Der Fall Collini
Petra Bohm | Posted 08/09/2011 | Belletristik, Krimi | 2 Kommentare »Ich mag von Schirachs lakonischen Stil, den er nach seinen beiden erfolgreichen Erzählbänden in seinem ersten Roman fortsetzt. Und – wer keinen klassischen Krimi erwartet, findet hier stattdessen eine spannende Novelle über ein Verbrechen…
Ich war kurz davor, euch einfach die heutigen google-Treffer zu von Schirachs erstem “richtigen Krimi”(oder auch nicht) zu verlinken – immerhin seit der Sperrfrist innerhalb von 3 Tagen 22 Treffer aus sämtlichen renommierten Kulturredaktionen. Einen neuen Schirach lässt man sich nicht entgehen…Wie gut, dass ich sie nicht vorher gelesen habe: Die Kritiken sind teilweise ganz schön kritisch, mit Begeisterung halten sich viele Rezensenten vornehm zurück.
Deshalb hier vorab: Ich fand die Erzählung richtig gut und habe sie in einem Rutsch durchgelesen! Das liegt zugegebener Maßen nicht nur an der fesselnden Handlung, sondern auch an dem überschaubaren Umfang der knapp 200 großzügig gesetzten Seiten, die sich am Ende einiger Kapitel sogar ein weißes Blatt gönnen. Aber – das Auge liest ja mit – meint: ich finde, dass diese reduzierte Aufmachung allerbestens zum Stil des Buches passt.
Ein seltenes Genre nimmt sich von Schirach da vor, denn “Gerichtskrimis” wie z.B. die von John Grisham gibt es in Deutschland ja nicht wirklich. Das mag daran liegen, dass unsere Prozesse ohne die amerikanischen Geschworenenen einfach zu langweilig sind? “Der Fall Collini” ist auch keinesfalls ein reißerischer Krimi geworden, sondern wie in seinen Erzählbänden schildert der praktizierende Berliner Strafverteidiger vermeintlich neutral einen Fall. Dabei führt er den Leser gekonnt hinter’s das Licht – denn natürlich sind seine sachlichen Beschreibungen überhaupt nicht neutral und geschickt und unbemerkt lenkt der Autor die Gedanken der Leser auf bestimmte (und auch falsche) Spuren. Und DAS, liebe Feuilletonisten, ist doch große Erzählkunst?
Zum Beispiel gleich der Anfang. Da wird beschrieben, wie der titelgebende Gastarbeiter und Ex-Werkzeugmacher Fabrizio Collini in einem Berliner Luxushotel einen harmlosen alten Mann auf hässliche Art und Weise ermordet. Collini wird dabei keinesfalls als Sympath beschrieben, das Opfer nicht als vermeintlicher Bösewicht. Es lässt sich ebenso wie auf den nächsten 150 Seiten kein Motiv erahnen. Weder für die ermittelnde Polizei, noch für den jungen Pflichtverteidiger Caspar Leinen, noch den Leser, der den Fall aus Caspars Perspektive miterlebt. Trotzdem ist man sich sicher, dass es da etwas geben muss, eine Erklärung, ja vielleicht sogar eine Rechtfertigung, obwohl von Schirach den Leser bis ziemlich zum Schluss auf dem Trockenen sitzen lässt, und liest gebannt weiter. Besonders von den Einblicken in die Abläufe und Aufgaben der Justiz, und nach Hintergründen legislativer Entscheidungen habe ich mich dabei ganz nebenbei allerbestens informiert gefühlt.
Das Ende kommt dann vielleicht nicht nur zeitlich etwas weit daher, birgt aber noch eine weitere juristische Pointe à la Schirach – und die hat es wirklich in sich. Am besten: selber lesen!
Hier noch der Klappentext, denn mehr sollte man wirklich nicht verraten…
Vierunddreißig Jahre hat der Italiener Fabrizio Collini als Werkzeugmacher bei Mercedes-Benz gearbeitet. Unauffällig und unbescholten. Und dann ermordet er in einem Berliner Luxushotel einen alten Mann. Grundlos, wie es scheint. Der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt die Pflichtverteidigung in diesem Fall zugewiesen. Was für ihn zunächst wie eine vielversprechende Karrierechance aussieht, wird zu einem Alptraum, als er erfährt, wer das Mordopfer ist: Der Tote, ein angesehener deutscher Industrieller, ist der Großvater seines besten Freundes. In Leinens Erinnerung ein freundlicher, warmherziger Mensch. Wieder und wieder versucht er die Tat zu verstehen. Vergeblich, denn Collini gesteht zwar den Mord, aber zu seinem Motiv schweigt er. Und so muss Leinen einen Mann verteidigen, der nicht verteidigt werden will. Ein zunächst aussichtsloses Unterfangen, aber schließlich stößt er auf eine Spur, die weit hinausgeht über den Fall Collini und Leinen mitten hineinführt in ein erschreckendes Kapitel deutscher Justizgeschichte …
Über den Autor
Ferdinand von Schirach, geboren 1964 in München, arbeitet seit 1994 als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin. Zu seinen Mandanten gehören Industrielle, Prominente, Angehörige der Unterwelt und ganz normale Menschen. Mit seinem Debüt »Verbrechen« gelang ihm 2009 auf Anhieb der Durchbruch als literarischer Autor. Die Übersetzungsrechte wurden in über 30 Länder verkauft. Heute wurde bekannt, dass das ZDF den Bestseller „Verbrechen“ als Miniserie verfilmt. Nach Angaben des Senders haben die Dreharbeiten am Montag in Berlin und Umgebung begonnen. Die Hauptrolle in der auf sechs Folgen angelegten Reihe übernimmt Schauspieler Josef Bierbichler.
ich denke einen Mord kann man nciht rechtfertigen (außer man is Krimiautor) aber wenn einer Kindern was antut dann wüßt ich auch nich was passiert…keine Garantie
Mord… ?!?
Eine meiner Katzen brachte vor einigen Tagen ein Mäusebaby, das klägliche Laute von sich gab, nach Hause. Ich hab´dieses Baby mit einem Holzscheit erschlagen und mich als Mörderin gefühlt… u. hab mir versucht einzureden, dass es notwendig war………