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no. 7: der sprung
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Tod und Jenseits in EuropaEin kulturhistorischer Abriß von der Antike bis in die Gegenwart |
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von Otto Danwerth |
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Eine Kulturgeschichte des Todes legt den Finger auf jenes Ereignis, mit dem in jeder Existenz und jeder Kultur unausweichlich gerechnet werden muß. In einem kursorischen Überblick werden hier die Vorstellungen und Riten umrissen, die in Europa von der Antike bis in die Gegenwart mit Tod und Jenseits verbunden gewesen sind. Es zeigt sich, daß der Glaube an eine Gleichheit durch den Tod ein Mythos war und ist. |
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Daß der Tod gewiß, seine Stunde aber ungewiß ist, wußten schon die Römer: "mors certa, hora incerta". Doch sind diese und Einsicht die Sorge um die Toten viel älter. Im Paläolithikum waren die Totenrituale des homo sapiens bereits sehr komplex. Die 'Definition', die Erich Fried in einem seiner Warngedichte von 1964 gab, bringt diese gattungsspezifische Besonderheit auf den Punkt: |
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Ein Hund |
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Wenn auch Tiere ihren Tod ahnen können, so haben sie doch kein Bewußtsein ihrer Endlichkeit. Der Mensch ist dagegen die einzige Spezies, die reflektierend um ihr physisches Ende weiß. Außerdem gibt es kein anderes Lebewesen, das seine Toten bestattet. |
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Kaum ein Thema ist geeigneter, von so vielen Seiten beleuchtet zu werden als der Tod. Doch lange Zeit hielt sich die Literatur dazu in Grenzen. Erst in den sechziger Jahren wurde dieses Schweigen gebrochen, als beispielsweise Geoffrey Gorer in einem Artikel behauptete, der Tod habe den Sex als Tabu-Thema abgelöst. Während dieser salonreif geworden sei, meide man 'die letzten Dinge' in geradezu viktorianisch prüder Weise. Zur gleichen Zeit arbeiteten in Italien und Frankreich aber schon einige wenige Historiker an der Frage. Seit den bahnbrechenden Beiträgen von Philippe Ariès über den 'Tod im Abendland' in den siebziger Jahren scheint eine wahre Todes-Sucht unter den Historikern zu grassieren. Es gibt kaum ein europäisches Land, das nicht zum Gegenstand von entsprechenden Studien des Todes geworden wäre -- nicht zu reden vom 'Boom' des Themas Tod in Naturwissenschaften und Medizin, Theologie und Philosophie, Anthropologie und Psychologie, Recht und Ethik, Literatur und Kunst sowie Volkskunde und Ethnologie. |
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Eigentlich kann ein Historiker nicht direkt über 'den Tod' schreiben. Sein Thema sind vielmehr die Haltungen der Lebenden zu Sterbenden, zu den Toten und zum Jenseits. Angesichts des wahrlich weiten Feldes und der überbordenden Literatur scheint es vermessen, gut zweieinhalb Jahrtausende europäischer Geschichte in das Prokrustesbett eines kurzen Artikels zu pressen. Daher kann es im folgenden kulturhistorischen Abriß lediglich um eine sehr grobe Skizze dieser Haltungen zum Tod gehen, die so entschieden das Leben der jeweiligen Zeiten bestimmten. |
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Vereinfacht gesagt, möchte ich einem Vorschlag Michel Vovelles folgen, der bei der Untersuchung von Haltungen zum Tod drei Niveaus unterscheidet: den erlittenen Tod, der sich in demographischen Kurven widerspiegelt; den erlebten Tod, der sich in Riten und Gesten manifestiert, und schließlich den -- organisierten wie unbewußten -- Diskurs über den Tod. Dabei gilt es jeweils die soziale Herkunft der Handelnden (Elite- oder Volkskultur) und den räumlichen Hintergrund (Stadt oder Land) zu berücksichtigen. Wenn nicht eigens angeführt, beziehe ich mich nicht auf bestimmte europäische Regionen, sondern versuche, ein idealtypisches Bild zu zeichnen. Studien über kollektive Mentalitäten haben gezeigt, daß sich Haltungen zum Tod nur sehr langsam, in einer langen Dauer (longue durée) ändern. Wenn dieser kulturelle Wandel sich seit dem Zweiten Weltkrieg in Generationen, vorher aber nur in Jahrhunderten vollzog, darf man eine geraffte Übersicht durchaus wagen. Die der Klarheit halber gewählten Epochengrenzen sind teilweise fließend. |
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I. Antike | ||||
