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Die 5 W-Fragen politischer Beteiligung: Wer soll an was, womit, wie und wozu beteiligt werden?

2. September 2011
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Mit den folgenden 5 Fragestellungen soll dem Leser eine Struktur an die Hand gegeben werden, mit der bestehende und zukünftige politische Beteiligungsmöglichkeiten besser bewertet werden können.

1. WER soll sich beteiligen?
Das erste W beschäftigt sich mit der Frage wer beteiligt werden soll. Dies erscheint auf den ersten Blick trivial. In vielen Fällen liegt es tatsächlich auf der Hand, wer zum Teilnehmerkreis gehören soll: Das Programm einer Partei sollten die Mitglieder der Partei festlegen, für die Gestaltung ihres Sandkastens sollten Vorschläge von den Kindergartenkindern gemacht werden, die ihn später benutzen. Bei anderen Beteiligungsmöglichkeiten wird es jedoch schwieriger. So ist beispielsweise umstritten, ob Parlamente nur von Staatsangehörigen oder von allen Bewohnern gewählt werden sollen oder wie sich dies bei Volksabstimmungen verhalten soll. Grundsatz bei dieser Frage muss das demokratische Prinzip sein, dass diejenigen entscheiden sollen, die von einer Entscheidung betroffen sind. Eine eindeutige Festlegung ist in jedem Falle notwendig.

Es muss vor der Durchführung der Beteiligung genau geregelt sein, wer teilnahmeberechtigt ist und auch wie dies geprüft wird.

2. WAS ist der Gegenstand der Beteiligung?
Bei einer Beteiligung muss es um einen Sachverhalt oder eine Menge von Sachverhalten gehen. Der Umfang des oder der Sachverhalte kann sehr unterschiedlich sein. Der Sachverhalt kann klar umgrenzt sein, z. B. eine einmalige Bürgerbeteiligung bei einem Baugenehmigungsverfahren oder auch sehr weit gefasst, wie z. B. die dauernde Beteiligung der Mitglieder an allen Belangen einer Organisation.

Es muss vor der Durchführung der Beteiligung eindeutig geregelt sein, was der Gegenstand der Beteiligung ist.

3. WOMIT soll sich beteiligt werden?
Die Frage nach dem womit betrifft die eingesetzten Mittel. Je nach Teilnehmerkreis sowie Gegenstand und Ziel der Beteiligung sind unterschiedliche Mittel geeignet. Aus dem Spektrum von Mitteln wie u. a. persönlichen Diskussionen, Anhörungsverfahren, Meinungsbildern und Abstimmungen per Handzeichen, Wahlen und Abstimmungen per Urne sowie Aussprachen auf Mitglieder- und Delegiertenversammlungen, Urabstimmungen, elektronischen Diskussionen oder Liquid Democracy gilt es jeweils das geeignete auszuwählen.

Es muss vorher eindeutig geregelt werden, mit welchem Mittel eine Beteiligung durchgeführt wird.

4. WIE wird das Mittel verwendet?
Die Auswahl der richtigen Mittel alleine reicht jedoch nicht aus. Es sind – je nach eingesetztem Mittel – z. B. Quoren und nötige Mehrheiten, Fristen, Termine und die Art der Akkreditierung vor der Beteiligung festzulegen. Bei allen Mitteln sind auch bei den praktischen Fragen des Einsatzes immer die demokratischen Grundsätze zu beachten, dass jedem Teilnehmer eine Stimme zusteht und dass die Vorgänge überprüfbar sein müssen. Bei Urnenwahlen oder Urabstimmungen muss z. B. die Urne und die Auszählung beobachtet werden können. Bei offenen Abstimmungen muss sehr genau und ggfs. mehrfach gezählt werden und bei größeren Gruppen sind Stimmkarten nötig. Grundsätzlich – insbesondere bei elektronischen Abstimmungen –  ist zu beachten, dass demokratische Verfahren nur dann überprüfbar sein können, wenn sie offen stattfinden oder eine echte Wahlurne zum Einsatz kommt.

