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Hungertuch

admin | February 13th, 2008 | Belletristik | Keine Kommentare »

Ein Roman mit einem der schönsten Untertiel: "Unliebes-, Geburts-, Kriminal-, Lebens-, Gotteslästerer-, Irrenhaus- und Sterbegeschichten aus dem Nachlass eines Abendländers im Grunde eine Liebesgeschichte, die vielleicht hätte gelingen können". Es ist ein Kompedium, ein Konvulut an Gedanken, Stimmen und Texten, das Werk des Schweizer Schriftstellers Martin Stadlers. Auf zwei Arten könnte dieser Roman gelesen werden: rasend schnell und nachwirken lassen, oder – eigentlich besser – langsam, gemächlich, in flanierender Gelassenheit. Der Arzt Pius Ruos ist die erzählende Hauptfigur, mit Ämtern an Schulen und im Regionalmuseum eines Städtchens in der Zentralschweiz. Diesen breitangelegten Roman mit ausufernden Abzweigungen zu Fragen der Aufklärung, Religion, Philosophie, Lebensgestaltung, Politik und zwischenmenschlichen Fragen kann und soll hier auch nicht zusammengefasst werden. Aber auch wenn die Geschichte sich in einer provinziellen Gegend im Herzen des Landes abspielt, so gehen all die Gedanken und Fragenstellungen alle an, die an das Leben Fragen haben. Der Titel “Hungertuch” nimmt Bezug

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Eine Zeit in der Hölle

admin | February 13th, 2008 | Autoren | Keine Kommentare »

KZ Auschwitz: die Schuld der Überlebenden. Shlomo Venezia ist einer der wenigen Überlebenden des Sonderkommandos von Auschwitz. Jetzt erinnert er sich. "Es geschah nur wenige Tage nach unserer Ankunft. Ein Kapo kam zu uns und fragte, ob wir eine Zusatzarbeit verrichten könnten, er gäbe uns dafür eine doppelte Ration Suppe. Alle wollten mit ihm gehen, denn der Hunger war stärker als alles andere." Mit diesen Worten erinnert sich Shlomo Venezia an seine Anwerbung als "Hilfskraft" im KZ Auschwitz 1944. Der 21-jährige Jude muss Leichen aus einem "Zwischenlager" mit einem Karren ins Krematorium bringen, wo sie danach verbrannt werden. Später wird er "befördert". Als Mitglied des "Sonderkommandos" soll es fortan zu seinen Aufgaben gehören, die Todgeweihten in die Gaskammer zu führen, ihnen etwas vom Duschen vorzulügen, sie zu entkleiden, die Toten dann ins Krematorium zu schaffen uns zu verbrennen. 400 bis 500 Menschen sind das täglich, darunter auch Verwandte des jungen

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Mansfield Park

admin | February 12th, 2008 | Belletristik | Keine Kommentare »

Jane Austen Es sei ihr ironister Roman, sagen die einen. Andere meinen, es ihr Bester. Mit viel Ironie schrieb die englische Schriftstellerin Jane Austen (1775 – 1817) die Geschichte der Fanny Price, die aus bitterarmen Verhältnissen in die reiche Familie eines Onkels geschickt wird, auf den Herrensitz Mansfield Park. Richtige Aufnahme in den Stand der Familie fand sie trotz ihrer Vorzüge durch Charakter und Benehmen nie. Sie wuchs auf und litt, ständig wird ihr der Standesunterschied vor Augen gehalten. Mit Ausnahme des angehenden Geistlichen Edmund, zu dem sie sich hingezogen fühlt und aus einer Jugendfreundschaft eine Liebe erwächst. Durch einen großen Spannungsbogen führt der Roman mit viel Wortwitz und Esprit durch Gesellschaftsabende, Annährungsversuchen bis zu schlimmen Geheimnissen auf den Plantagen in Antigua. Fanny Price kämpft für Ihre Würde, ihre Eigenständigkeit und ihre Liebe. Ein Klassiker, den man wieder aus dem Regal nehmen oder kaufen muss. Urs Heinz Aerni Das Buch:Jane

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Literatur im Fernsehen

admin | February 11th, 2008 | Preise und Events | Keine Kommentare »