Homer beschreibt im 8. Jahrhundert v. Chr. das Jenseits als ein düsteres Schattenreich, in dem nicht einmal Heroen herrschen wollten. Eine solch nicht sehr einladende Vision findet sich ebenfalls im Judentum und später bei den Römern. Doch zunächst nach Griechenland, in die 'Wiege' Europas. Neben dem trostlosen Hades gibt es sehr wenige positive Darstellungen des postmortalen Lebens (z.B. bei Hesiod) sowie die Meinung, daß mit dem Tod alles zuende sei. Der bekannteste 'Nihilist' ist Epikur (342-371 v. Chr.), der in einem Brief an einen Freund schrieb: "Das schreckenerregendste aller Übel also, der Tod, hat eben deshalb nichts mit uns zu tun, weil, wenn wir da sind, der Tod nicht da ist, und wenn der Tod da ist, wir nicht da sind." Man darf annehmen, daß philosophische Gedanken über den Tod die vom Volk geübten 'abergläubischen' Praktiken und geglaubten Jenseitsvorstellungen kaum beeinflußt haben. Gleiches gilt auch von der sogenannten 'Revolution' der Seelenvorstellung: die Seele wurde erst in archaischer Zeit als unsterblich, der Körper als ihr Gefängnis angesehen. Vor Heraklit, der die persönliche Unsterblichkeit der Seele als einer der ersten aussprach, etwa bei Homer, hatte der 'Seele' des lebendigen Menschen (thymós) der Totengeist (psyché) gegenübergestanden, welcher den Körper beim Tode verließ. Im sechsten vorchristlichen Jahrhundert scheinen beide Konzepte verschmolzen zu sein, wonach die psyché fortan die Identität der Person garantierte. Ein persönliches Weiterleben war mit dem Aufkommen einer solchen Seelenvorstellung und der 'Entdeckung der Individualität' möglich geworden, die sich besonders in dionysischen Mysterien nachweisen läßt. |
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Sokrates (470-399 v.Chr.) äußerte in der Apologie zum Tod: "Eines von zweien nämlich ist das Totsein: entweder ist es eine Art Nichtsein (...) oder es ist eine Übersiedlung der Seele von hier an einen anderen Ort." Während er selbst wohl dem ersten Teil der Alternative zustimmte, sprach sich sein Schüler Platon -- besonders im Dialog Phaidon -- für die zweite Variante aus. Dessen komplexe Ideen zum Jenseits wurden aber von den Zeitgenossen und vom Volk nicht übernommen. |
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In der griechischen Mythologie galt der Tod ('Thanatos') als der Zwillingsbruder des Schlafes ('Hypnos'), beide waren Söhne der Mutter Nacht. Vom Olymp abgegrenzt wirkten ferner die 'Totengötter'; sie hatten besonderen Einfluß auf die Fruchtbarkeit. Daher galt es, die mehrtägigen Totenrituale zu beachten, die sowohl den Kontakt als auch die Abwehr der Verstorbenen sichern sollten. In der Regel fanden die Toten außerhalb der Städte ihre letzte Ruhe. Sklaven waren von der Religion und also auch vom Totenkult ausgeschlossen. In spätmykenischer Zeit löste die Verbrennung die Beerdigung als häufigste Bestattungsart ab, ohne daß Gründe dafür bekannt sind. |
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Während in Griechenland das persönliche Weiterleben im wesentlichen unabhängig von der Bindung an einen Familienverband möglich war, hing in Rom der Status des Toten in viel größerem Maß noch von der Gesellschaft, besonders der Familie, ab. Die familia bzw. die gens beanspruchte die Person des Toten, was sich besonders im römischen Funeralpomp der Elite zeigte. Die von Masken tragenden Schauspielern mitgestalteten Feierlichkeiten -- mehr Ahnenverehrung als Totenkult -- dienten nicht primär der Jenseitshoffnung des Verstorbenen, sondern waren eine Selbstdarstellung seiner Familie. Dabei galt es, wie auch heute noch, über die Toten nur Gutes zu sagen ("de mortuis nil nisi bene"). Gemeinhin bestattete man die Freien in Einzelgräbern, Sklaven entweder mit ihren Herren oder in sogenannten putuculi (gemeinen Gräbern). Der Friedhof wurde als coemerium bezeichnet -- ein Ort, an dem die Toten schliefen. Dieser mußte nach dem Zwölftafelgesetz von 451 v. Chr. außerhalb der Städte liegen: die Lebenden und die Toten hatten ihre je eigenen Sphären. |
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Die Philosophie beschäftigte sich weiter mit dem Problem des Todes. In der Nachfolge Epikurs etwa entwickelte Lukrez 28 Beweise für die Sterblichkeit der Seele, die mit dem Körper vergehe. So versuchte er, den Menschen die Angst vor dem Tode zu nehmen. Der Stoiker Seneca hingegen nahm eine Existenz der Seele vor und nach dem Leben an: "Was vor mir war, wird nach mir sein." Obwohl der Tod ein Nicht-Sein sei, gelte es, sich in der Kunst des Sterbens zu üben: meditare mortem. Was er noch in den "Briefen an Lucilius" verkündete, 'lebte' er selbst, indem er gelassen in den Freitod ging. |
