Vorsicht: Page-Turner!
Petra Bohm | Posted 20/06/2009 | Belletristik | Keine Kommentare »
“Ein Nachmittag im Herbst” von Mirjam Kristensen. Dieses wirklich ungewöhnliche und beeindruckende Buch kann man nicht mehr aus der Hand legen…
Ein junges norwegisches Pärchen, Rakel und Hans Olav, reist in die Ferien nach New York City. Ein erster Weg führt sie ins Metropolitan Museum. Rakel läßt ihren faszinierten Mann vor einem großen Gemälde stehen, um schnell auf die Toilette zu gehen. Als sie zurückkommt, ist Hans Olav verschwunden. Rakel sucht ihn. Im Museum. Im Café. Im Hotel. Vergebens. Beklemmend erzählt Mirjam Kristensen in ihrem Roman vom Verlust eines geliebten Menschen, der sich beim Verschwinden als großer Unbekannter entpuppt.
Aus dem Buch:
“Als ich von der Toilette zurückkomme, ist Hans Olav nicht mehr im Saal mit den De la Tour-Gemälden. Ich schaue mich um, suche den ganzen Raum ab, kann ihn aber nicht entdecken. Ich bin plötzlich nicht mehr sicher, was wir vereinbart hatten, balle die Hände in meinen Rocktaschen zu Fäusten, drehe mich um, bleibe stehen und suche den Raum ab, in dem ich ihn vor knapp einer Viertelstunde zurückgelassen habe. Ein älteres Ehepaar steht vor dem Bild, an dem er zurückgeblieben war. Ich spüre ein Summen im Hals, in der Brust. Warum ist er nicht hier und wartet auf mich?“
Mirjam Kristensen, 31, stammt aus Lyngdal in Norwegen. Ihr Debütroman erschien im Jahr 2000. Sie erhielt verschiedene Preise und Stipendien für ihre Werke und ihre ersten beiden Romane wurden ins Französische übersetzt. “Ein Nachmittag im Herbst” ist ihr dritter Roman. Mirjam Kristensen lebt in Oslo.
Pressestimmen
“Achtung! Warnung! Dieses Buch wird sich wie sanfter Nebel auf Ihr Gemüt legen. Sie sind danach vermutlich leicht melancholisch, ein bisschen weggetreten und ein paar Tage lang wird Ihnen immer mal wieder diese Frau in den Sinn kommen, deren Mann im Museum verschwunden ist. ›Ich gehe mal eben dieses Bild angucken‹ – und weg war er. Kunst statt Zigaretten. Eine unglaubliche Geschichte, unglaublich lakonisch und beinahe beiläufig erzählt. … Es ist spannend natürlich, stellenweise unheimlich und doch mitten aus dem Leben. So wie es sich am Ende darstellt, macht das spurlose Verschwinden durchaus Sinn. Ein Nachmittag im Herbst lässt einen ziemlich beeindruckt zurück.”
Christine Westermann, WDR2, 13.6.2009
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