Das Gebot der Rache
admin | Posted 21/02/2013 | Krimi | Keine Kommentare »Es gibt in der Filmwelt viele Sprücheklopfer und Maulhelden – nur manchmal passiert es, dass eine Dialogzeile zu einem weltbekannten Zitat wird. Wie dieses, welches man allgemein der „Star Trek“-Reihe zuschreibt: „Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert.“…
Falls die Qualität der Vergeltung tatsächlich mit ihrer gefühlten Temperatur zusammenhängt, ist soeben der ultimative Thriller zum Thema Rache – traditionell etwas, an dem sich viele gestandene Autoren des Genres gerne mal die Zähne ausbeißen – erschienen.
Nicht nur, weil „Das Gebot der Rache“ im Original den etwas weniger eindeutigen Titel „Cold Hands“ auf dem Buchcover trägt. Die Geschichte beginnt mit dem Hund – ausgeweidet liegt er in der kalten, verschneiten Landschaft Kanadas da. Grässlich zugerichtet – kein schöner Anblick für Donnie, den glücklichen Familienvater, der alles hat, was er für ein zufriedenes Leben braucht: einen reichen Schwiegervater, eine tolle Frau und ein Kind, mit denen er ein äußerst luxuriöses Anwesen bewohnt. Vielleicht war’s ein Wolf, der den Köter zerfleischt hat? Vielleicht ist er unter die Räder eines Jeeps oder eines Schneemobils gekommen, ein unglücklicher Unfall mit Fahrerflucht also?
Dass dies bloßes Wunschdenken bleibt, wird schnell klar, denn nicht nur die Masse an Schnee vor dem Haus der Familie nimmt zu, auch die Bedrohung, die bald keinen Zweifel daran lässt, dass sie tödlich ist, umschleicht die heimischen vier Wände von außen. Und schon bald muss sich der Protagonist einem dunklen Kapitel seiner Vergangenheit stellen. Und das hat weiß Gott nichts mit solch harmlosen Dingen wie Diebstahl aus dem Kaugummi-Automaten zu tun.
Gut, das ist schon anhand des Titels nicht wirklich eine große Überraschung. Aber wie kaum jemand zuvor vermag es John Niven, eine Spirale der Gewalt auf Papier zu bringen, deren Sog sich echte Krimi- und Thrillerfans wohl schwer entziehen können werden. Mit seinen knapp 300 Seiten ist „Das Gebot der Rache“ alles andere als ein episches Werk, dafür ist die Geschichte beeindruckend perfide. Kaum zu glauben, dass dies der erste Thriller aus der Feder der schottischen Autors ist.
Mit „Gott bewahre“ hat John Niven zuletzt einen Bestseller aus dem Genre hingelegt, das ihn bekannt gemacht hat: der schwarzhumorige Roman. Die Idee, eine andere Geschichte zu erzählen, einen echten Rachethriller, kam ihm beim Lesen eines Webartikels über eine Mutter, die den Mörder ihres kleinen Sohnes Jahre, nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde, aufgespürt hat. Statt der geplanten Rache an ihm war sie beim Aufeinandertreffen unfähig, sich zu bewegen oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Aber was wäre gewesen, wenn sie einen kühlen Kopf behalten hätte? Kann ein Mensch auf so viele Jahre hinweg die Gier nach Vergeltung aufrechterhalten?
John Niven beantwortet diese Frage. Auf sehr kalte Art und Weise: ganz tief unter Null.
Text: Dominik Roth