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Die römischen Jenseitsvorstellungen sahen zunächst eine seelische Fortexistenz nicht vor, da der Verstorbene als Geist nicht mehr als indivuelle Person galt. Die Toten erschienen dagegen kollektiv als divi parentum und schützten den inneren Familienfrieden. Mit di manes (die guten Götter) bezeichneten die Römer seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. ihre Totengeister, die auch für die unteren sozialen Schichten 'zuständig' waren. Schon 200 Jahre später glaubte man, daß alle Totenseelen in den Kreis der Manen eingingen; auch Sklaven wurde eine Seele zugesprochen. Nachts konnten 'böse' Geister wie Lemuren oder Gespenster (larvae) ihr Unwesen treiben. Daneben bestanden in den Provinzen die unterschiedlichsten Auffassungen über das Leben nach dem Tod weiter, wie sie von Kelten, Iberern, Germanen und anderen unterworfenen Völkern geglaubt wurden. |
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Insgesamt waren die in Rom herrschenden Vorstellungen eines Jenseits wesentlich blasser und einfacher als die griechischen oder etruskischen, welche zum Teil von den Eliten übernommen wurden. Viel entscheidender als die Übernahme orientalischer Mysterienkulte in der Kaiserzeit war für die Haltungen zum Tod der Siegeszug des Christentums. Damit mag zusammenhängen, daß im 2. und 3. nachchristlichen Jahrhundert die Erdbestattung gegenüber der Verbrennung wieder die verbreiteteste Bestattungsform wurde. |
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II. Mittelalter | ||||
Das Christentum brachte eine qualitativ neue Antwort auf die Frage nach dem Tod. Durch Jesu Sterben und Auferstehung sei der Tod besiegt worden. Dieser 'Tod des Todes' verhieß den Gläubigen Unsterblichkeit, wodurch der menschliche Tod zu einem Übergang wurde. Die Wurzeln der mittelalterlichen Todes-Kultur liegen im Christentum, das von Kaiser Theodosius im Jahre 391 zur alleinigen Reichsreligion erklärt wurde. |
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Sterben gehörte im Mittelalter zum alltäglichen Leben. Mißernten, Kriege, eine geringe Lebenserwartung (ca. 30 Jahre) und eine extrem hohe Kindersterblichkeit sowie Epidemien machten dem Tod das Wirken leicht. Besonders verheerend war die Pest von 1348-1350: Der Schwarze Tod dezimierte die europäische Bevölkerung um fast ein Drittel. So waren die Menschen, wie es ein Hymnus des 10. Jahrhunderts ausdrückte, mitten im Leben vom Tod umfangen (media vita in morte sumus). |
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Erst um 800 n.Chr. hob der oströmische Kaiser Leo das Verbot auf, Tote innerhalb der Siedlungen zu begraben. Doch im weströmischen Reich erlaubten schon im 6. Jahrhundert Synoden, die Toten um die Kirchen herum zu bestatten. Zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert wurden die Friedhöfe, die außerhalb der Städte und Dörfer lagen, in die Nähe der Kirche geholt. Dabei spielte der Wunsch, möglichst nahe bei den Heiligen (apud sanctos) und ihren Reliquien zu weilen, eine große Rolle. Das Nebeneinander, ja die Gemeinschaft von Lebenden und Toten (communio vivorum et mortuorum) -- und damit der Gegensatz zum römischen Prinzip der Trennung beider Bereiche -- zeigte sich besonders an den Kirchhöfen, die nicht nur den Toten Ruhe boten, sondern ebenfalls als Gerichts-, Markt-, Fest-, Versammlungs- und Zufluchtsorte dienten. Der Friedhof war nur Getauften und 'wahrhaft Gläubigen' vorbehalten, womit beispielsweise Selbstmörder und Gehenkte keinen Anspruch auf ein Grab hatten; sie wurden zumeist verbrannt. Ungetaufte Neugeborene bestattete man entweder außerhalb des Gottesackers oder an seinem Rand. Der Friedhof bot als eingefriedeter heiliger, da geweihter Ort um die Pfarrkirche Asyl. Bestandteile eines mittelalterlichen Friedhofs waren in der Regel ein Kreuz, eine Totenleuchte und -- seit dem 12. Jahrhundert -- ein Beinhaus (ossuarium), in dem die inzwischen blanken Gebeine, Schädel und Knochen aus den Gräbern gesammelt wurden, um für neue Begräbnisse Platz zu schaffen und gleichzeitig die Vorübergehenden an die eigene Vergänglichkeit zu gemahnen. War die Bestattung in der Kirche während des 7. Jahrhunderts noch eine Ausnahme und auf den hohen Klerus beschränkt, wurde sie im 12. Jahrhundert auch für Laien hier zugelassen. In Krisenzeiten reichte oft der Platz für Bestattungen nicht aus, so daß beispielsweise Pestopfer außerhalb der Stadtmauern (extra muros) gekalkt in Massengräbern bestattet wurden. |
