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no. 15: systemversagen -> maschinenversagen
 

Systemversagen! -- Wo ist der RESET-Knopf?

von Mihai Nadin

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Maschinen benötigen im Unterschied zu Organismen einen RESET-Knopf, um sie in ihren Ausgangszustand zu versetzen, wenn sie in einen qualitativen Zustand geraten, der nicht bereits bei ihrer Konstruktion präfiguriert wurde. Begegnen sie Umweltbedingungen, für die sie keine internen Anweisungen vorfinden, versagen sie. Ihnen fehlt die Eigenschaft der Antizipation. Diese ermöglicht Organismen, sich beständig entlang ihrer wechselnden Aufgaben neu zu programmieren, indem sie ihre momentane Struktur auf zukünftige Zustände hin ausrichten. Soll diese Eigenschaft verstanden werden, ist ein radikales Umdenken über die Eigenschaften von Systemen vonnöten.

 

Zuerst ein Umweg (mit sowenig Geschichte wie möglich)

Das intellektuelle Konstrukt das wir 'System' nennen ist ein sehr bequemes Mittel, zu beschreiben, wie Dinge funktionieren, ohne daß man sich darum kümmern muß, was sie sind. Mehr als 60 Jahre sind vergangen seit 'System' zu den vielen anderen Erklärungsbehelfen hinzugefügt wurde, die insgesamt das ausmachen, was wir 'Wissenschaft' nennen. Der Begriff war äußerst erfolgreich und hat sich von einem Erklärungsmodell zu einem Ziel menschlichen Handelns entwickelt. Menschen konstruieren alle möglichen Arten von Systemen, so daß die Beschreibung zum Objekt etlicher Tätigkeiten wurde: Systemdesign und -produktion, Systemtests, Systembewertung, Systemoptimierung, und, seit es den Computer gibt, System-updates.

Eine gnoseologische Ursache -- das heißt eine Ursache in Bezug darauf, wie Wissen erworben und dargestellt wird -- hat den konstruktivistischen Zugang herbeigeführt, der schließlich zur allgemeinen Systemtheorie wurde. Die Spezialisierung, als Reaktion auf die der systemtheoretische Ansatz entwickelt wurde, erklärte mit immer größerer Detailliertheit, was Dinge waren. Die horizontale Untersuchung der weltkonstituierenden Elemente vernachlässigte jedoch ihre Vermittlung untereinander. Ein vertikaler Ansatz, der durch die verschiedenen Schichten der Spezialisierung schnitt, versprach einen integrativen Zugang. Schließlich funktioniert ein System als Ganzes anders als die Teile, die es bilden. Spezialisierung kann Differenzierung erklären, da jedes Teil eine spezifische Funktion bereitstellt. Doch der systemische Zugang, und nur er, kann Synergien einbeziehen: Das Ganze erscheint größer als die Teile, die es ausmachen.

Der Systembegriff hat sich tatsächlich recht gut bewährt. Er entwickelte sich in Verbindung mit den Versuchen von Technologen, Wissenschaftlern und Forschern, zunehmend komplexe Phänomene zu erklären. Als kognitives Konstrukt konnte er eine große Bandbreite umfassen -- von Mikrosystemen bis hin zum Universum als System. Zudem erwies er sich als geeignet, sich der Aufgabe der Beschreibung von Komplexität zu stellen, statt sie bequem beiseite zu lassen. Der einzige größere Fehler des systemtheoretischen Ansatzes liegt darin, daß er die impliziten Prämissen nicht anerkennt, auf denen er errichtet wurde. Die Physik entwickelte sich auf der Basis von René Descartes' und Newtons Kausalmodell bis die Konstrukte der Quantenmechanik (im Besonderen das Konzept der 'Nichtlokalität') diese fast 400 Jahre alte Grundlage erschütterten. Auf die eine oder andere Weise wurde Physik zum Modell für alles, was existiert, sei es lebendig oder nicht lebendig. Kognitive Studien zeigten in den frühen achtziger Jahren, daß mehr am menschlichen Verstand dran ist, als die Physik darstellen kann, zumindest im Rahmen ihrer bekannten Erklärungsmodelle, einschließlich jenes der Quantenmechanik.

