Irgendwie haben wir häufig den selben Lesegeschmack, die Frau Heidenreich und ich: Wieder einmal mal hat sie ein ganz großartiges und besonderes Buch für die Edition Elke Heidenreich ausgewählt und stellt es selbst im Video vor…

Die Bücher der Edition Elke Heidenreich haben meist etwas mit Musik zu tun – in diesem Falle jedoch nicht inhaltlich, sondern nur an der Stelle, dass der Autor nicht Schriftsteller, sondern Opernregisseur ist. In Michel Rostains schmalem autobiografischen Roman geht es auf rund 150 Seiten um den Tod des eigenen Sohnes. Dieser war im Alter von nur 21 Jahren an einer zu spät erkannten Meningitis vor den Augen der Eltern gestorben. Doch wie der Titel “Als ich meine Eltern verließ” erkennen lässt: Hier berichten nicht die trauernden Eltern, sondern der verstorbene Sohn Lion.

Durch diesen ungewöhnlichen Perspektivwechsel wird die Trauerarbeit der Eltern liebevoll und bisweilen auch wirklich komisch kommentiert, wirft der Roman einen scharfen und durchaus ironischen Blick auf den Autor, der in Frankreich als Opernregisseur ziemlich bekannt ist und für diesen Debütroman völlig überraschend den Prix Goncourt 2011 erhielt. Dieser literarische Kniff verhindert auch, dass die Erzählung zu sehr ins Sentimentale abgleitet.

Der Leser erfährt nicht allzuviel über den Sohn Lion, ebenso wie über die Mutter, die eher eine Nebenrolle spielt, es geht in erster Linie um die Trauer des Vaters, und wie dieser lernt, mit dem Verlust umzugehen. Der Roman hat zwar den Tod als Hauptthema, gleichzeitig wird aber das Leben aus vollem Herzen bejaht.

Kann man über den Tod eines geliebten Menschen zuversichtlich, ja heiter erzählen? Dieses Buch gibt die Antwort: Eindeutig: JA!