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Die hygienischen Zustände waren sowohl auf dem Kirchhof (Aufschüttungen) als auch innerhalb der Kirche miserabel. Während draußen aufgrund der oft geringen Grabtiefe Leichenteile ans Licht kommen konnten, verursachte die verpestete Luft im Gotteshaus zuweilen Ohnmachten, in seltenen Fällen gar den Tod. Die Gegenwart der Toten konnte zu falschen Deutungen und Ängsten führen. So meinte man, Tote im Grabe schmatzen zu hören, obwohl sich diese Geräusche auf Faulgase zurückführen ließen, die übrigens auch bei verstorbenen Schwangeren Sarggeburten auslösen konnten. |
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Neben dem dominierenden christlichen Modell gab es aber auch vereinzelte abweichende 'Todeskulturen': z. B. der als Ketzer gebrandmarkten Katharer, Juden, Morisken und anderer Minderheiten und Andersgläubigen. Juden hatten ihre eigenen Friedhöfe, auf denen die Verstorbenen mit dem Kopf in Richtung Jerusalem bestattet waren. Die Grabsteine von Aschkenazi-Juden standen aufrecht, die von Sepharden lagen flach auf der Erde. |
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Die Erwartungen an das Jenseits waren im Frühmittelalter überwiegend von Schreckensvisionen geprägt; man stellte sich vor, unmittelbar nach dem Tod von einem Sondergericht abgeurteilt zu werden, um von Engeln bzw. Teufeln in Himmel oder Hölle geführt zu werden. Die 2Erfindung des Fegefeuers2 (Jacques Le Goff) ist ein Beispiel dafür, wie die Volkskultur durch ein christliches Modell überformt wurde. Bis ins 12. Jahrhundert existierten in den kirchlichen Jenseitsvorstellungen nur zwei Orte: der Himmel (Schauen Gottes, Seligkeit, Wohlgefallen durch Abwesenheit von Not) und die Hölle (Hitze, Gestank, Qualen). Tertium non datur. Fragen stellten sich prompt: Wohin mit den 'minderen' Sündern? Was geschieht in der Zeit zwischen dem Tod des einzelnen (und seinem individuellen Gericht) bis zum Jüngsten Gericht? |
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Das Fegefeuer ('Purgatorium') wurde zwischen 1170 und 1200 'erfunden', d.h. als Begriff von der Kirche eingeführt und erstmals 1274 auf dem Konzil von Lyon verkündet. Gleichwohl hatte es vorher schon bei einigen Mönchen Vorstellungen eines 'dritten Ortes' gegeben, an dem sich die Seelen reinigen könnten; denn nicht zuletzt vom Totengedenken und der aufgegebenen Speisung von Armen lebten die Klöster. Dieser 'neue' Ort im Jenseits eignete sich hervorragend, um beispielhaft dargestellt zu werden. So enthält Dantes Göttliche Komödie ebenso wie eine zunehmende Exempelliteratur recht realistische Beschreibungen der von den Seelen dort erlittenen Qualen. Die frühesten graphischen Wiedergaben lassen sich im 14. Jahrhundert nachweisen. Zu dieser Zeit setzte eine Popularisierung des Fegefeuers ein. Weitere Ausdifferenzierungen der Geographie der Ewigkeit folgten. Erwähnt sei nur der limbus, eine Art Vor-Hölle bzw. Vor-Himmel für nicht getaufte Kleinkinder. |
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Die Lehre vom Fegefeuer gab den Menschen die Möglichkeit, sich und ihren Angehörige vor der ewigen Verdammnis der Hölle zu retten. Um den Armen Seelen des Fegefeuers zu helfen, nahmen sich ihrer nicht nur Mönche an, sondern auch breite Massen des Volkes. Im Hochmittelalter übernahm auch die Elite den Kult für die Armen Seelen. Um die Leidenszeit im Fegefeuer zu verkürzen, wurden Ablässe erworben und Seelenmessen gelesen, Gebete gesprochen und Almosen gegeben, Armenspeisungen organisiert und Spitäler eingerichtet. Zünfte und Bruderschaften kümmerten sich in der Regel um die Vorbereitung und die (organisatorische) 'Bewältigung' des Todes. |
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Erst ab dem 12. Jahrhundert finden sich Darstellungen des Jüngsten Gerichts, bei dem Engel mit Waagen ihres Amtes walten. Die Auferstehung der Toten stellte man sich offenbar vor als Wiedererweckung der Leiber aller Menschen. Seit dem frühen 13. Jahrhundert wird der personifizierte Tod in der europäischen Literatur faßbar; seine überraschenden Attacken machen vor keiner sozialen Schicht halt: der Tod holt alle. Gegen Ende des Mittelalters verwandelte sich dann die Personifikation des Todes von einem Dämon in das bis ins 19. Jahrhundert die Ikonographie bestimmende Abbild: den Knochenmann. |
