Michael Kroker im Wirtschaftswoche-Blog Look @ IT:

Eine aktuelle Studie belegt erneut: Die Ablehnung von Facebook, Twitter & Co. ist in Deutschland höher als in allen anderen Industrienationen.

[..] Deutschland rangiert dagegen am unteren Ende der Skala. Zwar ist der Nutzungsgrad von 34 Prozent aller Erwachsener noch im unteren Mittelfeld. Doch der Anteil der Verweigerer von sozialen Netzwerken ist mit 46 Prozent der Befragten der höchste unter allen betrachteten Staaten.

Das ergab eine Befragung von 26.000 Menschen in 21 Ländern durch das Pew Research Center.

Das hat natürlich einen ganzen Strauß an Gründen, die man niemals komplett erfassen könnte. Einen Grund sehe ich in der Ablehnung der Deutschen von Experimenten, in der starken Risikoaversion unserer Gesellschaft und der Vorliebe von geordneten vor chaotischen Verhältnissen. Einen zweiten Grund sehe ich in der sehr negativen Berichterstattung der deutschen Presse. Sowohl Print als auch TV berichtet hierzulande seit Jahren fast ausschließlich negativ über das Internet und dabei natürlich besonders über das Trendthema der letzten Jahre, die Social Networks. Große Titelstories sind immer mit Skandalen oder Risiken verbunden.

Aus Sprachkenntnisgründen kann ich nur die Verhältnisse mit den USA und Großbritannien vergleichen. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Ländern und Deutschland aber sind erschreckend.

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Aktuelles 19. Dezember 2012

by Marcel Weiß on 19. Dezember 2012

in Kurz

Lesenswerte Analysen, Hintergrundberichte und interessante News:

Weitere Linktipps zu lesenswerten Artikeln.

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Instagram: Nein, wir wollen Eure Fotos nicht verkaufen

by Marcel Weiß on 19. Dezember 2012

in Social

Instagram-CEO Kevin Systrom reagiert im Blog auf das Medienecho. Thank you, and we’re listening – Instagram Blog:

Advertising on Instagram From the start, Instagram was created to become a business. Advertising is one of many ways that Instagram can become a self-sustaining business, but not the only one. Our intention in updating the terms was to communicate that we’d like to experiment with innovative advertising that feels appropriate on Instagram. Instead it was interpreted by many that we were going to sell your photos to others without any compensation. This is not true and it is our mistake that this language is confusing. To be clear: it is not our intention to sell your photos. We are working on updated language in the terms to make sure this is clear.

To provide context, we envision a future where both users and brands alike may promote their photos & accounts to increase engagement and to build a more meaningful following. Let’s say a business wanted to promote their account to gain more followers and Instagram was able to feature them in some way. In order to help make a more relevant and useful promotion, it would be helpful to see which of the people you follow also follow this business. In this way, some of the data you produce — like the actions you take (eg, following the account) and your profile photo — might show up if you are following this business.

The language we proposed also raised question about whether your photos can be part of an advertisement. We do not have plans for anything like this and because of that we’re going to remove the language that raised the question. Our main goal is to avoid things like advertising banners you see in other apps that would hurt the Instagram user experience. Instead, we want to create meaningful ways to help you discover new and interesting accounts and content while building a self-sustaining business at the same time.

Zwischen den Zeilen lese ich als eine mögliche Richtung der Werbung auf  Instagram heraus, kontextuelle Werbung anzuzeigen anhand zum Beispiel der Orte an denen Fotos gemacht wurden oder was fotografiert wurde. Auch Promoted Accounts klingen wie ein No-Brainer. Ergibt alles Sinn und ist konsistent mit der Art und Weise der Communitybasis. (Ob man das dann im einzelnen als User mag, ist eine andere Frage.)

