“Fast ein Roman”…
Petra Bohm | Posted 16/11/2010 | Belletristik | Keine Kommentare »…so lautet der Untertitel des neuen Buches “Glänzende Zeiten” von Adam Soboczynski. Sie lieben intelligente Kolumnen? Sie haben wenig Zeit zum Lesen? Geistreicher Sprachwitz bringt Sie zum Dauerkichern? Dann liegen Sie mit diesem “Fastroman” absolut richtig…
ZEIT-Feuilletonredakteur Adam Soboczynski entfaltet in 29 kolumnenartigen, auch durcheinander lesbaren, kurzen Kapiteln ein überaus geistreiches und tragikomisches Sittengemälde unserer Zeit.
Schon das Inhaltsverzeichnis macht die Auswahl schwer, denn es reizen kurze Schlagworte wie “Stolz”, “Rauchen”, “Freiheit”, “Lachen”, “Sex”, “Kunst” und natürlich “Liebe” und ich hätte am liebsten jedes der Kapitel als erstes aufgeschlagen.
Am Ende entschied ich mich für den Anfang und begann mit Nummer 1:”Stolz”. Aufhänger dieser Geschichte, in der sich der Autor wie in allen anderen Kapiteln in der Ich-Form ironisch-philosophisch mit der “Verglättung” unseres Alltags beschäftigt, ist die Entlassung des griesgrämigen Hausmeisters und dessen Austausch gegen einen “Facility-Manager”.
...”Warum nur hat man den untüchtigen Hausmeister – nicht nur, dass man ihn entließ – auch noch umbenannt? fragte ich mich, als ich vor dem Aushang stand. Weil es ein Gewaltakt ist, sagte ich mir. Weil Gewalt ja die Leute immer so befriedigt. Namen, die geändert wurden, zeugten immer von furchtbaren Verheerungen, aus St. Petersburg wurde Leningrad, aus der Poststraße die Horst-Wessel-Straße, aus dem Hausmeister wurde Facility Manager.”…
Großartiges Zitat, großartiges Buch – unbedingt Lesen!
Auf Zeit-Online findet man einen Artikel, der auf einem weiteren Kapitel aus »Glänzende Zeiten« basiert
Adam Soboczynski wurde 1975 im polnischen Torun geboren und promovierte über Heinrich von Kleist. Nach einer längeren Zwischenstation im Rheinland hat es ihn vor ein paar Jahren nach Berlin verschlagen. Er arbeitet als Feuilletonredakteur bei der ZEIT. 2005 erhielt er den Axel-Springer-Preis für junge Journalisten. Schon sein erstes buch »Polski Tango« wurde mit Applaus begrüßt, während „Die schonende Abwehr verliebter Frauen“ furios besprochen wurde.