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Die spätmittelalterliche Lust am Grauen läßt sich an den Totentänzen illustrieren, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts zum ersten Mal in Erscheinung traten. Die Wurzeln dieser danses macabres liegen zum einen im volkstümlichen Aberglauben, lassen sich aber auch mit den 'Jedermann'-Spielen in Verbindung bringen, und berühren sich drittens mit der älteren Legende von den drei Lebenden und den drei Toten. Darin begegnen drei junge Männer ebensovielen Toten, welche ihnen zurufen: "Was ihr seid, das sind wir gewesen. Was wir sind, das werdet ihr sein." Noch heute kann man diesen Spruch -- stilecht geformt aus menschlichen Gebeinen -- an den Wänden einiger Kapuziner- oder Franziskaner-Klöster lesen. Die Funktion der Totentänze, bei denen im Laufe der Zeit der Totenreigen durch eine individuelle Darstellung des Toten abgelöst wurde, ist das memento mori ('Gedenke des Todes'). Besonders grotesk wirkt der drohende Sieg des triumphierenden Todes, wenn der skelettierte Sensenmann ein junges Mädchen holt. |
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Das Spätmittelalter wat durch eine zunehmende Bedeutung des 'guten Todes' gekennzeichnet. Die Konzentration auf die letzte Stunde, in der der Moribunde auf dem Totenbett seine Sünden bereut und vom Priester die Absolution, die letzte Ölung und die letzte Kommunion (viaticum, was eigentlich 'Wegzehrung' bedeutet) empfängt, läßt sich im Leben lernen. Gut sterben, heißt vorbereitet und zur rechten Zeit sterben. Negativ formuliert bedeutet es: Nicht durch Unfall, vorzeitig oder gewaltsam sein Leben beenden. Ausnahmen wie den (ehrenhaften) Kriegstod auf den Kreuzzügen bestätigen hier die Regel. Das Ideal des guten Todes zu erreichen lehrte u.a. die ars moriendi (Kunst des Sterbens), eine sehr populäre Gattung der frommen Literatur. Diese Sterbebüchlein wurden auch in die Volkssprachen übersetzt und führten einen exemplarischen, gottgefälligen Lebenswandel vor Augen. Die Agonie war natürlich der prekärste, weil letzte Moment des Lebens: wer hier vom Teufel versucht wurde und nicht widerstand, konnte alles -- nichts weniger als das ewige Leben -- verlieren. Zur Hilfe wurden oft Heilige wie etwa Michael oder Barbara angerufen; Christopherus sollte als Seelenführer die Stunde des Sterbens begleiten (und im Leben vor jähem Tod bewahren). |
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Schon im Frühmittelalter fand das Sterben eines Menschen im Beisein der Gemeinschaft -- seiner Familie, Freunde, Ordensbrüder -- statt. Dieses Ideal galt im gesamten Mittelalter. Das Totenritual, war von der Kirche geregelt. Nach der Sorge für den Toten (von der Waschung bis zum Einnähen ins Leichentuch), der Totenwache (oft recht kurzweilig durch Tanz und Gesang) wurde dem Toten die letzte Messe gelesen. Während die frühmittelalterliche Liturgie großen Wert auf die Vereinigung der Seele mit dem Heiland legte, hob die spätmittelalterliche Totenmesse den 'Tag des Zorns' (dies irae), also das Gericht hervor. In der Regel wurde der Leichnam drei Tage danach begraben; die finanziellen Möglichkeiten bestimmten den Ort (möglichst in der Kirche und so nah wie möglich am Altar) und den Modus (bis zum 16. Jahrhundert selten im Sarg, sondern einfach in Sack, Leichentuch oder Ordenshabit). Das Testament wurde verlesen, so eines gemacht war. Schließlich beendete der Leichenschmaus die Beerdigung und führte die Trauernden wieder in das 'normale' Leben zurück, das nun eine neue Ordnung hatte. |
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Auf die ungleich pompöseren Bestattungszeremonien von Päpsten und Königen, Bischöfen und Adeligen sowie reichen Kaufleuten kann hier nicht en détail eingegangen werden. Eines zeigen sie aber gewiß: Der Glaube an eine Gleichheit durch den Tod ist ein Mythos. Zwar trifft er alle, doch entscheiden sozialer Status und wirtschaftliche Möglichkeiten oft über Lebenserwartung, adäquate Betreuung des Sterbenden und standesgemäße Totenrituale. |