Als diese Einsicht durch verschiedene gnoseologische Schichten sickerte, erschien ein neues Modell, das der Antizipation -- ein Wort das weniger präzise ist als wünschenswert, denn "Anti-" suggeriert eine Opposition, während 'Ante-' ein 'Zuvor' suggerieren würde, worum es bei der Antizipation geht. Ein antizipatorisches System, das ist ein System, welches die Dynamik des Lebendigen beschreibt. Es ist ein System dessen momentaner Zustand durch seinen zukünftigen Zustand bestimmt ist. Ein in der Biologie arbeitender Systemtheoretiker (einer der Gründerväter der sogenannten Kybernetik, genauer der Kybernetik der Kybernetik), Heinz von Foerster, drückte diesen Gedanken sehr schön aus: "Die Ursache liegt in der Zukunft".

 

Ende des Umwegs. Systemversagen

Systemtheorie wird angemessenerweise auf diejenigen physikalischen Konstruktionen angewendet, die wir 'Maschinen' nennen. Diese werden aus verschiedensten Komponenten hergestellt (Räder, Züge, Hebel, Federn, Reifen, etc.), die, einmal zufriedenstellend verbunden, als ein mit ihrer generischen Systembeschreibung identifiziertes Ganzes funktionieren. Das Ganze erhält seinen Zustand innerhalb der Beschränkungen der energetischen Gesetze (ein Uhrwerk muß aufgezogen werden, um zu funktionieren), und es ist eine zweckhafte Entität (ein Uhrwerk mißt Dauer). Das Modell eines solchen Systems kann auf andere 'Systeme' angewendet werden. Die Diversifikation der gesamten industrialisierten Gesellschaft (vom eher primitiven Pendel bis zur hochpräzisen Armbanduhr, angetrieben von der Handbewegung des Trägers) basiert auf der systemischen Vorstellung. In letzter Konsequenz sind Maschinen ein Ausdruck systematisch-organisierter Komplexität. Physikalische Systeme versagen wenn ihre Teile versagen -- so einfach ist das. Zu guter Letzt ist ihre Dynamik begrenzt, so eindrucks­voll sie auch sein mag, da ihre internen Relationen fest eingeschrieben sind. Physikalische Systeme sind unausweichlich reaktiv.

Lebende Systeme andererseits sind proaktiv. Sie stellen die Einheit von Physischem -- schließlich sind sie in Materie verkörpert -- und von Antizipation dar. Obgleich sie ausfallen können wenn Teile ausfallen, müssen sie in diesem Fall nicht notwendigerweise versagen, da das Lebendige fast unerschöpfliche Redundanzen beherbergt. Mehr noch, da Funktionen dynamisch neu zugewiesen werden wenn die entsprechenden Teile versagen, können ihre Funktionen von anderen Teilen übernommen werden. Mit anderen Worten, der Ausfall von Teilen innerhalb des Lebendigen stellt eine notwendige aber nicht hinreichende Bedingung für ein Versagen dar. Lebendiges versagt jedoch unausweichlich sobald sein antizipatorischer Zustand aus irgend einem Grunde, etwa im Zuge des Alterns, zum Ende kommt.

Dies könnte in groben Zügen die Theorie des Systemversagens sein. Wir wollen sie durch einige Momente des realen Versagens verdeutlichen. Die 'Luftblase' platzte, d.h. die schnellwachsende New Economy schaffte es nicht, den Erwartungen von niemals endendem Wachstum und Innovation gerecht zu werden. Ein weiteres Beispiel wären die Terrorangriffe auf Ziele in den USA und das Versagen der örtlichen Sicherheitssysteme, ebenso wie das so viel häufigere Versagen aller Arten von Maschinen, von Computern, computergestützten Vorgängen, Netzwerken (elektrisch, transportierend, sanitär, etc.), oder das Versagen großer Systeme wie das der Finanzmärkte, der medizinischen Versorgung, der Verteidigung, Bildung und Kommunikation. Was es auch sein mag, fast nichts ist sicher vor dem Zusammenbruch. (Deshalb hat fast jede Maschine einen RESET-Knopf.)