Paul Bowles Diese Woche im Fernsehen: 11. Februar, 21 Uhr, ARD: Damals nach dem Krieg, Dokumentation (Deutschland 2008) – erste Folge des zeitgeschichtlichen Vierteilers, begleitend zum Buch von Sven Reichardt und Malte Zierenberg, mit zahlreichen Zeitzeugenberichten und neu ausgewertetem Archivmaterial. 11. Februar, 21 Uhr, Arte: Verhängnis, Spielfilm (Frankreich 1992, Regie: Louis Malle, mit Jeremy Irons und Juliette Binoche) – kühl stilisiertes Erotikdrama um den englischen Diplomaten Stephen, der sich die Freundin seines Sohnes verliebt. Nach dem gleichnamigen Roman von Josephine Hart. 12. Februar, 14.55 Uhr, Arte: Die kleine Lili, Spielfilm (Frankreich, Kanada, 2003, Regie: Claude Miller, mit Ludivine Sagnier, Michel Piccoli) – wortreiches Liebesdrama und Erörterung wahrer Kunst in beschaulichen Bilder. Freie Adaption nach Anton Tschechows Klassiker "Die Möwe". 12. Februar; 00.30 Uhr, SWR, Iris, Biopic (USA, Großbritannien, 2001, Regie: Richard Eyre, mit Judi Dench, Kate Winslet) – biographisches Drama um das Schicksal der anglo-irischen Autorin Iris Murdoch. Im Alter

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Erwin Koch

admin | February 11th, 2008 | Belletristik | Keine Kommentare »

Erwin Koch (pd) Erwin Koch ist Schriftsteller und gehört zu den bekanntesten Journalisten. Ein Besuch bei ihm auf dem Lande bei Luzern. Die Wirtin stellt die Musik leiser, damit man sich versteht, hier in der Wirtsstube. Erwin Koch sitzt gelassen auf der Holzbank hinter seinem Kaffee. Ja, der Erfolg von seinem ersten Roman freue ihn schon und mache auch Mut, für ein weiteres Buch. Der ganze Zirkus im Buchgeschäft befremde ihn aber etwas. Ungewohnt sei es für ihn, man müsse fast ein bisschen darbüber lachen. Als Ehemann und Vater einer angehenden Lehrerin wohnt er im Nachbardorf, in einem anderen hat er sein Schreibbüro. Er lebt vom Schreiben. Seine journalistischen Arbeiten zum Beispiel im GEO, Spiegel oder im Magazin des Tages-Anzeigers werden gern gelesen und sind schon zweimal mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet worden. Seine Quelle für eine Reportage kann eine schlichte Notiz in der Zeitung sein. Zuerst sind die Fragen da,

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Ein Ball, der in die Kreuzecke zischt …

admin | February 11th, 2008 | Autoren | Keine Kommentare »

Der österreichische Autor Egyd Gstättner hat die EURO 2008 bereits angepfiffen – zumindest in seinem jüngsten Buch "Feine Fallrückzieher". Darin rechnet er mit gnadenlos ironischem Blick mit der Welt des Fußballs ab – und preist ihre durchdringende Schönheit. Egyd Gstättner im Interview mit Seite 4. Herr Gstättner, was ist für Sie das Faszinierende am Fußballsport?Fußball ist ein Spiegelbild des Lebens, des öffentlichen und privaten Lebens. Fußball ist der letzte Rest an Kindheit, den man sich erhalten kann, letztlich einer der wenigen Bereiche im Leben, in dem man Kind bleiben darf. Der Fußball bewahrt die Bilder meiner Kindheit, zumal sich das Spiel selbst ja nicht verändert hat: Zwei Mannschaften treten mit einem Ball gegeneinander an. Ich erinnere mich aber darüber hinaus, welche Qual es für meinen Vater war, auf mein Flehen und Drängen hin an einem Fußballplatz nicht einfach vorbeizufahren, sondern für ein paar Minuten anzuhalten und zuzusehen. Für ihn war

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Nach Hause schwimmen

admin | February 10th, 2008 | Belletristik | Keine Kommentare »

Wilbur, gerade mal 1,50 Meter groß, ist wirklich kein Glückskind: Seine irische Mutter stirbt bei der Geburt, sein schwedischer Vater macht sich aus dem Staub, und sein erstes Zuhause ist der Brutkasten… Erst als seine Großeltern ihn nach Irland holen, erfährt er, was Heimat ist. Doch das Glück währt nicht lang: Sein bester Freund kommt in die Erziehungsanstalt, und seine Großmutter Orla stirbt bei einem Unfall. Auch wenn er gern so stark wäre wie Bruce Willis: Er ist und bleibt ein Verlierer. Erst die charmante Aimee bringt ihm etwas anderes bei: Wilbur muss endlich lernen, zu leben – ob er will oder nicht. Rolf Lappert hat einen großen Roman über das Erwachsenwerden eines kleinen, an der Welt verzweifelnden Jungen geschrieben, der durch seine bezwingende Komik mitreißt. pd Rolf LappertNach Hause schwimmenRomanHanser544 SeitenFester EinbandPappbandMit SchutzumschlagISBN-10: 3-446-20992-1ISBN-13: 978-3-446-20992-3

