Fremde Welten
Frauke Schlieckau | Posted 04/11/2010 | Autoren, Belletristik | Keine Kommentare »1Q84 heisst der rätselhafte Roman Haruki Murakamis, den der Autor als dreibändiges Großwerk vorlegt, dessen ersten beiden Teile nun auf 1300 Seiten bei Dumont erscheinen. Die Geschichte die der Japaner erzählt, ist wie immer bei Murakami, im Grenzbereich zwischen Fantasie und Realität angesiedelt. Und sie ist, wie üblich die Geschichte von Liebenden, deren Aufgabe es ist Grenzen von Raum und Zeit zu überwinden um zueinander zu finden.
Haruki Murakamis Romane spielen immer in einer großen Stadt, die zufällig Tokio heißt. Die japanische Metropole steht bei ihm für das komplexe, vielschichtige moderne Leben, in dem der Einzelne auch im 21. Jahrhundert mitunter noch Schwierigkeiten hat, sich angesichts stetig wachsender Optionen und eines ständig steigenden Tempos zurechtzufinden. Das Prinzip von Flüchtigkeit und unüberschaubarer Komplexität ist dabei einfach zu benennen und nicht zuletzt für das Einsamkeitsgefühl verantwortlich, dass das Leben von Murakamis Protagonisten prägt, denn das sich stetig erhöhende Tempo erschwert es ihnen, inne zu halten.
Daneben gibt es bei Haruki Murakami immer auch noch eine Parallelwelt, die direkt in der Realität angesiedelt nur über die Wahrnehmung der Protagonisten zugänglich ist. Diese Welt heißt in dem aktuellen Roman 1Q84 und ist die Spiegelwelt zu dem Jahr 1984 in dem die Handlung des Buches und die beiden Figuren die zueinander finden müssen, die Auftragskillerin Aomame und der Möchtegern-Schriftsteller Tengo, angesiedelt sind.
Das Spannende an den Geschichten und Figuren Murakamis ist, – das gilt für 1Q84 genauso wie für die alten Romane, dass seine Figuren auf der Suche nach Liebe letztendlich Vagabunden sind die sich auf der Suche nach einer Richtung oder einem Ort befinden, an dem sie ankommen können. So lange, bis sie den Weg gefunden haben, der sie dorthin führt, sind sie gezwungen unterwegs zu sein. Unterwegs, wie Haruki Murakami selbst, der sich die meiste Zeit auf Reisen befindet. Dass Murakamis Figuren die gesuchte Heimat oft überhaupt nicht, im besten Falle aber vorübergehend – oder eben nur in einer Parallelwelt – finden, mag daran liegen, dass sie als Stellvertreter für die realen Individuen des 21. Jahrhunderts nicht dafür bestimmt sind. Nicht zuletzt deswegen leidet der Leser mit ihnen.