Föhnfieber

Petra Bohm | Posted 22/07/2012 | Belletristik, Krimi | Keine Kommentare »

Der Gmeiner-Verlag ist bekannt für seine Regionalkrimis – doch dieser hochspannende Roman über einen Terroranschlag im sonst so beschaulichen Bern ist eher untypisch für das Genre, fehlen doch typische Merkmale wie ein rustikaler Kommissär oder skurriles Dialekt sprechendes Personal…

…und so handelt es sich bei der fesselnden Geschichte mit zahlreichen Perspektivwechseln eher um einen Psycho-Polit-Thriller mit Berner Lokalkolorit.

Der Einstieg wirkt zunächst etwas verwirrend: Hervorgehoben durch kursive Schrift, erhält der Leser einen ganz kurzen Einblick in die Gedanken eines Mannes, der ein Attentat zu planen scheint. Schnitt.

Ich-Erzählerin Pamela, Werbepsychologin aus Zürich, hat dem Großstadttrubel den Rücken gekehrt und lebt nun zurückgezogen mit ihrem erheblich älteren Partner Robert auf dem Lande. Doch dann erreicht sie ein Hilferuf ihrer besten Freundin Emily, die im Begriff ist für 2 Jahre in die USA umzuziehen: Deren Patenkind, der 18jährige Francis, Sohn eines bekannten Architekten, ist durch einen Unfall der Eltern zur Waise geworden. Bzw. zur Halbweise, denn seine Mutter lebt noch, liegt aber in einer Art Wachkoma. Emily bittet Pamela, sich bis zur ihrer Rückkehr um Francis, ihren Pudel und das Haus in der Altstadt zu kümmern – im Gegenzug übernähme sie alle Kosten. Zunächst ist Pamela befremdet, willigt aber schließlich ein – passt dieser Umzug nach Bern doch ganz gut, denn sie fühlt sich in ihrer Beziehung zunehmend beengt und kann so auch ein geplantes Gartenbuchprojekt verwirklichen.

Doch das Zusammenleben mit dem spätpubertierenden Jüngling entpuppt sich als schwierig und obwohl die durchaus sympathische Pamela dem Leser schnell etwas paranoid erscheint, häufen sich eindeutig merkwürdige Ereignisse in ihrer Umgebung. Als sie mit dem Jungen ein Fußballspiel besucht, gerät sie in eine Massenschlägerei, wird kurz darauf beinahe von einem Steinbrocken erschlagen, der von der Münsterplattform herabstürzt und von einem unbekannten Beschützer gerettet. Zufall? Francis schweigt beharrlich zu den Vorfällen, kapselt sich ab, scheint aber vom Fussball-Stadion (das sein Vater geplant hat) ganz besessen. Schnitt.

Die 15jährige Josy schreibt in ihr Tagebuch. Sie wird von ihren Eltern, die mit Francis Eltern befreundet waren, gebeten, diesen “im Auge zu behalten”, soll ihn im Grunde aber ausspionieren, denn die Väter der beiden standen in geschäftlicher Verbindung und mit dem Tod von Francis Vater scheinen auch wichtige Unterlagen verschwunden zu sein…

Durch geschickt platzierte Perspektivwechsel gibt Verena Wyss ihren Lesern immer einen kleinen, aber unheilvollen Wissensvorsprung und bringt so reichlich Spannung in die anfangs ruhig dahinplätschernde Handlung. Eine fesselnde Geschichte zwischen Politik, Geheimdiensten und Machteliten in der sonst so behäbigen Schweizer Hauptstadt Bern.

Verena Wyss, geb. in Zürich, aufgewachsen in Solothurn, studierte Geschichte und Rechtsgeschichte in Basel und Bern. Sie lebt im Solothurner Jura in der Schweiz. Seit zehn Jahren schreibt sie Krimigeschichten und politische Kriminalromane. Für “Todesformel” erhielt sie den Frauen-Krimi-Preis “Agathe”.

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Titel:
Föhnfieber

ISBN-13:
9783839213209

Autor:
Verena Wyss

Verlag:
Gmeiner

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