Völlig überraschend will Instagram also doch nicht in das Fotoagentur-Geschäft einsteigen. In den Printausgaben der Tageszeitungen vom 19.12. werden viele Artikel zu Instagram erscheinen; allein im Berliner Tagesspiegel stehen drei, mit einem auf der Titelseite. Wenn wir die Antwort darauf nicht bereits wüssten, könnten wir uns nun fragen, wie viele Folgeartikel mit Richtigstellungen online und im Print zu diesem Thema erscheinen werden.

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Das sind allein die Artikel, die es in den letzten Stunden auf die Startseite von Rivva geschafft haben. Jeder dieser Artikel hat hunderte von Tweets und Facebook-Likes erhalten. Keiner dieser Artikel stellt die Sachlage korrekt dar.

Google News zählt aktuell allein 1.820 Artikel mit den Wörtern “Instagram” und “verkaufen”.

Wird einer der Autoren irgendwann darüber berichten, dass Instagram doch keine Nutzerfotos verkauft? Haben sie sich die Debatten zu anderen ToS-Änderungen angeschaut und darauf hingewiesen, dass die damals beschriebenen Horrorszenarien nicht eingetreten sind, weil dieser Vergleich einen sinnvollen Kontext herstellen würde?  

Denn es passiert immer wieder und die Journalisten, die die Experten sein sollten, die dem im Social Web aufgebrachten Volk erklären, was genau gerade passiert, gehören selbst zu den aufgebrachten Laien.

Die in den meisten Artikeln zur Schau gestellte, hirnrissige Sichtweise auf Webdienste, die tief im Wesen vieler deutscher Journalisten verankert zu sein scheint, informiert die Bürger nicht nur falsch und hat mit gesundem Menschenverstand nichts mehr zu tun, sie ist, glaube ich, auch ein Beweis dafür, warum die Reihen in den Redaktionen beim Thema Leistungsschutzrecht trotz der begleitenden Skandale so geschlossen sind.

Wer sein Wissen über die Internetwirtschaft aus Titelstories im Spiegel und Focus und den Ressorts von Welt bis Süddeutsche bezieht, der bekommt ein erstaunlich einheitliches, verzehrtes Bild: Im Silicon Valley sitzt der amerikanische Feind, der seine Nutzer, diese willfährigen Sklaven, die man vor sich selbst retten muss, ausnutzt, wo es nur geht. Die kalifornischen Datenkraken spähen ihre Nutzer aus und wollen jedes Datenfitzelchen an jeden verkaufen, der sie haben möchte. (Entgegen den deutschen Datenkraken natürlich.) Mit ihrem Erzkapitalismus walzen sie ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Gefangene zu machen über unsere deutschen Unternehmen, die sich doch bemühen, nach Regeln zu spielen, die für die Amis nicht gelten. Die halten sich ja nicht einmal an Gesetze! Google klaut! Die ganze Zeit! Google News nimmt unsere Artikel und macht damit, was es will. Und die anderen sind bestimmt auch nicht besser! Das liest man seit Jahren in jeder Zeitung, also muss es stimmen.

Seit Jahren amüsieren wir uns über oder verzweifeln wahlweise an dieser Berichterstattung. Je renommierter eine Publikation in Deutschland, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in den letzten Jahren sehr viel einseitigen und oft offensichtlich faktisch falschen Quatsch über Internetunternehmen veröffentlicht hat.*

Manche stricken wildeste Verschwörungstheorien, warum das geplante Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse, das doch in den Augen von uns, die sich täglich im Web bewegen, so offensichtlich fehlgeleitet ist, trotzdem von den führenden Presseverlagen und ihren Redaktionen vorangetrieben wird.

Dabei ist die Antwort so einfach wie schrecklich: Die überwiegende Mehrheit der deutschen Journalisten hat ein simples, verzerrtes Bild vom Web und den Unternehmen darin. Dieses Bild ist überwiegend negativ bis maximal skeptisch und zeigt sich jedes Mal, wenn über Webdienste berichtet werden muss. Denn dieses Bild formt natürlich Berichterstattung über und Haltung zu allen Internetthemen.