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Eine Kuriosität sei dennoch erwähnt: Doppelgräber zeigten auf der sichtbaren Ebene das reine, tugendhafte Abbild des (kirchlichen oder weltlichen) Würdenträgers, während darunter die Leiche den Blicken verborgen war. Nicht immer mußte sie sich übrigens zersetzen. Entnahme innerer Organe, Einbalsamierung und trocken-kühle Umgebung konnten durchaus die hagiographischen Berichte erklären, denen zufolge die Körper von Heiligen sich noch Jahrzehnte nach ihrem Tod als 'unversehrt' und 'wohlriechend' -- Zeichen der Heiligkeit -- präsentierten. Die Doppelgräber veranschaulichen gut, wie man sich den königlichen Tod in der Regel vorzustellen hatte: Zwar war die Person, die den Herrscher repräsentierte, verstorben; doch der König selbst, als staatsrechtliche Figur des Body Politic, lebte weiter; der König hatte also gewissermaßen zwei Körper. |
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Als Übergangsstadium in ein besseres Leben, von der Gemeinschaft begleitet, hatte der Tod im Mittelalter seinen Sinn. Die Kirche half in ihrer dominierenden Rolle; sie kontrollierte aber auch durch ihre (Sozial-)Disziplierung den Tod. Daß sich die katholische Todestheologie und -liturgie nicht in allen Bereichen durchsetzte, zeigt sich besonders am Glauben einer fortdauernden Präsenz der Toten -- eine Vorstellung, die noch aus vorchristlicher Zeit (Ahnenverehrung) herrührte. Die Furcht vor Wiedergängern (auch 'Nachzehrer' genannt), welche ein schlechtes Leben geführt hatten oder aber eines unnatürlichen Todes gestorben waren, gehört ebenfalls in diesen Zusammenhang. Das "Requiem aeternam dona eis, domine" ("Herr, gib ihnen die ewige Ruhe") -- eine Formel des Begräbnisrituals, von der sich die Musikgattung herleitet -- deutet auf die ambivalente Rolle der Toten hin. In extremen Fällen (z.B. bei als Untoten Verdächtigten) wurde der Leichnam exhumiert und gepfählt, um den Toten oder seinen Geist an der Wiederkehr zu hindern. Das Wirken von Totengeistern ließ bisweilen Exorzisten in Aktion treten. Schließlich sei auf die weiter geübte Praxis der Grabbeigaben (z.B. Münzen) und die Totenspeisung hingewiesen, die ebenfalls aus paganer Zeit stammten. Dennoch kann man grosso modo behaupten, daß das Sterben zumindest der städtischen Bevölkerung gegen Ende des Mittelalters christianisiert war. |
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III. Konfessionalisierung und Barock | ||||
Wenn auch zwischen Spätmittelalter und früher Neuzeit viele Haltungen zum Tod identisch blieben -- das Ideal des guten Todes galt weiter, die Auflagen der artes moriendi stiegen nach der Erfindung des Buchdrucks --, so gab es doch Unterschiede und Neuerungen, die besonders durch die Konfessionalisierung bedingt waren. |
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Die Reformation spaltete Europa radikal in zwei Teile, gerade auch bezüglich der Haltungen zum Tod. Denn die reformatorische Gnaden- und Rechtfertigungslehre lehnte das katholische Dogma des Fegefeuers strikt ab. Damit war den Seelenmessen, Gebeten für die Toten und den Ablässen in nichtkatholischen Regionen der Sinn genommen. Die Teilnahme des Priesters reduzierte sich hier auf das eigentliche Begräbnis, und manchmal nicht einmal auf das: Im calvinistischen Basel wurden zeitweise Bestattungen ohne kirchliche Beteiligung vollzogen. Eine weitere Folge der Reformation war auch eine Kommunalisierung des Bestattungswesens (städtische Leichenordnungen). Die protestantischen und calvinistischen Konfessionen hatten keine der katholischen Theologie vergleichbare 'Lehre des Todes'. Vielmehr lehnten sie exzessive Trauer, Totenämter und Begräbnispomp ab. Das Konzil von Trient (1545-1563) bekräftigte demgegenüber das Dogma des Fegefeuers, welches in dieser Form bis ins 18. Jahrhundert wirksam blieb. |
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Die Grundnormen für ein 'gutes Sterben' hatten sich aber bei allen christlichen Konfessionen nicht geändert. Das Sterben fand im Idealfalle im Schoße der Familie statt, beim Begräbnis war das 'ganze Haus' anwesend. Eine weitere Konstante war die soziale Ungleichheit vor dem Tod: Arme konnten sich immer noch keine 'normalen' Bestattungen leisten, und in allen konfessionellen Lagern bestimmten Begräbnisklassen mit ihren Preislisten über das 'standesgemäße' Grab. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts kontrollierten alle Kirchen den Tod über ihre dominierende Rolle in der Todesstunde, welche kollektiv 'inszeniert' wurde. Auch versagte oft der Versuch der Kirchen, religiös-orthodoxe von volksreligiösen bzw. magischen Handlungen beim Umgang mit dem Tod zu trennen und letztere zu unterbinden. |
