Immer Ich …
Tanja Wekwerth | Posted 06/09/2011 | Belletristik | Keine Kommentare »Ohne Zweifel: Die Frau ist vielseitig! Und sie fordert ihren Leser ganz schön. In Walsers Erzählung “Immer Ich” geht es zu wie in einem Irrgarten, man taumelt vor und zurück, läuft gegen die Wand, findet den Weg und verirrt sich doch wieder…
Wenn man weiß, dass Alissa Walser Malerin ist (das hypnotische Cover ist von ihr gemalt) wundert es nicht, dass sie Sätze schreibt, die Leuchtkraft haben: “Ich mag das Samtige am männlichen Geschlecht, am weiblichen das Seidige”, wäre solch ein Satz.
Ohne Zweifel: Die Frau ist vielseitig! Und sie fordert ihren Leser ganz schön. In Walsers Erzählung “Immer Ich” geht es zu wie in einem Irrgarten, man taumelt vor und zurück, läuft gegen die Wand, findet den Weg und verirrt sich doch wieder. Wer hat jetzt was mit wem zu tun?
Den Auftakt macht der schwammige Onkel Uwe, der einem kleinen Mädchen beim Schuhezubinden hilft. “Geht nicht”, sagt das Kind. “Immer ich sagen”, sagt der Onkel. Die Mutter kocht derweil Kalbsvögel. Es gibt ein Baby mit Tinnitus, das ein Klavier geschenkt bekommen soll und eine Wohnung in Brooklyn. Auf “Immer Ich” muss man sich einlassen, dranbleiben. Manches ist verwirrend, dann wieder klar… und irgendwann erschließt sich einem dieses grandiose Wortgemälde. “Er wirkte gradlinig wie Bauhausarchitektur, alt und jung zugleich. So einen Mann kann man nicht sofort duzen.” Noch so ein Satz…
Alissa Walser (Jhg 1961), eine Tochter Martin Walsers, lebt und arbeitet als Autorin, Übersetzerin und Malerin in Frankfurt am Main. Für ihren letzten Roman “Am Anfang war die Nacht Musik” wurde ihr der Spycher Literaturpreis Leuk 2010 zugesprochen.