Familienpoker
admin | Posted 18/09/2013 | Krimi | Keine Kommentare »Sunil Mann fesselt die Leser in seinem neuen Krimi um Privatdetektiv Vijay Kumar wie gewohnt mit Spannung, viel Humor und schrägen Charakteren…
Ich-Erzähler Vijay Kumar, Zürcher Privatdetektiv mit indischen Wurzeln und einer Vorliebe für Amrut-Whisky, ist mangels Aufträgen mal wieder so gut wie pleite. Doch dieses Lotterleben soll ein Ende haben – seiner Freundin zuliebe will er sich um einen festen Job mit geregeltem Einkommen bemühen, was leider schon an seiner Flapsigkeit beim Einstellungsgespräch scheitert.
Da müsste ihm die 16jährige Noemi eigentlich gerade recht kommen, die steht nämlich eines Tages in seiner Bürotür, wedelt mit einem Bündel Geldscheine und hat einen recht einfachen Recherche-Auftrag: Die Teenagerin ist überzeugt, dass ihre Eltern nicht ihre leiblichen Eltern sind und möchte etwas über ihre Herkunft erfahren. Diese Idee hält Vijay allerdings zunächst für eine pubertäre Idee, setzt das Mädchen – trotz finanzieller Verlockung – vor die Tür – und genehmigt sich einen guten Schluck Amrut.
Trotzdem hat der Detektiv mit den originellen Ermittlungsmethoden Mitleid mit Noemi und als er diese auf einer Party wiedertrifft, lässt er sich von deren Argumenten überzeugen. Soviel darf hier noch verraten werden: Vijay kann mit einem Trick Noemis Mutter zu einem Geständnis bewegen: das Mädchen wurde im Alter von wenigen Tagen tatsächlich illegal adoptiert.
Es beginnt eine unterhaltsam zu lesende Spurensuche, die über ein spanisches Kloster, merkwürdige Ordensschwestern, mysteriöse Ärzte schliesslich zurück in die Schweiz ins Berner Oberland führt, bisweilen wird es richtig Gefährlich für unseren Detektiv und immer neue Wendungen halten die Spannung bis zum Ende.
Sunil Mann thematisiert in “Familienpoker” ein fast vergessenes Verbrechen: Im Spanien der Franco-Zeit bis hin in die Achtziger Jahre wurden jungen unverheirateten Frauen in Krankenhäusern und Klöstern die Neugeborenen geraubt und – zunächst aus politischen und religiösen Gründen – in anderen Familien untergebracht, später auch regelrecht verkauft. Die Mütter liess man in dem Glauben, dass die Kinder bei der Geburt verstorben seien.
Sunil Mann wurde als Sohn indischer Einwanderer im Berner Oberland geboren. Er ist als Flugbegleiter tätig, ein Job, der ihm genügend Zeit zum Schreiben lässt. Für sein Debüt “Fangschuss” bekam er den Zürcher Krimipreis 2010.