Lesen mit der Wunderflunder

Petra Bohm | Posted 02/06/2010 | Notizen | Comments Off
iBooksDa hat Apple Europa mal wieder lange warten lassen, aber seit der letzten Woche ist es nun endlich auch bei uns erhältlich: das langersehnte “iPad”.
Doch während sich die meisten Technikfreaks mit den neuesten Anwendungen, sogenannten “Apps” beschäftigen, über Bildschirmauflösung und Synchronisation diskutieren, interessiert uns Bücherfans vor allen Dingen ein Thema:
Kann man auf dem Ding auch Lesen?
Wir haben für Sie in den letzten Tagen intensiv getestet und unsere eindeutige Antwort lautet: “Ja – aber…”
Ja – weil die zum iPad gehörige Software “iBooks” wirklich angenehm zu bedienen ist, und auch dem eingefleischten Papierfan ein gehöriges Stück heimatliches “Lesegefühl” vermittelt. Einmalig anfangs über den heimischen Computer aktiviert, erscheint unter “iBooks” auf dem per Fingerzeig wie von Zauberhand intuitiv zu bedienenden Bildschirm ein (noch) leeres, klassisches Bücherregal im IKEA-Billy-Look, das es nun per Kreditkarte im Bookstore zu füllen gilt…
Leider erwischt uns hier das erste “Aber“, denn im virtuellen Store erwarten den ungeduldigen Bücherwurm bisher zwar einige deutsche Bestseller, aber die sind eindeutig aus der letzten Saison und stammen aus dem Hause einiger weniger großer Verlage. Da fehlt den deutschsprachigen Herausgebern (noch) der Mut, dabei hätten wir doch so gerne mit einem wirklich brandneuen Spitzentitel getestet. Für die Neugier muss also entweder der gratis mitgelieferte Kinderklassiker “Winnie Puh” auf englisch herhalten, ebenfalls gratis vorhandene Klassiker wie z.B. Tom Sawyer oder Robinson Crusoe oder eben ein nicht ganz brandneuer Bestseller zum Vorteilspreis im Vergleich zum gedruckten Exemplar.
Ja – das fühlt sich dann aber wirklich toll an. Brillenträger können die Sehscherbe beiseite packen, denn die Schriftgröße lässt sich in sekundenschnelle anpassen, geblättert wird wie im wirklichen Leben durch Anfassen an der Seitenecke, eingeblendet wird je nach vertikaler oder horizontaler Ausrichtung eine einzelne oder Doppelseite. Und falls das richtige Lesefeeling nur wie in der Jugend unter der Bettdecke entsteht: die brillante Ausleuchtung auf dem Bildschirm ersetzt mehr als nur die Taschenlampe und ist der Feststellbutton arrettiert, kann man auch kopfüber lesen, ohne dass die Schrift sich in eine falsche Richtung dreht.
Aber – dies birgt vielleicht auch DEN Nachteil in sich: das hochauflösende, brillante Display ist für das Lesen im prallen Sonnenschein völlig ungeeignet. Was auf Sofa, Bett und auch in der schattigen Hängematte bestens funktioniert, taugt zum Lesen bei voller Sonne ebensowenig wie ein Laptop-Bildschirm. Doch seien wir mal ehrlich: Wer will heute seinen Kopf – besonders bei Lesen – noch stundenlang der prallen Sonne aussetzen? Außerdem fällt der Sommer in diesem Jahr so oder so aus. Und bei dämmrigem Aschewolkelicht sind iPad-Leser allemal im Vorteil, denn sie haben die Nachttischlampe immer dabei.
Genau wie beim echten Buch sind dem iPad-Leser zeitlich nur natürliche Grenzen gesetzt: Wem nach ca. 10 Stunden (mehrfach getesteter!) Akkulaufzeit die Augen noch nicht von selbst zugefallen sind, sollte sich jetzt vielleicht einen Tee kochen und dabei nach einer Steckdose suchen.
Bleibt das Gefühl. Dieses vertraute Gefühl von Papier zwischen den Fingern und der unbeschreibliche Duft der Jahre in der liebevoll gepflegten heimischen Bibliothek. Da wohl niemand das nicht ganz billige Prestige-Objekt (ab CHF 649,–, € 499,–) mit in die Badewanne mitnehmen wird, und auch nicht sämtliche geliebten Bücher online nachkaufen kann und mag, wird und soll die Wunderflunder unser gutes Buch wohl niemals ganz ersetzen. Aber sie bietet eine tolle Ergänzung.
Vergessen die Qual der Wahl vor der Flugreise: Bikini oder Krimi? 700g ipad im Handgepäck speichern auch Lektüre für tagelange ungeplante Flughafenaufenthalte. Und im Notfall wird online nachgekauft. Sachbücher entfalten ungeahnten Nutzen durch die integrierte Suchfunktion – egal ob Diplomarbeit, oder das Zitat für die Silberhochzeit – Stichwort eingeben – tippen – schon gefunden.
Insgesamt ein aufregender Aufbruch in eine neue Lesezeit. Haben Sie das iPad schon getestet? Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen – Schreiben Sie uns!
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