So wirst du stinkreich im boomenden Asien
Petra Bohm | Posted 29/08/2013 | Belletristik | Keine Kommentare »Dieser Bildungsroman, der nur vorgibt ein Selbsthilfebuch zu sein, ist traurig aber auch komisch, emotional, dabei kritisch und nachdenklich, formal ungewöhnlich und genial übersetzt – was will man mehr…
In der ungewöhnlichen 2. Person erzählt der pakistanische Autor Moshi Hamid die Lebensgeschichte eines Mannes im boomenden Asien. 12 Kapitel geben mit ihren Ratgeber-Überschriften (“Zieh in die Stadt”, “Verschaff dir Bildung”, “Verlieb dich nicht”) den Einstieg in den jeweiligen Lebensabschnitt, beginnend mit der Kindheit des in Armut in der Provinz aufwachsenden kränklichen Jungen, über den Studenten und jungen Mann in der Stadt, der sich mit Hilfe von “abgelaufenen Waren mit nicht abgelaufenem Verfallsdatum“ und in Flaschen abgefülltem Leitungswasser nach oben arbeitet, bis hin zum Tod des alten (und zwischenzeitlich tatsächlich stinkreichen) Mannes.
Sowohl das asiatische Land (Pakistan?), als auch die wuchernde Millionenstadt (Lahore?) im Mittelpunkt der Erzählung bleiben namenlos, ebenso wie sämtliche Protagonisten, Firmen, Marken. Lebendigste Beschreibungen lassen jedoch in der Fantasie des Lesers sofort ein buntes Bild des “boomenden Asiens” entstehen. Schon der völlig Eigennamen-freie Stil allein bereitet zusammen mit der persönlichen Ansprache “Du” und ausgefeilt formulierten Satzkonstruktionen anspruchsvolles und dabei trotzdem temporeiches und unterhaltsames Lesevergnügen für jeden, der an Sprache Freude hat.
Aber auch der Inhalt lohnt sich, denn dieses Buch klagt nicht nur gesellschaftliche Probleme wie Korruption, Vetternwirtschaft, marodes Gesundheitswesen, Bildungsmangel und Armut an, sondern schafft es, dabei ganz nebenher die wunderschöne und berührende Geschichte einer hoffnungslosen Liebe zu erzählen und seine Leser teils zu Tränen zu rühren, nachdenklich zu stimmen, aber auch zum Schmunzeln zu bringen.
Eines der Lesehighlights dieses Sommers!
Lesungen am
09.09.2013 Köln
11.09.2013 Berlin
12.09.2013 Zürich
13.09.2013 Hamburg
Mohsin Hamid, geboren und aufgewachsen in Lahore, Pakistan, studierte Jura in Harvard und Literatur in Princeton. Nach Stationen in New York und London lebt er heute mit seiner Familie wieder in Lahore. Hamid schreibt regelmässig für den ›Guardian‹, die ›New York Times‹, die ›Financial Times‹, den ›New Yorker‹, die ›Paris Review‹, ›Outlook India‹ und ›Granta‹. Seine Romane wurden in über 30 Sprachen übersetzt. ›Der Fundamentalist, der keiner sein wollte‹ stand auf der Short List des Man Booker Prize und wurde kürzlich von Mira Nair verfilmt. ›Nachtschmetterlinge‹ wurde mit dem Betty Trask Award ausgezeichnet und von der ›New York Times‹ auf die Liste der bedeutendsten Bücher des Jahres 2000 gesetzt.