Eine Detektivin, die eigentlich eine Schriftstellerin ist

Books | Posted 21/08/2009 | Krimis | Keine Kommentare »

Wien (dpa) – Eigentlich möchte Charlotte, genannt Charlie, Schriftstellerin werden. Doch dann mutiert sie aus einem Zufall heraus zur Detektivin. 

Wie erfolgreich sie dabei wirklich ist, erfährt ihr Auftraggeber, der smarte Bankier Daniel Baum, nie. Aber das will er irgendwann auch gar nicht mehr. Und so bleibt es – zumindest für ihn – auf immer ein Geheimnis, wohin das Bild «Louise im blauweiß gestreiften Leibchen» des ostdeutschen Malers Jonas Jabal verschwunden ist, das er eigentlich seiner Sammlung einverleiben wollte.

Der Titel des Bildes ist namensgebend für den aktuellen Roman von Mathias Nolte. Und er verspricht genauso ein Erfolg zu werden wie sein literarischer Vorgänger «Roula Rouge», den der aus Reinbek bei Hamburg stammende Autor und Journalist vor zwei Jahren veröffentlichte. Denn auch sein neues Buch hat all das, was einen guten Unterhaltungsroman ausmacht: Verve, Witz, Spannung, Liebe und den damit unweigerlich verbundenen Schmerz. Und ganz viel großstädtisches Flair. Vorwiegend spielt der Roman in der deutschen Hauptstadt, im Berlin von heute und im geteilten Berlin von 1959.

Charlie, gerade von ihrem snobistischen Freund getrennt, will endlich auf eigenen Füßen stehen und mietet sich ein Büro, um hier einen Roman zu schreiben. Das Büro hatte zuvor einem Privatdetektiv gehört. Auf dessen Dienste will Banker und Kunstliebhaber Daniel jetzt zurückgreifen. Denn er sucht schon ewig das seit fast 50 Jahren verschollene Bild «Louise im blauweiß gestreiften Leibchen». Diesen Auftrag erteilt er nun Charlie, in der er irrtümlicherweise die Nachfolgerin des alten Detektivs vermutet. Die fackelt nicht lange und nimmt an.

Ihre Suche beginnt in Ostberlin, in jenem Viertel, in dem der begabte, hochgelobte junge Maler Jonas Jabal einst lebte und sich im Alter von 21 Jahren das Leben nahm. Und so wird die Fahndung nach dem Bild vor allem auch eine Suche nach den Gründen für Jabals Selbstmord und nach der echten Louise. Auch Paris und Zürich gehören zu den Recherche-Stationen Charlies, die sich im Laufe der Handlung immer mehr mit Louise identifiziert.

Man merkt Nolte in seinem Roman durchaus den Boulevard- Journalisten («Penthouse», «Bunte») an. Das drückt sich zum einen im Vorgehen Charlies aus, das journalistischen Recherchen nicht unähnlich ist. Zum anderen in der Art und Weise, wie Nolte mit leichter Hand die Schickeria beschreibt und Frivoles von sich gibt – allerdings ohne anstößig oder gar voyeuristisch zu wirken.

Es ist eine hinreißende Geschichte, auch wenn die Personen hin und wieder leicht überzeichnet und etwas unrealistisch wirken. Die Handlung springt zwischen damals und heute hin und her, was sich ganz reizvoll in der jeweiligen Umgangssprache ausdrückt. Allerdings nervt mitunter die moderne, Anglizismen-lastige Ausdrucksweise. Gut getroffen hat der Westdeutsche Nolte die ostdeutschen Befindlichkeiten und auch die düstere Atmosphäre der Nachkriegs-DDR. Vornehmlich Ostberlins, dessen Einwohner damals noch pendeln konnten und im Westteil für kurze Zeit einen Hauch der «unerträglichen Leichtigkeit des Seins» zu spüren bekamen.

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