Die deutsche Presse ist mehrheitlich auch nach Jahren nicht in der Lage, halbwegs objektiv über erfolgreiche, also große, in der Regel aus den USA kommende Webdienste zu berichten. Das lässt sich nur mit Vorurteilen gegenüber der Internet-Branche erklären.

Wenn dank eines Leistungsschutzrechts auf user generated content setzende Plattformen wie Instagram, Tumblr oder Twitter aus Deutschland verschwinden würden, weil sie der Lizenzzahlungspflicht nicht nachkommen wöllten, was wäre dann daran so schlimm? Das deutsche Volk würde damit als Nebeneffekt noch dafür beschützt, sich von diesen Diensten ausbeuten zu lassen. Und überhaupt, sind das nicht sowieso alles Klowände, die unserer Hochkultur eher schaden? Im besten Fall sind es Spielzeuge, auf die wir auch verzichten können, wenn der Preis der Erhalt unserer Presse (und, hoppla, wie passend, unserer Arbeitsplätze) ist.

Was wir viel zu lang in seiner Tragweite vielleicht nicht ernst genug genommen haben, ist eine täglich sichtbare Schere, die wir wie den Wald vor lauter Bäumen nicht wahrhaben wollten:

Die Webfeindlichkeit der meisten deutschen Journalisten, worin auch immer sie begründet sein mag, ist das größte Hindernis für Deutschland als Wirtschaftsstandort als auch als Gesellschaft auf dem Weg in ein 21. Jahrhundert. Diese Webfeindlichkeit ist in den letzten Jahren aufgrund der wirtschaftlichen Probleme der Verlage nicht zurückgegangen.

Das geplante Presseleistungsschutzrecht ist die furchteinflößendste Folge dieser destruktiven Einstellung der deutschen Presse.

Aber wir können die Resultate auch an vielen anderen Stellen sehen.

Etwa daran, dass der Politik auch 2012 das Internet noch mehrheitlich egal war. Oder daran, dass die Rahmenbedingungen für Internetunternehmen von Datenschutz über Button-”Lösung” im E-Commerce bis hin zu Cookie-Gesetzen (auf von Deutschland gesteuerter EU-Ebene) und Abmahnwahn dank Impressumswahn tendenziell eher schlechter statt besser werden. Und man kann es eben auch sehen an der schlicht falschen Berichterstattung en masse, wann immer ein Social-Web-Dienst seine ToS ändert, an die Börse geht oder Microsoft eine Studie veröffentlicht.

Wir haben keine angemessene Berichterstattung über diese Themen, weil die Expertise der damit beauftragten deutschen Journalisten so aussieht, dass sie mehrheitlich glauben, ein Webdienst, der darauf angewiesen ist, dass dessen Nutzer ihre Fotos hochladen, diese Fotos ohne Zustimmung der Nutzer an andere verkaufen wollen würde.

Zur Expertise der jeweiligen Journalisten zählt also nicht einmal grundlegende Logik.

 

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*Es gibt natürlich immer Ausnahmen. Zu diesen zählen wie immer bei diesen Themen die Publikationen des heise-Verlags, welche sich schon immer wohltuend vom Rest der deutschen Presselandschaft abgesetzt haben.

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Jürgen Kuri auf Google+ über die aktuelle Aufregung zu den Änderungen der Terms of Service (ToS) bei Instagram:

Wenn ich das richtig verstehe, hat Instagram aber an den Rechten der User an ihren Bildern gar nix geändert. Es geht lediglich um einen Absatz: http://instagram.com/about/legal/terms/updated/

“Some or all of the Service may be supported by advertising revenue. To help us deliver interesting paid or sponsored content or promotions, you agree that a business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos (along with any associated metadata), and/or actions you take, in connection with paid or sponsored content or promotions, without any compensation to you.”

