Der Duft von Erde und Zitronen
admin | Posted 08/05/2012 | Belletristik | Keine Kommentare »Wer gerät bei diesem Titel nicht ins Träumen? Und er verspricht nicht zuviel: Die Beschreibung von Landschaft und Lebensgefühl Kampaniens zieht den Leser in ihren Bann – ebenso wie dir dramatische Geschichte der 13jährigen Protagonistin Imma und ihrer Familie…
Zur aktuellen Zeit des Geschehens kann Imma vom heimatlichen Duft – sie stammt aus einem kleinen Dorf in der Nähe Neapels – nur träumen. Sie lebt nämlich eingesperrt in der Wohnung ihrer Extante (eine herrliche Wortschöpfung, deren Klärung ich hier nicht vorwegnehmen möchte) in Norditalien, wo sie meistens am Fenster sitzt, um das Leben auf der Straße zu beobachten.
Margherita Oggero, pensionierte Lehrerin aus Turin und Fans italienischer Krimis keine Unbekannte (vier ihrer Kriminalromane sind inzwischen ins Deutsche übersetzt), erzählt in diesem Roman einfühlsam, emotionsgeladen und voller Spannung einerseits, wie es dazu kam, dass Imma fern ihrer geliebten Heimat untertauchen musste, andererseits, wie sie sich in ihrem Exil fühlt und wie sie es schafft, dieses Leben zu ertragen und daran zu reifen. Gegenwart und Vergangenheit wechseln von Kapitel zu Kapitel und man ist immer sehr gespannt darauf, wie der jeweils andere Teil der Geschichte weitergeht.
Imma schafft es, zeitweise aus ihrem ‘Gefängnis’ auszubrechen, und lernt dabei Paolo, einen jungen Buchhändler kennen. Die Bücher, die er ihr zu lesen empfiehlt (u. a. das Tagebuch der Anne Frank), helfen dem Mädchen, ihr Dasein zu ertragen und den Lebensmut zu behalten, den sie nach den Vorfällen in Süditalien und dem Leben bei der anfangs ungeliebten Tante schon fast verloren zu haben schien.
In Rückblenden erfährt der Leser Stück für Stück, warum Imma ihre Heimat in einer Nacht- und Nebelaktion verlassen musste. An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis: Bitte NICHT den Klappentext lesen – er verrät den Grund, den beim Lesen zu entdecken viel, viel spannender ist! Margherita Oggero entführt uns in das Leben Kampaniens – mit seiner landschaftlichen Schönheit, Familienclans, Liebe, Eifersucht, Trennung, Habgier, Neid, Camorra, Gewalt etc. Im Vordergrund steht die Familie Schiano, bestehend aus der praktischen und liebenswerten Großmutter Assunta, dem Großvater Saverio, den Kindern Antonio, Salvatore und Melina sowie den Enkeln, flankiert von Freunden und wichtigen Personen im Dorf.
Der Roman ist bis zum Schluss spannend und hält sogar ein überraschendes Ende bereit. Ein wunderschönes Buch für laue Sommerabende – oder natürlich für den Urlaub in Italien!
Text: C.G.