Jung schreibt über Alt
Bettina Apelt | Posted 05/10/2011 | Krimi | Keine Kommentare »Wahrscheinlich ist es nicht der erste Thriller aus Island, den ich gelesen habe. Aber zumindest fiel mir noch keiner so auf. „Schneebraut“ von Ragnar Jónasson besticht schon von außen, ein unglaublich schönes, feines kleines Büchlein, denke ich mir schon, als ich es zum ersten Mal in den Händen halte.
Und auch inhaltlich überzeugt es durch Feingeist: „Schneebraut“ spielt in einem kleinen isländischen Ort, der von der Außenwelt abgekapselt ist. Mitten in der Wirtschaftskrise versucht der junge Polizist Ari, der erste Posten für den Hauptstädter, einige Beinahe-Fälle zu lösen.
Ein alter Theaterschauspieler, der scheinbar von selbst zu Tode stürzt, eine junge Frau, die halbtot im Garten liegt, ohne dass es einen Täter dazu gibt und mindestens ein Täter, der in der Vergangenheit mehr als ein Unrecht getan hat. Das Besondere ist zum einen die Atmosphäre, des dunklen, kleinen Ortes, aber der eigentliche Zauber entfaltet sich durch die Sprache, die an den Großteil der Protagonisten angelehnt ist.
Fast bis zur Hälfte gehe ich davon aus, dass hier ein älterer Herr am Schreiben war, um dann festzustellen, dass der Autor gerade mal 35 ist. Faszinierend, wie er in das Leben reifer Gestalten eingetaucht ist und sich so zurücknimmt, dass man dicht am Leben manch 70-Jähriger dran ist, ohne das Gefühl zu haben, der Schreibende habe keine Ahnung. Es versteht sich von selbst, dass das Ende eine Überraschung parat hat. Psychologisch fein aufgegliedert und zu guter Letzt scheint das Dorfleben doch für manchen einen großen Reiz zu haben Wer hätte das gedacht.
Island ist Gastland auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse und Ragnar Jonasson wird dort dieses brandneuen Krimi vorstellen.