 

War das immer so?

Die einfache Antwort ist "Ja". In der Dynamik der Existenz hat alles einen Anfang und ein Ende. Ohne gleich das Ende, das einen irreversiblen Zusammenbruch bedeutet, als eine notwendige Entwicklung zu postulieren -- die teleologische Sicht der Finalität -- wurden Zusammenbrüche stets implizit oder explizit als ein Ausdruck des Versagens angesehen. Für jeden Zusammenbruch wurden Gegenmittel gesucht. In ihren allumfassenden Implikationen fehlt einer solchen Sichtweise jedoch anzuerkennen, daß der Wandel ('Dynamik' ist nur ein anderes Wort für 'Wandel') selbst Wandlungen unterliegt. Genauer gesagt, Veränderungen unterliegen einem Tempo; es gibt eine Geschwindigkeit und es gibt Beschleunigung -- das Tempo mit dem sich die Geschwindigkeit wandelt. Mehr noch, es gibt viele Formen von Veränderung. Eine systemische Perspektive berücksichtigt die Einsicht, daß, obgleich die konstituierenden Teile eines Systems sich nur minimal verändern mögen (was normalerweise 'eine nicht-signifikante Veränderung' genannt wird), sich dennoch ihre Relation zueinander ändert. Auch verändern sich offene Systeme nicht nur, weil eine innere Dynamik vorhanden ist, sondern ebenso weil äußere Einflüsse auf sie einwirken, was wir als Veränderung im Zustand eines Systems auffassen.

All dies hört sich vermutlich furchtbar abstrakt an, weshalb einige Beispiele für Systemversagen genauer untersucht werden sollen. Die neuen Maschinen -- bleiben wir bei Computern -- verbinden Komponenten und Programme miteinander. Komponenten können selbst programmiert werden ('hard-wired' wie der Jargon das nennt, d.h. für eine bestimmte Funktion vorprogrammiert). Zum Beispiel sind in Graphikkarten von Computern bestimmte Operationen, die es Benutzern erlauben, Bilder zu manipulieren, vorprogrammiert. Das macht sie schneller und effizienter. Gleiches wird in vielen Haushaltsgeräten getan, wie auch in Autos, Raketenantrieben und Flugzeugen. Sie 'wissen' wie manche Operationen ausgeführt werden. Eine Waschmaschine mit einem fuzzy-controller 'weiß' wie mit Ladungen von verschiedenem Gewicht und Graden der Verschmutzung umzugehen ist und macht so das Waschen effizienter, d.h. billiger und einfacher in der Handhabung.

Jeder, der mit solchen Maschinen arbeitet stellt fest, daß ihre Komponenten fast niemals ausfallen ("Schade, eine Maschine wegzuwerfen, die wie neu scheint" heißt es oft, wenn wir uns für ein neues Modell entscheiden). Das Versagen rührt von den Programm(en) her, die unfähig sind, Daten zu bearbeiten, die bei ihrem Entwurf verworfen oder ignoriert wurden. Fehlermeldungen, die Benutzer auf Computerbildschirmen erhalten rühren kaum aus dem Physischen her. "Fatal Error!" (klingt bedrohlich) bedeutet, daß das Programm nicht 'weiß' (d.h. es war nicht programmiert zu 'verstehen'), was mit der Dateneingaben anzufangen ist. Der Chip überdauert das Programm, wie auch die Komponenten (Stromversorgung, Kühler, etc.). Die Mehrzahl der Zusammenbrüche tritt in der Software auf, dem Teil, der das Lebendige nachahmen oder abbilden soll.