Da geht es, wenn ich das richtig verstehe, doch lediglich darum, dass Instagram personalisierte Werbung verkaufen will, bei der Anzeigenschalter auf Instagram oder anderen Facebook-Firmen die Daten der Instagram-User benutzen. Davon kann man halten, was man will – aber von “Bilder verkaufen” oder gar “Bilderdienst, der Getty Konkurrenz macht”, wie heute befürchtet, ist da keine Rede…

Die Änderungen betreffen ‘lediglich’ die Möglichkeit für Instagram, die Fotos für personalisierte Werbung innerhalb des Dienstes zu verwenden. Also genau das, was wir mit Likes in gesponserten Feedeinträgen beim Instagrambesitzer Facebook bereits kennen.

 Das muss man nicht mögen. Man kann deswegen aufhören, Instagram zu benutzen.

Aber es gibt darüber hinaus keine finsteren Pläne bei Instagram, mehr mit den Fotos der Nutzer zu machen.

Die aktuelle, hysterisch geführte Debatte ist nicht neu. Immer wenn ein Dienst seine ToS/AGB ändert, führen wir die gleiche Diskussion. Im Mai 2011 war es TwitPic, das seine AGB änderte. Damals schrieb ich:

Ein Dienst, der Usern das Hochladen eigener Inhalte ermöglicht, kann in der Regel auf verschiedensten Geräten abgerufen werden, vielleicht bietet er auch zusätzlich noch eine API (Programmierschnittstelle), die das Verbreiten der Inhalte an andere Dienste erlaubt. Aber auch ohne die API sieht sich der Dienst einem Problem gegenüber: Er muss in einem rechtlichen Rahmen agieren, der immer noch darauf setzt, dass Kopieren teuer ist (und das Kopieren ist streng genommen jeder Abruf der Inhalte auf der Plattform) und die Urheber geschützt werden müssen.

Wir alle sind Urheber und müssen vor jedem Kopiervorgang unserer Werke, den wir nicht genehmigt haben, geschützt werden.

Damit unter diesen archaischen Bedingungen ein Dienst wie TwitPic agieren kann, benötigt er weitreichende Befugnisse.

Damit ein Dienst wie Instagram oder TwitPic seiner Arbeit nachgehen kann, muss er von seinen Nutzern, den Urhebern, alle Rechte einholen, um die hochgeladenen Werke zu verarbeiten. Man muss die ToS immer vor diesem Hintergrund lesen.

Macht man das nicht, sehen die ToS bei Diensten mit User Generated Content immer so aus, als würde zum Beispiel morgen Facebook mit unseren Urlaubsfotos Plakate in den deutschen Großstädten bestücken lassen oder Instagram die klischeehaftesten Sonnenuntergänge an RTL2 verkaufen.

Nichts ist weiter weg von der Wahrheit. Im Mai 2011 schrieb ich:

Ein bisschen gesunder Menschenverstand und die Frage, was ein Unternehmen für sein langfristiges Überleben machen kann und was nicht, reichen in der Regel aus, um AGB-Hysterien zu begegnen.

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INSM gegen Presseleistungsschutzrecht

by Marcel Weiß on 17. Dezember 2012

in Netzpolitisches

Johannes Eber im Blog der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft:

Es gibt ein eingängiges vermeintliches Argument pro Leistungsschutzrecht. Nämlich dass Google von den Verlagen profitiere, und deshalb auch dafür zahlen solle. Denn schließlich setze Google Inhalte der Verlage auf seine Seiten und verdiene mit den daneben platzierten Anzeigen viel Geld. Ja, das stimmt. Aber das stimmt in eine Million anderer Fälle auch. Geschäftsmodelle bauen auf anderen Geschäftsmodellen auf. So ist das Geschäfts-Leben. Der Frittenbudenbesitzer macht einen Laden neben der Großbaustelle auf, um in der Frühstückspause die Bauarbeiter zu versorgen. Zeitungen berichten von Theateraufführungen und verkaufen damit Auflage. Der Orthopäde verdient sein Geld mit Rückenschäden von Millionen Büroangestellten. Warum das schöne Leistungsschutzrecht nicht auf all jene Branchen ausweiten, in denen eine Branche von der anderen profitiert. Das müssten Orthopäden an Laptop-Hersteller wie Dell und Apple Millionen zahlen, weil die stetig nach unten gebeugte Kopfhaltung beim Bedienen der Geräte die Wirbelsäule schädigt. Eine solches Leistungsschutzrecht klingt absurd. Weil es absurd ist.

