Kathryn Stockett: Gute Geister

Hannah Gi | Posted 11/04/2011 | Belletristik | Keine Kommentare »

Oh je – Onkel Toms Hütte 2011 – und ich soll noch was darüber schreiben – das war der erste Impuls nach den ersten zehn Seiten. Aaaaaber… ;-)

Der Roman beginnt 1962 in Jackson, Mississippi, und, um der Wahrheit die Ehre zu geben, der Erzählduktus am Anfang ist mir auf die Nerven gegangen. Will ich die „einfachen Leute“ dauernd „nimmer“ sagen und auch sonst einen seltsam verkürzten Code benutzen hören, der im englischen Original vielleicht authentisch herüber kommt, auf Deutsch aber nicht? Will ich nicht. Aber im Verlauf der Erzählung ist das vergessen und vergeben, weil einen die Geschichte in ihren Bann zieht, und man unbedingt wissen muss, wie die drei rebellischen Hauptfiguren ihr (Frauen-)Schicksal im Amerika der Rassentrennung meistern…

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Skeeter, eine missratene, mit 23 immer noch unverheiratete Tochter eines Baumwollfarmers und seiner standesbewussten Frau, Aibilleen, Mittfünfzigerin und schwarze Ziehmutter von mittlerweile 17 weißen Babys und Minny, ebenfalls schwarze und wegen ihrer für Südstaaten–Verhältnisse großen Klappe häufig stellungsuchende Haushaltshilfe.

Zwischen den Welten, in denen die beiden Schwarzen und Skeeter leben, scheint es keine Brücke zu geben, und tatsächlich bekommt Skeeter auch nur deshalb Zugang zur anderen Seite, weil sie selber – groß, widerspenstig, unverheiratet und kinderlos – weder den Anforderungen ihrer Mutter noch denen ihrer Freundinnen gerecht, und schließlich selber zur Außenseiterin wird.

Im Lauf der Erzählung eint die drei ein gemeinsames Projekt: Ein Sammelband, in dem schwarze Hausmädchen, „gute Geister“ über ihr Dienstbotenleben in Jackson berichten. Wie es dazu kommt, wie es Skeeter gelingt, eine ganze Reihe „guter Geister“ trotz aller – wegen Rassengesetzen und Ku-Klux-Klan sehr zu Recht bestehenden Ängste und Vorbehalte – über ihre weißen Arbeitgeberinnen erzählen, und ihre ambivalenten, von Hass und Dankbarkeit geprägten Gefühle darstellen lässt, ist eine wirklich gut erzählte, plausible Geschichte, bei der es schwer fällt, einzelne Charaktere hervorzuheben, weil sie eigentliche alle wichtig sind und nicht zu viel vorweg verraten werden soll.

Was neben der wirklich spannenden Handlung Spaß macht, ist der Humor der Autorin, der sich manchmal auch in selbstironischen Passagen ausdrückt. Schön zum Beispiel, wenn sie (als Ich-Erzählerin) ihren Mitstreiterinnen erklärt, wie sie ihr gemeinsames Werk vermarkten sollten:
„´Wir müssen einen Titel wählen` sage ich und massiere mir die Schläfen.` ´Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht. Ich bin dafür, wir nennen es Farbige Haushaltshilfen und ihre Arbeitgeberfamilien im amerikanischen Süden.` „´Hä?`“ sagt Minny, und sieht mich zum ersten Mal an. ´So kann man es doch am besten beschreiben, finden Sie nicht?` frage ich.“ „Wenn man einen Maiskolben im Hintern hat.“ „Das ist kein Roman, Minny. Es ist ein soziologisches Buch. Da muss der Titel exakt klingen.`“

Wie immer der Titel schließlich klingt, das Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung.

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Titel:
Gute Geister: Roman

ISBN-13:
9783442752409

Autor:
Kathryn Stockett

Verlag:
btb Verlag

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