Der dritte Teil unserer Nordirland-Krimischau: nachdem Colin Bateman und Sam Millar das kriminelle Leben in der weitgehend friedlichen Ära des Landes zu ihrem Thema machen, entführt Adrian McKinty seine Leser dahin, wo es richtig weh tut: in die Zeit der Unruhen, mitten ins Herz von Belfast anno 1981…

Text: Dominik Roth
Nirgendwo ist der Job des Polizisten damals wohl undankbarer als in Nordirland. Die katholisch-nationalistisch gefärbte IRA, welche für die Loslösung von Grossbritannien und den Anschluss an Irland ist, hat der Polizei – einem protestantisch-unionistischen Apparat, auf den London (natürlich) ein Auge hat – den offenen Krieg erklärt. Bombenterror, Mordanschläge, Strassenschlachten sind an der Tagesordnung. Ein echter nordirischer Katholik bekämpft also die Polizei. Nicht so Sean Duffy. Er begeht als Katholik sogar eines der grössten Sakrilege – er wird selbst Polizist. Von der IRA als Verräter abgestempelt und gejagt, von den eigenen Kollegen bestenfalls mit kritischen Augen beobachtet, bleibt dem unerfahrenen, aber smarten Grünschnabel nur sein helles Köpfchen, auf das er sich verlassen kann.

So auch bei der aktuellen Mordermittlung: ein Schuss in den Hinterkopf und anschliessend das Verbrennen der Leiche in einem Auto – so werden innerhalb kurzer Zeit zwei Opfer aufgefunden. Beide Männer waren homosexuell – ein gezielter Anschlag eines homophoben Serienkillers? Auf Unterstützung aus den eigenen Reihen kann Sean Duffy nicht hoffen. Die Belastungsgrenze scheint erreicht zu sein, als jemand Duffy an den Kragen will – doch wer steckt hinter dem Anschlag auf sein Leben? Die Kämpfer der IRA, die ein Exempel an den Verräter statuieren wollen? Oder protestantische Kollegen, die hinter „dem Neuen“ einen Spitzel vermuten?

Eine spannende Geschichte vor historischem Hintergrund – daran sind schon viele Autoren gescheitert. Wie es geht zeigt Adrian McKinty. Selbst in Nordirland aufgewachsen und die Unruhen am eigenen Leib erlebt, weiss er einfach, worüber er schreibt und wie er die damalige Zeit zwischen zwei Buchdeckeln lebendig werden lassen kann. Darüber hinaus hat er mit dem Musikliebhaber Sean Duffy einen überaus sympathischen Charakter geschaffen, der den nötigen Tiefgang zwischen Ermittlung und Privatleben mitbringt. Obwohl das Buch als einer der lesenswertesten Krimis dieser Saison gilt, sollte man sich vor der Lektüre kurz in das Thema „Nordirlandkonflikt“ und die sich gegenseitig bekämpfenden Splittergruppen einlesen – Wikipedia hilft.

„Der katholische Bulle“ ist definitiv grosse Kriminalliteratur und bildet den tollen Auftakt einer Serie, die hoffentlich nicht an Qualität verlieren wird.