Sein Fazit:

Das Leistungsschutzrecht ist also ordnungspolitischer Blödsinn. Und die Argumentation der Verlage schon deshalb lächerlich, weil die Verlage von Google mindestens ebenso profitieren wie Google von den Verlagen.

Gibt es eigentlich überhaupt irgendjemanden außerhalb der Presseverlage und der zu ihrer Branche gehörenden Gewerkschaften und Verbände, der für das Presseleistungsschutzrecht ist?

Mir ist in der jahrelangen Debatte keine einzige Institution, kein einziger Wissenschaftler und kein unabhängiger Experte untergekommen, der sich für das LSR ausgesprochen hätte. Entgehen hätte mir ein solcher eventueller unabhängiger Fürsprecher freilich nicht, wäre er/sie doch durch die Publikationen von Burda über SZ bis FAZ gereicht worden.

But alas: nada.

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Lawrence Lessig im Interview auf netzpolitik.org:

Meiner Ansicht nach war „nichtkommerziell“ (weniger im geschriebenen Sinn der Lizenz als im umgangssprachlichen Verständnis) ein Platzhalter für eine bestimmte kulturelle Übereinkunft, die besagt: Ich stelle dir etwas zur Verfügung und es ist völlig okay, wenn du dich daran bedienst. Aber es ist absolut nicht okay, wenn du die Früchte meiner Arbeit nimmst, um sie sonst jemandem zu verkaufen. Okay, so würde das niemand ausdrücken; es gibt einfach kein simples Wort dafür, um diese Grenzlinie zu beschreiben, zumal die Linie je nach Kontext ja auch immer anders verlaufen kann. Jedenfalls finde ich es völlig nachvollziehbar, dass du zum Beispiel eine CD mit einer Menge frei lizenzierter Musik unter nichtkommerzieller Lizenz und mit Weitergabe unter gleichen Bedingungen (Anm. CC-Lizenzelemente NC, SA) rausbringen würdest. Denn die Idee, dass Sony daraus einen Filmsoundtrack machen und damit Geld scheffeln könnte – klar, ich verstehe vollkommen, wenn jemand sagt, er will das nicht.

Ich selbst lizenziere meine Arbeiten ja komplett frei; ich wäre happy, wenn jemand meinen Kram nehmen und daraus einen Film machen würde (lacht). Aber ich denke nicht, dass jemand die schlechtere Kreative ist oder weniger der Idee Freier Kultur verpflichtet, wenn sie sagt, „wenn jemand von meiner Arbeit profitieren will, sollte er zuerst mit mir darüber reden“. Ich wünschte, wir könnten die Grenze zwischen dieser kulturellen Übereinkunft und der jeweils angemessenen kommerziellen Interaktion klarer bestimmen. Und wir grübeln ja immer noch über Methoden, wie wir die Grenzbestimmung vereinfachen können. Aber ich bleibe bei meiner Überzeugung, dass es diese Trennung gibt und dass sich Menschen ausgenutzt fühlen würden, wenn sie ihre Arbeit verfügbar machen und daraus Dritten die Möglichkeit erwächst, Geld zu verdienen, ohne dass davon etwas beim ursprünglichen Urheber ankommt.

Die Abgrenzungsprobleme bei “nichtkommerziell” (NC) gehören auch weiterhin zu den größten Herausforderungen von Creative Commons.

