Die echten Straßenköter

admin | Posted 05/03/2009 | Belletristik | Keine Kommentare »

Simone Buchholz hat eine Sammlung flott geschriebener und fantastisch
beobachteter Kleinstdramen vom ewigen Schlachtfeld der Geschlechter
zusammengetragen. Angeregt durch die Beobachtung, dass gerade heiße,
abenteuerlustige und feierfeste Frauen ihre freie Zeit gerne mit so
genannten "Straßenkötern" verbringen, hat sie ihre eigenen Erlebnisse
mit dieser sehr speziellen Art Mann aufgeschrieben.

Nicht nur, dass diese Männer bei Simone Buchholz unbehauen und kantig aussehen, Dreitagebärte tragen, in Lederjacken stecken und nach Zigarettenqualm und Alkohol riechen, nein, sie werden auch als erprobte Ritter nächtlicher Touren durch das Kneipenmilieu Hamburgs (und anderer Städte) beschrieben.

Kurz: Es sind coole Säue, durchaus mit einem Hang zu weniger legalen Tätigkeiten wie Marihuana-Rauchen.

Einer der Kerle aus Buchholz’ Panoptikum der skurrilen Mannsbilder erweist sich gar als veritabler Randalierer und Zerstörer kleinbürgerlichen Inventars.

Die meisten jedoch sind letztlich harmlose, redefaule, aber sehr gefühlvolle Exemplare der Spezies Mann. Männer wie Treibgut, die auf dem Strom der Zeit dahintreiben und sich von absolut nichts aus der Ruhe bringen lassen, die ihre Frauen mit schöner Regelmäßigkeit wechseln und nirgendwo lange bleiben können. Der fahrende Zimmermann versinnbildlicht in Buchholz’ knapp 200-seitigem Bändchen diesen Typus Mann.

Doch nicht nur Männer aus Buchholz’ eigener Vergangenheit spielen in dem Buch eine Hauptrolle.

Auch Ikonen einer räudigen Männlichkeit wird hier ein Denkmal gesetzt. Dabei plaudert Buchholz über so unterschiedliche Typen wie George Clooney (allerdings nur in dem wirklich abgedrehten Streifen "From Dusk Till Dawn"), Johnny Cash, Philip Marlowe und Gerhard Schröder.

Mal ehrlich: Die hätte nicht jeder alle für Gangster of Love gehalten. Aber Simone Buchholz weist stichhaltig nach, dass sie es doch alle waren!

Natürlich kommen auch einige Sportler zu der Ehre, als veritable Gangster firmieren zu dürfen. Gianluigi Buffon und Torsten Frings sind jedenfalls mit dabei.

Komisch nur, dass der doch nun wirklich komplett straßenköterhafte Boris Becker überhaupt nicht genannt wird. Vielleicht jagt der zwar auch eine Frau nach der anderen wie Trophäen, ist aber doch eher uninteressant so als Mensch?

Man könnte behaupten, dass die Männer, die Buchholz hier liebevoll mit viel Witz und Freude an männlicher Verschrobenheit beschreibt, nicht eben Schwiegermuttermaterial sind.

Schon eher das Gegenteil: Die Altvorderen und unsere langweiligen Freunde haben uns schon immer vor diesen großspurigen, rauen Verführertypen gewarnt.

Und doch – sagt Buchholz – sind sie einfach um so viel interessanter als Männer Marke Versicherungsmakler. Denn während letztere einer Frau, die sich Nachwuchs wünscht, zwar Sicherheit und ein komfortables Leben bieten können, fehlt ihnen doch jegliches Charisma und Flair.

Obwohl die Wehmut darüber, dass die Zeit des wilden Partymachens mit den oben beschriebenen Typen für immer vorbei ist, in allen Geschichten mitschwingt, ist "Gangster of Love" ein luftig-leichtes Lesevergnügen, das man verschlingt wie eine Packung verdammt guter Pralinen.

Und am Ende hat man das Gefühl, dass man unbedingt auch mal mit Simone Buchholz um die Häuser ziehen sollte.

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