Die Frau, die ein Jahr im Bett blieb

Petra Bohm | Posted 24/10/2013 | Belletristik | Keine Kommentare »

Britischer, richtig böser Humor at its best!

Die Ausgangssituation des Romans ist zunächst nicht ganz ungewöhnlich, denn fast jeder von uns hat sicherlich schon einmal mit dem Gedanken gespielt, aus der Tretmühle des Alltags auszubrechen und einfach mal im Bett zu bleiben. Genau dies macht Protagonistin Eva auch, als nach rund 17 Jahren Dasein als Mutter, Ehe- und Hausfrau zum ersten Mal Ruhe im Haus einkehrt.

Die hochbegabten Zwillinge Brianne und Brian Junior, wurden von Vater Brian an der Elite-Universität abgeliefert, wo die beiden nicht unbedingt sympathischen Astrophysik-Streber („Wenn wir Freunde bräuchten, wären wir bei facebook“) zwangsläufig Kontakt zu ihren Kommilitonen aufnehmen müssen. Zuhause haben sie bei ihrer Abreise ein typisches Teenager-Chaos hinterlassen. Doch statt die im Topf stundenlang vergessene, vor sich hin brodelnde Tütensuppe inklusive Flecken wie in den Jahren zuvor klaglos zu beseitigen, nimmt Eva den knallroten Tomatensud, kippt diesen kurzerhand über einen, in jahrelanger mühsamer Arbeit bestickten, Sesselbezug und legt sich angezogen in Schuhen aufs Bett. Dem heimkommenden Ehemann (der auch nicht gerade einen fürsorglichen Eindruck macht und ausserdem seit Jahren eine Geliebte hat) fällt nichts besseres ein, als seine Schwiegermutter und dann auch noch seine Mutter anzurufen, um Eva bei ihrem vermeintlichen Nervenzusammenbruch zu unterstützen. Doch die alten Damen haben besseres zu tun – (Dauerwelle beim Friseur legen lassen). Schon dieses Eingangsszenario lässt erahnen, wie es um Eva und ihre Familie bestellt ist und malt ein herrlich ironisches Bild eines spiessbürgerlichen Familienlebens in England.

Doch Eva wechselt zwar Alltagskleidung gegen Schlafanzug, bleibt aber ansonsten im Bett, entflieht dem Leben und wartet auf Erkenntnisse. Der Gatte samt seiner Geliebten, Mutter und Schwiegermutter sehen sich gezwungen, Eva zu versorgen. Nur der farbige Handwerker Alex ist von Herzen dabei, verliebt sich sogar in „die Frau, die ein Jahr im Bett blieb“, von ihm aber erst einmal nichts wissen will. Als Wochen vergehen, werden die Ereignisse immer turbulenter und grotesker. Schliesslich bekommen auch die Medien Wind von Evas Geschichte, was dazu führt dass sich jede Menge Fans und verrückte Besucher vor der Haustür versammeln…

Der Roman ist nicht zum Lautlachen komisch, sondern zaubert mit seinem skurrilen Personal und bösem, typisch britischen Humor ein satirisches Sittengemälde in den Kopf und ein Dauergrinsen in das Gesicht des Lesers!

Schreit unbedingt nach Verfilmung (mit Emma Thompson)!

Alle Titel aus dem Verlag Haffmans&Tolkemitt erscheinen übrigens als „HardcoverPlus“. Ganz hinten im gebundenen Buch findet man einen Code, mit dem das E-Book ohne Mehrkosten heruntergeladen werden kann.

Sue Townsend, die im englischen Sprachraum besonders durch ihre Jugend-Serie um „Adrian Mole“ bekannt ist, nimmt in ihren Werken gerne die englische Klassengesellschaft und die Monarchie auf die Schippe. Tragischerweise erblindete sie 2001 in Folge ihrer Diabetis-Erkrankung, was ihre Produktivität allerdings nicht gemindert hat.

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