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Daniel A.J. Sokolov und Ingo T. Storm auf heise online über eine besonders extreme Folge des pervertierten Copyrightsystems:

Die Melodie von “Happy Birthday” soll 1893 von den Kindergärtnerinnen Patty und Mildred Hill als morgentliches Begrüßungslied zu einem Text “Good Morning to All” komponiert worden sein. Noch im selben Jahr erschien das Lied in einem Kindergartenliederbuch. Wer den geläufigeren Geburtstagstext schrieb und wann dies geschah, ist bis heute nicht sicher geklärt. Dennoch wurde die Kombination aus Melodie und Happy-Birthday-Text 1935 für Copyright registriert und sollte 1991 gemeinfrei werden. Neue Gesetze verlängerten die Schutzfrist in den USA zweimal, und so hält Warner Music das Copyright an der Kombination von Musik und Text zumindest bis 2030. In der EU soll das Urheberrecht Ende 2016 ablaufen, sofern keine weitere Fristverlängerung erfolgt.

Kein vernünftiger Mensch kann behaupten, das Recht wäre hier noch zum Wohl der Gesellschaft. Niemand kann behaupten, “Happy Birthday” wäre nicht entstanden, wenn es nicht bis 2030 nur kostenpflichtig benutzbar bleibt.

Das Free Music Archiv ruft nun zu einem Wettbewerb für ein freies Geburtstagslied auf.

Das Copyright auf “Happy Birthday” ist übrigens höchstwahrscheinlich nicht gültig. heise:

Dass der bayerische Mathematiker, Musiker und Kabarettist Dieter Paul schon 1980 nachwies, dass Happy Birthday das schamlose Plagiat eines bayerischen Volkstanzes ist, verhallte weitgehend ungehört. Doch nun hat der Rechtsprofessor Robert Brauneis die Geschichte des Liedes erforscht. Zwar hält er die Originalität für ausreichend, sieht aber das Copyright nach US-Recht als ungültig an. Es sei nicht erwiesen, wer den Text geschrieben habe, die ursprüngliche Registrierung sei ungültig, und es seien keine ordentlichen Verlängerungsanträge gestellt worden.

Das ficht Warner Music aber nicht an, für öffentliche Aufführungen Geld zu fordern.

Wer kann es Warner Music bei Einnahmen in Millionenhöhe allein in den USA verübeln?

Das ist das Problem mit exklusiven Rechten, egal ob Copyright oder Leistungsschutzrechte. Im Zweifel werden sie wahrgenommen und es wird unrechtmäßig Geld eingezogen. Ein Konzern hat eine Rechtsabteilung, die Public Domain nicht. Letztere ist systemisch so lang im Nachteil, bis die Gesetzgebung geändert wird.

Und diese müsste grundlegend geändert werden, um solche Unverschämtheiten zu beenden oder zumindest einzudämmen.

 

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Aktuelles 17. Dezember 2012

by Marcel Weiß on 17. Dezember 2012

in Kurz

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Rechtsanwalt Thomas Stadler:

Interessant im Zusammenhang mit dem Leistungsschutzrecht ist auch eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion zum Thema. Danach sieht es die Bundesregierung als offen an, ob auch soziale Netzwerke, Twitter, Dienste wie Rivva, Delicious oder Topsy betroffen sind, weil sie Nachrichten vergleichbar zu Suchmaschinen aufbereiten. Die Bundesregierung verweist insoweit lapidar auf eine spätere Klärung durch die Gerichte.

Die Bundesregierung spricht in dieser Antwort auch mehrfach von einer Verpflichtung zum Lizenzerwerb. Diese Aussage ist allerdings schwer nachvollziehbar. Denn der Gesetzesentwurf sieht gerade nicht vor, dass Suchmaschinen und Aggregatoren lizenzieren müssen. Es ist vielmehr so, dass der Entwurf die Anbieter dazu zwingt, Verlagsinhalte nicht ohne ausdrückliche Rechtseinräumung zu indizieren. Dieser gesetzlichen Vorgabe können die Anbieter auf zwei Arten nachkommen. Indem sie die Verlagsinhalte schlicht aus dem Index werfen oder indem sie Lizenzvereinbarungen schließen. Eine Pflicht zum Abschluss von Lizenzvereinbarungen sieht das Gesetz aber gerade nicht vor, eine solche Pflicht wäre auch schwerlich begründbar.

