Schriftstellerin Ursula Krechel erhält Jeanette-Schocken-Preis für Literatur

admin | Posted 26/01/2009 | Autoren | Keine Kommentare »

Ursula Krechel © Alexander Paul Englert

Die deutsche Schriftstellerin Ursula Krechel erhält den Bremerhavener
Jeanette-Schocken-Preis für Literatur. Die 61-Jährige aus Trier erhalte
die mit 7500 Euro dotierte Auszeichnung für ihre Arbeit zum jüdischen
Exil in Shanghai während des Nationalsozialismus.

"Sorgfältige historische Recherche hat sie mit empfindsamer Menschendarstellung zu einem überzeugenden literarischen Ganzen verbunden", hieß es in der Begründung der Jury.

Der "Jeanette Schocken Preis – Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur" ist ein Literaturpreis, dessen Preissumme nicht durch die Öffentliche Hand, sondern durch Spenden Bremerhavener Bürgerinnen und Bürger aufgebracht wird.

Der Preis, der 1991 erstmals vergeben wurde, wird im zweijährigen Turnus verliehen.

Die Hafenstadt Bremerhaven war für viele Verfolgte die letzte Station in Deutschland auf der Flucht ins Exil.

Die Bremerhavener Kaufmannsfamilie Schocken bot, solange sie konnte, den Verfolgten Zuflucht.

Jeanette Schocken wollte mit ihrer kranken Tochter nicht fliehen. Beide wurden am 17. November 1941 gemeinsam mit anderen Bremerhavener Bürgern jüdischen Glaubens nach Minsk deportiert und dort ermordet.

Ihre Preisgekrönte Arbeit findet in sich im kürzlich erschienenen Buch wieder:

Shanghai am Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Für Tausende Juden ist es das letzte Schlupfloch, und sie kommen, ohne Visum, aber voller Hoffnung.

Ursula Krechels bewegender Roman erzählt von Menschen, die versuchen, das Überleben zu lernen.   


Da steht sie mitten in einer Restaurantküche in Shanghai und walkt den Teig, als ginge es um ihr Leben, und das tut es auch.

Ein Strudel soll es werden, ein süßer natürlich, aber dann füllt sie, was noch übrig ist, mit zartem Gemüse, und auf einmal hat sie der chinesischen Küche etwas hinzuerfunden, was niemand mehr missen möchte: die Frühlingsrolle.

Franziska Tausig ist eine von vielen, der Berliner Buchhändler Ludwig Lazarus ist ein anderer, und am Ende waren es achtzehntausend Juden, die seit 1938 eines der letzten Schlupflöcher noch nutzen konnten und so im fernen fremden Shanghai überlebten.

Sie kamen ohne Visum und Illusionen mit einem Koffer und zehn Reichsmark in der Tasche, Anwälte, Handwerker, Kunsthistoriker, und wenn sie in dieser überfüllten Stadt und dem feucht drückenden Klima zurechtkommen wollten, dann waren Erfindungsgabe und Tatkraft gefordert.

Nicht jeder war, nach dem, was hinter ihm lag und vor ihm, dazu imstande.

Atemberaubend vielstimmig und vielschichtig erzählt Ursula Krechel davon.

Aus langjährigen Recherchen entstand so der Stoff zu einem weitgespannten erzählerischen Bogen, der den Leser in eine Welt bringt, die einem näher ist als erwartet.



Ursula Krechel
studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte an der Universität Köln. Bereits während ihres Studiums, das sie 1972 mit der Promotion abschloss, hatte sie Beiträge für den Westdeutschen Rundfunk und den Kölner Stadt-Anzeiger geliefert.

Von 1969 bis 1972 war sie Dramaturgin an den Städtischen Bühnen in Dortmund und leitete Theaterprojekte mit jugendlichen Strafgefangenen.

Ab 1972 lebte sie als freie Schriftstellerin in Frankfurt am Main. Die Lyrik, anfangs noch von Frauenbewegung und neuer Subjektivität, später dann häufig vom Surrealismus beeinflusst, bildet den Schwerpunkt von Ursula Krechels Werk.

Darüber hinaus hat sie Prosa, Theaterstücke und Hörspiele veröffentlicht. Ursula Krechel ist Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland.

Sie lebt in Berlin.

Bisherige Auszeichnungen: 2006 Hermann-Hesse-Stipendium der Stadt Calw, 2008 Rheingau Literatur Preis.

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