«Verleumdung»
Petra Bohm | Posted 19/01/2010 | Autoren, Krimis | Keine Kommentare »
Neuer Streit um Krimi-Autor Larsson
Nach dem Krimi-Welterfolg für Stieg Larsson mit «Verblendung», «Verdammnis» und «Vergebung» jetzt eine «lupenreine Verleumdung»: So nennt die Lebensgefährtin des 2004 gestorbenen Schweden die erste Buchveröffentlichung eines Ex-Kollegen über den erst nach seinem Tod weltberühmt gewordenen Autor. «Mein Freund Stieg Larsson» betitelte der Ex-Kollege Kurdo Baksi sein Werk, in dem er aber wenig freundschaftliche Vorwürfe ausbreitet: Larsson habe in den 90er Jahren als Journalist für die Nachrichtenagentur TT gefälschte Interviews in den Dienst geschummelt, «parteiische Texte» geschrieben und sich als «überempfindlicher Gernegroß» aufgespielt.
Über 20 Millionen Exemplare der «Millenniums-Trilogie» mit Larssons praktisch unbesiegbarer Heldin Lisbeth Salander sind bisher weltweit verkauft. Drei schwedische Verfilmungen laufen in den Kinos, und Hollywood steht auch schon bereit. Dass die Kultfrau Lisbeth von ihrem literarischen Erfinder mit übermenschlichen Kräften beim Kampf gegen brutale Männer, sowie auch beim Knacken von Computercodes, ausgestattet worden ist, hält Baksi für die Konsequenz von schlechtem Gewissen: Larsson habe als 15-Jähriger in seiner Heimatstadt Umeå passiv zugesehen, wie gleichaltrige Freunde ein Mädchen vergewaltigten. Die Stimme des Opfers, das seine späteren Entschuldigungen abwies, klinge deutlich in Salander nach, meint Baksi.
Neben der früheren Lebensgefährtin Eva Gabrielsson und einem Ex-Chef von TT taten auch die meisten Rezensenten das neue Buch als äußerst fragwürdig und dünn ab. Sein Erscheinen im angesehenen Verlag Norstedts spiegelt aber das riesige Interesse an dem Autor wider. Zu Lebzeiten war er einzig als Herausgeber des gegen Neonazis ermittelnden Magazins «Expo» in Erscheinung getreten. Hier hatte Baksi ihn kennengelernt. Seine Krimis schrieb Larsson im Stillen und eher nebenbei, ehe er Ende 2004 mit 50 durch einen Herzinfarkt starb. Erst kurz danach erschien der erste von drei fertigen Bänden.
Damit kam der posthume Ruhm und mit ihm auch hässlicher Streit um das hastig anwachsende Erbe. Gabrielsson trägt ihn auch über die Medien mit Larssons Vater und Bruder aus. Ein Abfindungsangebot über 20 Millionen Kronen (zwei Millionen Euro) wies sie Ende letzten Jahres ab. Die bisherigen Bucheinnahmen und Erlöse für Filmrechte werden auf das Sechs- bis Siebenfache geschätzt.
Ein Ende der Auseinandersetzungen ist nicht abzusehen: Gabrielsson kündgte ein eigenes Buch an. Larssons Vater und Bruder wollen gerichtlich gegen den TV-Sender SVT vorgehen, weil dieser eine Reportage über den Erbschaftsstreit aus der Sicht Gabrielssons ausstrahlte.
©Thomas Borchert/dpa