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Tote Hose

admin | February 10th, 2008 | Biografien | Keine Kommentare »

Ein offenes Buch über ein Geheimnis, das von vielen Männern getragen wird. Wie penisgesteurt sind die Männer? Spätestens dann, wenn nichts mehr geht, wird klar, was fehlt. Die Erfahrung musste Walter Raaflaub machen. Er ist 65 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und den beiden Söhnen im idyllischen Schönried. Die Gegend bei Gstaad im Berner Oberland nennt man auch Sonnenterrasse. Trotzdem fand sich Raaflauf nicht mehr auf der Sonnenseite des Lebens. Ursprünglich war er Lehrer und via zweitem Bildungsweg studierte er Medizin um später eine eigene Praxis zu eröffnen. Des weiteren widmete er sich dem Bücherschreiben, die Biografie über den bekannten Skirennfahrer Michael von Grünigen war sein letztes, vor diesem schonungslosen Bericht über sein eigenes Leiden mit Prostatakrebs, das nun in die Buchhandlungen kam. Nichts geht mehr Ob Wasser lösen und Sex, beides gehört zum Alltag und Leben eines jeden. Bis eines Tages das eine nur noch unkontrolliert und

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Buchhandlung im Chalet

admin | February 9th, 2008 | Preise und Events | Keine Kommentare »

Alexandra Vogel (Bild: pd) Dielsdorf liegt im ländlichen Teil des Kantons Zürich und im Dorfkern befindet sich die kleine Buchhandlung "Zum Geeren". Ein Besuch. Sie ist jung, und sprüht vor Unternehmensgeist. Alexandra Vogel heißt sie und nennt zwei Pferde aus Irland und ein Schmuckstück von Buchhandlung ihr eigen. Vor bald vier Jahren übernahm die heute 29-jährige Buchhändlerin den Laden, in dem sie ihre Ausbildung genoss.Und für wahr, sie genießt heute noch ihr Bücherreich auf zwei Stockwerken in einem Häuschen, das mitten im Dorf steht und an ein Chalet erinnert. Dielsdorf liegt zwischen sanften Hügeln und ab und zu hört man das Rumoren des Flughafens Zürich. Nach der Lehre bereiste sie Irland und von dort "brachte sie zwei Pferde als Souvenir nach Hause", lacht sie. Dann genoss sie das Leben auf der Alp und beruflich sammelte sie Erfahrungen während den letzten Tagen in der legendären Buchhandlung Oprecht in Zürich und in

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Durchkommen und Durchmogeln

admin | February 8th, 2008 | Uncategorized | Keine Kommentare »

Schwarzmarkt nach dem Krieg: Kaugummi, Nylonstrümpfe und Lucky StrikesFoto: privat Beleitend zum ARD-Vierteiler "Damals nach dem Krieg" erschien jetzt das gleichnamige Buch. Eine Untersuchung deutscher Befindlichkeit, die noch heute nachdenklich macht. Deutschland, Sommer 1945. Trümmer, Vertriebene, Hunger, Ratlosigkeit. Und nur bei den Allerwenigsten die Ahnung eines schlechten Gewissens. Wer Brot braucht, der fragt nicht nach Moral. So lässt sich die nationale Stimmung zusammenfassen, die das Autorenduo Reichardt und Zierenberg als Ausgangspunkt ihrer lesbaren und informativen Studie macht. Kaugummis und Lucky Strikes, schwarze GIs und mongolische Besatzer, Schwarzmarkt und Elend prägten das Bild vieler Städte. Von Hoffnung war nicht viel zu spüren; das Gefühl des Besiegtseins war in der überwältigenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung vorherrschend. Die Nürnberger Prozesse waren fast allen egal; sie wurden trotz aggressiver Berichterstattung kaum wahrgenommen. Von Schuld keine Spur. "So wird die bei der Versorgung erprobte Strategie des Improvisierens kurzerhand in den Bereich des Politischen übertragen – Durchkommen und

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