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Über Geisterstunden vor Halloween und den Sommer der IndianerInterview mit Stefan Melneczuk, geführt von Florian Hilleberg am 08. Dez. 2009.Lieber Stefan Melneczuk, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst meine Fragen zu beantworten. Welchen Beruf hast Du erlernt? War die Schriftstellerei schon immer Dein geheimer Wunsch? Nach meinem Geschichtsstudium in Bochum wurde ich Journalist und arbeite bis heute als Redakteur in Wuppertal so dass ich ruhigen Gewissens von mir sagen kann, dass ich schreibend mein Geld verdiene. Die literarische Arbeit ist so etwas wie ein Gegenpol, ein Ausgleich. Viele Anregungen finde ich als Journalist, da ich ständig mit Menschen und ihren Geschichten zu tun habe, eine alles in allem spannende Kombination. Schreiben verstehe ich daher immer auch als Handwerk. Du schreibst vornehmlich düstere Phantastik. Hattest Du jemals Ambitionen Dich literarisch in einem vollkommen anderen Genre auszutoben? Auch wenn das seltsam klingt: In der Dunkelheit bin ich literarisch seit jeher zu Hause, obwohl ich an sich ein sehr weltoffener Mensch bin. Den Abend und die Nacht ziehe ich aber immer dem Tag vor. Mit der Zeit fand aber immer wieder auch schwarzer Humor den Weg in meine Geschichten zuletzt beim Leichen im Keller-Liveprogramm mit dem Wuppertaler Musiker und Songschreiber Sascha Gutzeit. Konzertlesungen machen mir großen Spaß. Mein nächstes Projekt ist übrigens ein Krimi, und ich habe auch die Idee zu einem Roman über den Zweiten Weltkrieg aber das liegt noch in weiter Ferne. ![]() Stephen King, Edgar Allan Poe, Thomas Harris ich lese quer durch den Garten. Maßgeblich waren und sind Kings Short Stories. Niemand schafft so beklemmende Charakterstudien wie Stephen King. Es und Shining sind mir die liebsten Romane ebenso wie Roter Drache. Wovon lässt Du Dich inspirieren? Oft sind das Randnotizen im Alltag, manchmal reicht auch schon ein Blick in die Nachrichten. Was mich derzeit sehr bewegt, ist das Debakel in Afghanistan und die Gleichgültigkeit, die wir in Deutschland beim Blick dorthin kultiviert haben, gerade wenn es um Krieg und Begriffspolitik geht. Beides ist und bleibt ein schmutziges Geschäft. Ich habe übrigens immer ein Notizbuch in greifbarer Nähe, sollte ich eine Story-Idee haben. Wie sieht ein Arbeitstag im Leben von Stefan Melneczuk aus? Gibt es eine bestimmte Tageszeit, in der Du besonders kreativ bist? Ich nutze die Morgenstunde zwischen 7 und 8 Uhr früh, um an Texten zu feilen, oder aber den Feierabend nach langen Tagen im Büro. Feste Schreibzeiten habe ich allerdings nicht. Morgens ist der Geist klarer. Welches Deiner Bücher würdest Du empfehlen, wenn man bislang keinen Deiner Texte kennt? Schwierige Frage. Ich glaube aber, die Geisterstunden-Sammlung beim Blitz-Verlag mit 31 unheimlichen Kurzgeschichten bietet einen guten Querschnitt. Wer lieber Romane mag: Im nächsten Jahr wird bei Blitz der Marterpfahl neu aufgelegt, was mich überaus freut. Welche Art von Literatur bevorzugst Du privat? Ist im Prinzip schon beantwortet. Ich lese die Romane und Short Stories von Kollegen naturgemäß mit einem analytischen Auge. Marterpfahl ist Dein erster komplexer Roman, der von der Kritik positiv angenommen wurde. Wie kam es zu der Umsetzung des Projektes? Die Idee, aus der gleichnamigen Short Story einen Roman zu machen, hatte ich schon vor einigen Jahren und irgendwann war es soweit, so dass ich die Rohfassung geschrieben habe. Damals war mir allerdings noch nicht klar, dass damit die eigentliche Arbeit erst begonnen hatte: Der Feinschliff nahm fast zwei Jahre in Anspruch, zumal das die erste Arbeit dieser Art war. Um so glücklicher war ich, als es gute Kritiken gab. Das war fast schon unheimlich. Wann folgt der nächste längere Text aus Deiner Feder? Schwer zu sagen. Wie gesagt, ich arbeite derzeit an einem Krimi oder genauer gesagt an einem Thriller mit kleiner Besetzung, aber in Romanform. 2011 soll das Buch stehen, aber ich bin Perfektionist und lasse meine Manuskripte erst spät los. Zuletzt ist mit Geisterstunden vor Halloween aus dem BLITZ-Verlag ein weiterer Band mit Kurzgeschichten erschienen. Viele der darin enthaltenen Storys enthalten durchaus Potenzial für größere Werke. Dürfen wir dahingehend noch etwas erwarten? Vielen Lesern gefällt Der Kongress was vielleicht auch mit dem Boom der Vampir-Literatur zu tun hat. Ich könnte mir vorstellen, eines Tages tiefer in diesen Rahmen einzusteigen und wie gesagt, auch ein Kriegsbuch halte ich nicht für ausgeschlossen. Alles zu seiner Zeit. ![]() Okay, an der Neuausgabe des Marterpfahls habe ich bereits einige Wochen gefeilt, im April 2010 ist es dann so weit. Es wird darin einige neue Passagen und Erinnerungen an die 80er Jahre geben, die es damals nicht ins Taschenbuch schafften, weil der Platz seinerzeit begrenzt war. Auch in einer bergischen Krimi-Anthologie bin ich im nächsten Jahr vertreten, was mich ebenfalls freut. Die Kurzgeschichte, insbesondere im Genre Düstere Phantastik, fristet in Deutschland immer noch ein Schattendasein. Woran mag das Deiner Meinung nach liegen? An dem Vorurteil, dass die Leute angeblich lieber einen mittelmäßigen und in die Länge gezogenen Roman als eine gute und auf den Punkt geschriebene Short Story lesen, was im Grunde genommen Unsinn ist: Immer mehr Leute haben immer weniger Zeit, sich auf 1200-Seiten-Wälzer einzulassen oder sie brauchen einige Wochen, um diese dann zu bewältigen. Da ist eine Short Story nach Feierabend einfach die angenehmere und befriedigendere Variante, eine in sich geschlossene Geschichte, bevor das Licht ausgeht. Eine spannende Story auf nur wenigen Seiten zu erzählen, ist manchmal weitaus schwieriger, als das auf 300 Seiten zu tun. Schauergeschichten werden in Deutschland außerdem als Trivialliteratur abgestempelt zu Unrecht. Was ist dem Menschen Stefan Melneczuk wichtig? Gesundheit. Naturgemäß befasse ich mich in meinem Genre immer wieder mit Abgründen, Verlusten oder aber der Angst davor. Da wird man selbst für sich bescheiden. Glaube spielt auch für mich eine zentrale Rolle und die tägliche Arbeit daran. Stefan, ich bedanke mich ganz herzlich für dieses Interview. Weitere Interviews mit Stefan Melneczuk
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