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Die Bedeutung des Lebens als Vorstufe des Todes wurde hervorgehoben, der Tod gleichsam ins Leben getragen. Im 17. Jahrhundert wurde die Angst verstärkt im Todesbereich zur Disziplinierung eingesetzt. "Die Menschen fürchten den Tod, so wie Kinder sich fürchten, ins Dunkel zu gehen." Diese Furcht, der Francis Bacon in einem seiner Essays Ausdruck verlieh, konnte durch alle diskursiven, aber auch gerade durch visuelle Gattungen, hervorgerufen bzw. verstärkt werden. So finden sich im Barock (ca. 1580-1730) zahllose Gemälde, Stiche und Illustrationen, die den Tod in Allegorien und Vanitas-Motiven abbilden. Die ganze Welt ist eitel und leer, nur der Tod ist gewiß, so lautete die Botschaft der Stilleben, in denen die Vergänglichkeit allen Irdischen durch Totenköpfe, Stundengläser und Kerzen symbolisiert wurde. Wirkliche Totenschädel aus Beinhäusern wurden übrigens ebenfalls bemalt. |
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Während im Mittelalter der Körper eines christlich Verstorbenen noch als prinzipiell sakrosankt galt, veränderte sich mit dem Aufkommen der Naturwissenschaften die Unantastbarkeit der Leiche. Am Beginn dieser Emanzipation standen die von der Anatomie praktizierten Leichenöffnungen. Der tote Körper wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts nicht nur von der Wissenschaft, sondern auch von makabren Neigungen einiger Nekrophiler zunehmend verdinglicht. |
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IV. Aufklärung und Romantik | ||||
Bis ins 18. Jahrhundert hinein war der Tod von der Familie, aber auch der Gemeinschaft begleitet, seien es Zünfte, Bruderschaften oder die Dorfbewohner und Nachbarn. Mit der Aufklärung gingen aber Prozesse einher, die sich gravierend auf die Haltungen zum Tod auswirkten: eine zunehmende Entchristianisierung, Säkularisierung und Industrialisierung, besonders in den Städten. An deren Ende sollte die Erfahrung des Todes als eines Bruchs stehen; er wurde nicht mehr als Übergang gesehen. |
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Die wachsende Skepsis gegen das Christentum läßt sich an der Reduzierung des traditionellen Todesbrauchtums festmachen. Testamente, die sich zu rein profanen Urkunden entwickelten, und zunehmend nicht mehr auf dem Totenbett diktiert werden, verzeichneten seit der Mitte des 18. Jahrhunderts immer weniger Totenmessen, Stiftungen und Legate. Der ornamentale Pomp der testamentarischen Floskeln wurde zugunsten nüchterner Prosa aufgegeben; so gingen z. B. die Hinweise auf praktizierte Frömmigkeit drastisch zurück. |
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Die zunehmende Einflußnahme des Staates, der öffentliche Sauberkeit und Wirtschaftlichkeit forderte, schlug sich auch im Umgang mit dem Ort der Toten nieder. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts untersagte die aufgeklärte Obrigkeit Kirchenbegräbnisse (eine Ausnahme galt für Kleriker und Stifter) und verlegte die Friedhöfe aus hygienischen Gründen vor die Stadttore. Ab ca. 1750 wurden die innerörtlichen Friedhöfe fast überall geschlossen und aus den Städten entfernt. Mit dieser Distanz nahm auch die Präsenz der Toten im alltäglichen Leben ab, so daß Ende des 18. Jahrhunderts der Besuch der Toten zu einem bewußten Akt und ritualisiert wurde (z.B. zu Allerseelen Anfang November). |
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Das aufklärerische Interesse der Medizin richtete sich auf den biologischen Prozeß des Sterbens und kannte keine Scheu vor anatomischen Experimenten an Leichen. Zwar hatten sich schon im 17. Jahrhundert verstorbene französische Adelige regelmäßig 'öffnen' lassen, um einbalsamiert zu werden. Doch wurden im Jahrhundert der Aufklärung auch private Sektionen populär. Um dieser Leidenschaft zu frönen, waren sehr viele Leichname nötig; kein Wunder, daß Geschichten von Leichendiebstählen auf den Friedhöfen umgingen. Die Angst davor, lebendig begraben zu werden, äußerte sich verstärkt im Verlauf des 18. Jahrhunderts. Ein Beispiel für den damaligen Fortschrittsglauben ist die Konstruktion einer Maschine, die kontrollieren sollte, ob Scheintote begraben wurden. |
