dann einer der wichtigsten
Ägyptologen", sagt Kinkel kopfschüttelnd.
Nachdem sie zwei Biographien über ihn gelesen hatte, wusste sie plötzlich, über wen sie schreiben wollte: Es war nicht Belzoni, sondern seine Frau Sarah.
"Es war schon ungewöhnlich genug, dass eine Engländerin einen italienischen Vagabunden geheiratet hat. Aber auch,
dass sie dann nicht immer an seiner Seite geblieben ist, sondern allein und verkleidet nach Jerusalem gereist ist. Was
für eine Frau muss das gewesen sein?", sinniert Kinkel.
Nach anderthalb Jahren Recherchearbeit begann sie damit, Sarah Belzonis Persönlichkeit für den Roman auszuschmücken. Irritierende Fakten wie die, dass ihr Mann eine wichtige Reise allein unternahm, boten Tanja Kinkel einen Anlass, amouröse Verwicklungen einzubauen.
Mit ihr, beteuert Tanja Kinkel, habe die Sarah im Buch nichts zu tun. "Ich fände es sehr langweilig, wenn in meinen Büchern lauter Alter Egos von mir herumhüpfen würden.
Aber man muss sich natürlich in alle Figuren hineinversetzen, nicht nur in die Haupt-, sondern auch in die Nebenfiguren, und nicht nur in die sympathischen, sondern auch in die unsympathischen", erläutert sie.
Viel lieber als über sich selbst spricht die Wahlmünchnerin aber über ihren gemeinnützigen Verein "Brot und Bücher", der Schulen in Indien und Tansania baut.
Für ein auf andere Art gemeinnütziges Projekt hat sie ihr eigenes geistiges Eigentum zur Verfügung gestellt: Auf ihrer Website
www.tanja-kinkel.de hat sie eine Schreibwerkstatt eingerichtet, um neue Talente zu fördern.
Vorgegebene Szenen aus ihrem Buch sollen umgeschrieben werden, mittels eines Bewertungssystems wird der Siegertext gekürt.
Ganz ähnlich hat auch Kinkel als Teenager angefangen: mit Geschichten über Star-Wars-Charaktere.
Text: Julia Bähr für die Printausgabe von Seite 4
Den Roman gibt es auch als Hörbuch vom Argon Verlag:
Tanja Kinkel: Die Säulen der Ewigkeit.
Gelesen von Franziska Bronnen.
7 CDs, 29,95