Und Gott sprach: Wir müssen reden!
Petra Bohm | Posted 13/11/2012 | Belletristik | Keine Kommentare »Zugegeben, der Einstieg in diesen von Dialogen geprägten, wirklich lustigen aber keinesfalls platten Roman ist vielleicht etwas “hölzern” geraten, aber wenn man sich auf die Grundidee eingelassen hat, bietet Hans Rath rund 250 Seiten überraschendes Lesevergnügen im Paperback…
Manchmal ist es einfach nur die Aufmachung, die mich inhaltlich ein bestimmtes Genre erwarten lässt – so sind es diesmal die Typografie für den Autorennamen und die Kapitelüberschriften, die sich – wahrscheinlich vom Verlag so gewollt – doch sehr an eher komplett alberne Romane wie die Werke von Tommy Jaud oder auch David Safier anlehnen und damit “Klamauk” assoziieren
Schade, denn das ist die falsche Schublade für dieses Buch. Wenn auch reichlich Slapstick und überraschende Wendungen offensichtlich nach Verfilmung schreien, mischt sich hier Lustiges mit Ernstem, ja mit geradezu philosophisch anmutenden Passagen. Die phantasievolle Geschichte einer ungewöhnlichen Männerfreundschaft gibt ganz nebenbei unkonventionelle Antworten auf Fragen nach unserer Existenz, der göttlichen Schöpfung und bietet eine interessante Variante der Seelenwanderung.
Und darum gehts: Der erfolglose, frisch geschiedene Psychotherapeut Jakob Jakobi wird vom neuen Mann seiner Exfrau K.O. geschlagen. Während er mit gebrochener Nase im Krankenhausflur der Notaufnahme wartet, lernt er den Zirkusclown Abel Baumann kennen. Der bittet Jakob um therapeutische Hilfe und lässt sich, als dieser zunächst verneint, auch nicht so schnell abwimmeln. Abel beschafft Jakob ein Einzelzimmer im Krankenhaus, gibt sich dafür allerdings leider als Chefarzt der Station aus, was natürlich auffliegt, und so landen beide erstmal im Gewahrsam der Polizei. Abel wirkt auf Ich-Erzähler Jakob und den Leser zunächst als sympathischer Spinner, dessen Schilderungen über diverse Rollen in die er im Laufe seines Lebens schon geschlüpft sein will (z.B. Pilot, Arzt, Richter), zwar erschreckend überzeugend, aber eben auch höchst unwahrscheinlich erscheinen.
Doch während Jakob nach 40 Seiten voller Andeutungen auch nach diesem Dialog (Klappentext) noch nicht überzeugt ist -
«Vor Ihnen sitzt der liebe Gott höchstpersönlich», erklärt mein Gegenüber und wischt sich die Lachtränen aus dem Gesicht. Wir schweigen. «Witzig», sage ich nach einer Weile und gebe mich unbeeindruckt. «Ich hab Sie mir immer anders vorgestellt.» Baumann hebt den Zeigefinger und sagt mit gespielter Strenge: «Das ist verboten. Man darf sich kein Bild von mir machen.» «Na, immerhin scheint Gott Humor zu haben», sage ich. Baumann nickt. «Es bleibt Gott nichts anderes übrig, als die Dinge mit Humor zu nehmen.» Sein Lächeln verwandelt sich in einen Anflug von Melancholie. Nachdenklich schaut er zu Boden. «Es ist die Wahrheit, Dr. Jakobi. Ich bin es wirklich.» Er beugt sich vor und sieht mir nun direkt in die Augen. «Ich bin Gott. Und ich bin, unter uns gesagt, ziemlich im Arsch. Es wäre also schön, wenn Sie mir helfen könnten, Doktor.»
… war MIR das schon viel länger klar! Aber Rath lässt seinen Protagonisten weiter zweifeln, hat jedoch den Leser unterschwellig schon längst davon überzeugt, dass in Abel Baumanns Körper niemand anderes als Gott stecken kann. Denn dessen Reinkarnationstheorie ist in sich höchst schlüssig und wer kann schon wissen, wann und in welcher Gestalt Gott sich uns zeigt (falls es ihn gibt)?
Jakobi und Gott alias Baumann machen sich auf in’s tiefste Bayern, um Gottes Familie (Mutter Maria, Vater Josef und Sohn Christian) einen Besuch abzustatten – doch auch die halten ihn für einen psychotischen Hochstapler und Scharlatan…
Fazit: 250 Seiten humorvolles, intelligentes und überraschend tiefgründiges Lesevergnügen! Empfehlenswert!
Noch mehr über das Buch erfährt man hier:
Hans Rath, Jahrgang 1965, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie in Bonn. Er lebt in Berlin, wo er sein Geld unter anderem als Drehbuchautor verdient. Mit seiner Romantrilogie um den Anfangvierziger Paul und sein Liebesleid (“Man tut, was man kann”, “Da muss man durch” und “Was will man mehr”) hat Rath sich eine große Fangemeinde geschaffen.