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Die Romantik des 19. Jahrhunderts brachte eine Überhöhung des Todes mit sich. So wurde die Wiedervereinigung von Familienmitgliedern und Liebenden als Jenseitshoffnung populär; übertriebene Idylle und Emotionalität am Sterbebett 'schönten' den Tod. Der Sterbebereich wurde privatisiert und auf das eigene Haus und die Kernfamilie übertragen. Gleichzeitig schritt die Säkularisierung des Todesbewußtseins weiter voran: Es ging bei der Ausübung der Totenriten und besonders der Bestattung mehr um das Ansehen der Familie als um das 'Wohl' des Toten. Ein bürgerliches Ideal des Jenseits schlug sich gerade im Friedhofs- und Gräberkult nieder. Familiengräber lösten immer mehr das Einzelgrab ab; das goldene Zeitalter der Mausoleen, in denen der Bourgeois sich und seiner Familie ein Denkmal setzen konnte, war angebrochen. |
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Nicht mehr der Priester, sondern zunehmend der Arzt wurde zum ausgezeichneten Begleiter in der letzten Stunde eines Menschen; der Staat übernahm weitestgehend die Funktion der Kirche. Der medizinische Fortschritt führte seit den 1870er Jahren zu einer erheblichen Abnahme der Sterblichkeit. An der sozialen Ungleichheit vor dem Tod hatte sich dennoch nichts geändert. |
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V. Der Tod Heute | ||||
Im zu Ende gehenden Jahrhundert haben sich die Haltungen gegenüber Sterben und Tod und Jenseits in Europa so radikal geändert, wie Jahrhunderte zuvor nicht. Besonders seit dem Zweiten Weltkrieg läßt sich eine zunehmende Tabuisierung des Todes beobachten, die hier abschließend nicht analysiert, sondern nur kurz umrissen werden kann. Trauer wird zurückgehalten und der Tod verdrängt. Eine Professionalisierung und Bürokratisierung des Todes greift um sich: Alte Menschen werden immer häufiger zum Sterben in Heime 'abgeschoben' ('sozialer Tod' vor dem biologischen), Ärzte sind die einzigen zugelassenen Experten, und Bestattungsunternehmen übernehmen die 'Abwicklung' des Todesfalls. Der Priester wird vielfach nur noch als 'Zeremonienmeister' gesehen. Die Anonymität vieler Friedhöfe spricht für sich selbst. |
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In einigen ländlichen Regionen (Süd-)Europas herrscht zwar noch immer der Glaube an ein Fegefeuer vor. Ansonsten kann man aber den 'Tod des Fegefeuers' konstatieren, des im Abendland wirkungsmächtigsten Jenseitsortes. Nicht einmal in der Lehre der Katholischen Kirche gilt das Purgatorium als ein Ort mehr, sondern nur noch als ein Zustand. Viele Europäer scheinen am Ende des 20. Jahrhunderts keinen Bezug mehr zu den alten Jenseitsvorstellungen zu haben. So nimmt es nicht wunder, daß immer mehr Konzepte aus anderen Kulturen -- wie z.B. die buddhistische Wiedergeburt -- übernommen werden. |
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Der Wandel der Haltungen zum Tod vom Mittelalter bis in unsere Tage läßt sich abschließend in den Worten von Christoph Daxelmüller folgendermaßen zusammenfassen: "vom sinnvollen Tod und der tragenden Rolle der Kirche über die Laisierung seit der Reformation bis hin zur Säkularisierung und Profanisierung, die mit der Aufklärung einsetzte, vom Sterben in Gemeinschaft hin zu zum Sterben in der Einsamkeit der Krankenhäuser, vom Priester zum Bestatter, vom Tod als vertrautem Partner hin zu seiner Verdammung." Interessant ist die heute festzustellende Ambivalenz dem Tod gegenüber: einerseits wird er (nicht nur privat) verdrängt, während auf der anderen Seite inzwischen ein großes wissenschaftliches und öffentliches Interesse an ihm besteht. |
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Der Tod selbst ist heute weniger vertraut; das Sterben findet in der Regel im Krankenhaus statt, nicht mehr daheim im Kreise der Familie. Und wenn es einen zu Hause trifft, dann womöglich so wie den 'Toten von Barmbek': Dieser lag mehr als fünf Jahre lang leblos in seiner Wohnung vor dem noch flimmernden Fernsehgerät. Ende 1998 war man auf den inzwischen skelettierten Mann nur deshalb aufmerksam geworden, weil seine Mutter, die bis dahin die Miete überwies, ihre Zahlungen eingestellt hatte. -- Was nützt das Wissen um den eigenen Tod, wenn ihn die Mitmenschen nicht einmal bemerken? |
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Die letzten Worte seien Sigmund Freud überlassen, der zwar um das Wissen der Menschen wußte, daß sie sterben müssen, aber dennoch zurecht feststellte: "Im Grunde glaubt niemand an den eigenen Tod." |
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(Dieser Text erschien bereits in: Wulf Köpke; Bernd Schmelz (Hrsg.): Das Gemeinsame Haus Europa. Handbuch zur europäischen Kulturgeschichte. Frankfurt a.M. 1999, 895-905. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung.) |
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