Bevor die Beteiligung durchgeführt wird, muss genau festgelegt werden, wie das Mittel im Detail eingesetzt werden soll.

5. WOZU dient die Beteiligung?
Eine eigene und die abschließende Frage bildet das “danach“. Wozu dient die Beteiligung und welche Auswirkung soll sie haben? Soll nur die Meinung der Teilnehmer erhoben werden, sollen unverbindliche Empfehlungen an ein Gremium ausgesprochen werden oder sollen verbindliche Entscheidungen getroffen werden? Diese Frage ist von besonderer Bedeutung für die Teilnehmer, denn deren Motivation ist in besonderem Maße von den aus der Beteiligung resultierenden Einflußmöglichkeiten abhängig.

Welche Auswirkungen die Beteiligung haben soll, muss festgeleget werden, bevor sie durchgeführt wird.

Schlußworte
Bitte denkt immer, wenn ihr eine Beteiligungsmöglichkeit bewerten oder erschaffen wollt, an die 5 W-Fragen der Beteiligung:

WER soll an WAS, WOMIT, WIE und WOZU beteiligt werden?

Im vorangegangenen Beitrag 5 Jahre Liquid Democracy in Deutschland sind diese Fragen auch ein Teil der Betrachung des praktischen Einsatzes von Liquid Democracy.

6 Comments leave one →
  1. anm. permalink
    25. September 2011 22:06

    Ich finde Punkt 5 etwas merkwürdig.

    WOZU dient die Beteiligung?

    Beteiligung dient der Demokratie und ist dabei mit ihr identisch. Sie hat zwar auch allerhand konkrete Vorteile gegenüber anderen Systemen (Weisheit der Massen, Konfliktminimierung/Akzeptanz, Evolution durch Ideenwettbewerb, etc.), aber das gar nicht der Punkt. Sie muss gar nicht gerechtfertigt werden, es ist einfach von vornherein ureigenstes Recht eines jeden, sich zu beteiligen. Punkt. Wenn man anfängt zu fragen, was das bringen soll, wozu es dienen soll, zäumt man das Pferd sowieso schon falschherum auf.

    • jbebln permalink*
      27. September 2011 19:17

      Hier ist nicht die Frage nach dem Sinn und Zweck der Demokratie gemeint sondern es geht darum, bei einer konkreten Beteiligungsmöglichkeit festzulegen, welche Auswirkungen diese Beteiligung ganz konkret haben wird. Eine Beteiligungsmöglichkeit ohne direkte Auswirkung wird Teilnehmer weitaus weniger dazu motivieren sich einzubringen als Verfahren deren Ergebnisse unmittelbare Folgen haben (z.B. Zusammensetzung eines Parlamentes, Beschlussfassung eines Gesetzes oder Behandlung eines Antrags in einem bestimmten Gremium).

      • anm. 2 permalink
        30. September 2011 15:47

        Ok, das verstehe ich, dann meinen wir wohl das selbe, bleibt nur die Frage “wer legt das wozu fest”? Im Zweifelsfall muss das wozu auch aus der Basis kommen. Sonst hat man eine Situation wie bei der Bürgerbeteiligung bei Stuttgart21: Dort erklärte der Versammlungsleiter dem erstaunten Publikum, dass Bürgerbeteiligun jetzt nicht heißt, dass sie über Umbau ja/nein entscheiden dürfen, sondern irgendwas anderes. Wenn man das “wozu” also “von oben” eingrenzt (“soll das Atomkraftwerk rosa oder weiß gestrichen werden – ihr entscheidet”) und jemand sagt, “moment mal, ich möchte eigentlich gar kein Atomkraftwerk!”, muss es ja auch möglich sein, eine Metaebene höher zu gehen.

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