Hat die Bundesregierung da unbeabsichtigt kurz ihre Hand gezeigt?

Eine Lizenzierungspflicht, von der man den Eindruck bekommen könnte, sie sei bereits zwischen Bundesregierung und Axel Springer AG als nächster Schritt nach der Verabschiedung des geplanten Gesetzes zum Presseleistungsschutzrecht geplant, würde das deutsche Web zu einem kontaminierten Gebiet machen. Ein Gebiet, das von ausländischen Startups und Unternehmen, von Flipboard bis Delicious, als auch von deutschen betroffenen Startups, von Rivva bis Quote.fm, gemieden wird.

Was anders würde diesen Unternehmen offen stehen, wenn sie auf Inhalte von Presseverlagen nur gegen Lizenzzahlung verlinken, gleichzeitig diese Inhalte aber nicht gezielt ausblenden dürften, wenn sie eben nicht zahlen wollen?

Nun wäre es bei einem umsichtig handelnden Gesetzgeber stattdessen wahrscheinlicher, dass dabei ‘lediglich’ eine spezifische Pflicht von Google aufgrund dessen Marktmacht gemeint ist. Es ist allerdings nicht mehr emfpehlenswert, bei diesem Thema von einem umsichtig handelnden Gesetzgeber auszugehen.

Fraglich bliebe bei diesem Szenario dann auch, ab welcher Grenze die Lizenzierungspflicht bei anderen Anbietern einklagbar würde. Würden kleine Anbieter wie Flipboard nach einem Exempel an Google das Risiko eingehen oder sich präventiv vom deutschen Markt zurückziehen? Die Presseverlage hätten immerhin ein Interesse daran, die Grenze zur Integrationspflicht mit integrierter Lizenzzahlung immer weiter nach unten zu drücken. Mit entsprechend kreativer Auslegung des adressierten Marktes plus großer Rechtsabteilung sind dem nur geringe Grenzen gesetzt. Man könnte in den Chefetagen von Axel Springer und Burda auf eine neue Lizenz zum Gelddrucken hoffen, nachdem die alte vom Internet zerstört wurde.

Die wirtschaftspolitisch abstruse Idee einer Lizenzierungspflicht in Verbindung mit dem bereits für sich genommen unsinnigen und deshalb zu recht auf breiter Front abgelehnten Leistungsschutzrecht ist nicht neu. In Verbindung mit der Tatsache, dass kein potentiell zur Lizenzierung Verpflichteter wissen kann, welcher Websitebetreiber ein Recht auf Lizenzzahlungen hat, wäre das mögliche gesetzliche Ergebnis so abwegig, dass es schwer fällt, sich vorzustellen, dass auch nur ansatzweise die Implikationen durchgespielt wurden.

Durchdacht erscheint das alles nicht einmal im Ansatz.

Zumindest nicht von der Bundesregierung, die bei alldem mehr als deutlich zeigt, wie wenig Interesse sie noch immer an der Internetwirtschaft hat. Für eine Industrienation im Jahr 2012 ist das ein Armutszeugnis sondersgleichen. Für die Axel Springer AG ist das natürlich alles Feature denn Bug: Hooray, weniger Konkurrenz in Deutschland. 

Denn dann heißt es hierzulande im Idealfall für die hiesigen Konzerne: Axel Springers iKiosk statt Flipboard und nachrichten.de statt Google News.

Am Ende verlieren vor allem die Bürger, also die Endnutzer und Konsumenten. Wie immer, wenn es um Protektionismus geht.

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