Bücher statt Bäume

admin | Posted 28/12/2008 | Belletristik | Keine Kommentare »

Peter Pisa ist beim Kurier für Bücher verantwortlich.

Wenn sich kein Verlag finden lässt, bringt mancher Autor seine Bücher auf eigene Kosten heraus. Goethe und Schiller taten das schliesslich auch.

Warum nicht ein Baum? Ein Blauglockenbaum zum Beispiel mit 40 Zentimeter breiten Blättern? Wer einen Blauglockenbaum pflanzt, den vergisst man nicht so schnell.

Kaiser Franz Joseph ließ sehr viele Blauglockenbäume pflanzen, in Baden bei Wien, in Schönbrunn … und wurde er vergessen? Na eben.

Der Einwand kommt von Werner A. Prochazka. "Ein Baum kann nicht sprechen", sagt er.

Er ist kein Gärtner, wie man hört. "Aber Bücher, die sprechen, wenn sie gefragt, wenn sie gelesen werden. Und sie sprechen zu jedem Menschen anders."

Der 43-jährige Wiener schreibt Bücher, weil es ihm

1.) Freude bereitet und er
2.) etwas hinterlassen möchte.

"Etwas Bleibendes. Allein der Gedanke, dass meine Bücher in der Nationalbibliothek stehen und ich meinen Beitrag zum kulturellen Leben Österreichs geleistet habe, erfüllt mich mit Stolz."

Einen Verlag hat er noch nicht gefunden.

Werner A. Prochazka gehört zu jenen Schriftstellern, die für ihre Bücher zahlen, anstatt zu verdienen. "Das keltische Sonnentor" hat er geschrieben, vom Weinviertler Dorflehrer Piribauer, den niemand mag, nicht einmal die Ehefrau; und Historisches wie "Muss Sieg von Lissa werden": Der Sohn eines Tischlers und Erzherzog Maximilian werden in Miramare Freunde.

Prochazka publiziert bei Books on Demand: Erst bei Bestellung wird gedruckt.

Inklusive Lektoren oder Korrektoren, die allerdings über Fehler großzügig hinwegschauen, und inklusive Layout und Cover kostet ihn ein Buch mit etwa 100 Exemplaren rund 5.000 Euro.

Der Bildband über Kaiser Josef II. kostete 15.000 Euro.

Die Romane liegen nicht in den Buchhandlungen. Man muss sie verlangen. Man muss regelrecht kämpfen um sie.

Im früheren Leben leitete der Autor zwei Jahrzehnte erfolgreich eine Schädlingsbekämpfungsfirma.

Geld ist nicht sein Problem. Leser sind das Problem.

Menschen, die sich an 50.000, 60.000 Neuerscheinungen pro Jahr vorbeiboxen und ihren Prochazka haben wollen.

Mit einem auffälligen Blauglockenbaum hätte er es wohl leichter.

Aber so funktioniert das halt nicht. So funktioniert das auch nicht bei jenem 32-Jährigen, der sich A. R. Darkworks nennt und mit minimalem
Budget den Erzählband "Am Wegesrand" herausbrachte.

Fantasy und klassischer Grusel, der nicht zu schwer im Kopf liegt. Geeignet für die Straßenbahnfahrt. Für den Warteraum beim Arzt.

Etwa die Geschichte vom Zuckerlverkäufer, der noch immer im Geschäft steht, obwohl er seit 40 Jahren tot ist.

Herr Darkworks kam – wie er selbst angibt – aus dem Nichts, "und ich habe absolut keine Lust, wieder im Nichts zu verschwinden".

Richtet man an ihn die Frage, warum es ausgerechnet Bücher sein müssen, mit denen er sich verewigen will, kommt als Antwort:

"Singen kann ich nicht … zeichnen kann ich nicht … Kinder kriegen kann ich auch nicht."

Es sieht so aus, als würden Werke, die man auf eigene Kosten veröffentlicht, von Verlagen für schlecht befunden worden sein.

Das mag manchmal stimmen.

So war es bei Tolstois "Krieg und Frieden", bei Schillers "Räuber" und bei Goethes "Götz von Berlichingen", die alle im Eigenverlag erschienen sind.

Aber immer stimmt es bestimmt nicht.

Text: Peter Pisa

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Titel:
Verschärftes Verhör

ISBN-13:
9783596183111

Autor:
Siler, Jenny

Verlag:
Fischer Taschenbuch Vlg.

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