Das Lebendige, mit seinen intrinsischen antizipatorischen Charakteristika ist in der Lage, mit physischen Ausfällen zurechtzukommen, und überwindet sie oft. Und es reprogrammiert sich selbst -- ununterbrochen. Bei physischen, deterministischen Maschinen ist ein Versagen unvermeidlich wenn die Interaktion mit dem Lebendigen schwierig wird oder ausgeschlossen ist. Schon mal versucht, den Service der neuen Unternehmen am IT-Markt in Anspruch zu nehmen? -- Oder den jeder Firma, die digitale Hilfsmittel benutzt, um menschliche Angestellte zu ersetzen (zu teuer!)? Alles scheint ein Auswahlmenü zu besitzen. Man navigiert sich durch einen einfachen Baum von Entscheidungen. Am Ende hört man "Vielen Dank für Ihren Anruf. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag", egal ob das Problem gelöst wurde, oder nicht. In einigen der Auswahlmenüs bekommt man eine Antwort, die so absurd ist wie die Situation: Man ruft an weil man den Internet-Service nicht aufrufen kann, aber die aufgespielte Antwort lautet: "Wählen Sie sich ein und erkundigen Sie sich auf unserer Website." Oder man ruft an weil man die Maschine nicht starten kann (weiche Schalter sind schwierig zu programmieren). Die Antwort lautet: "Schalten Sie die Maschine ein und rufen Sie die Online-Bedienungsanleitung auf!" -- Vielen Dank. So irrational das klingt, so ist es doch charakteristisch für das Problem der herrschenden deterministischen Sichtweise, nach der alles als ein Problem der Physik behandelt werden kann (z.B. als eine Abfolge von Ursache und Wirkung). Brächte uns eine Wendung in unserem Weltverständnis jedoch dazu, zu realisieren, daß die Realität wie wir sie erfahren, die Einheit von Aktion-Reaktion und Antizipation-Proaktion ist, könnten wir viele Frustrationen durch versagende Systeme vermeiden.

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Abb. 1

In einer Welt, die sich immer schneller verändert, werden Zusammenbrüche häufiger auftreten -- außer und bis antizipatorische Mechanismen in die von uns gebauten Systeme eingefügt werden. Wir brauchen gute Segmentierungsprozeduren, die zu Fehlerbegrenzungen führen. Als die Dot.com-Firmen den Bach runter gingen waren wir lediglich in der Lage zu seufzen und auf so etwas wie eine zyklische Wiederbelebung zu warten. Sie wird nicht kommen. Dynamische Systeme sind nicht zyklisch, sie folgen dem Prinzip der Bifurkation ('Verzweigung').

 

Natur kann als ein dynamisches System beschrieben werden, das sich durch Sequenzen hin entfaltet, die zu einem Attraktor führen.

Die Gesellschaft muß das mit der Pragmatik einer vom Schreiben und Lesen dominierten Kultur verbundene Modell der Dauer aufgeben. Wir leben in einer neuen Zeit einer immer größeren Zahl interagierender Systeme. Einige dieser Interaktionen sind relativ schwach: die Beziehung z.B. zwischen der Fußballmannschaft die die Weltmeisterschaft gewinnt und der industriellen Produktion des Staates in den Tagen nach der Meisterschaft. Andere sind relativ stark: der Einfluß der Gefahr eines Krieges im mittleren Osten auf die Ölpreise auf dem Weltmarkt. Solche Interaktionen werden auf viele Arten ausgedrückt. Das Visuelle dominiert und Multimedia ist dabei, die Homogenität der Schriftlichkeit durch die Heterogenität zu ersetzten, die mit dem Lebendigen einhergeht. Wie Walter Elsasser beobachtete, ist die Welt der Physik eine Welt homogener Entitäten: alle Elektronen (oder jede andere physikalische Entität) sind identisch. Die Welt des Lebendigen jedoch ist unendlich heterogen. Keine zwei Menschen, keine zwei Grashalme sind gleich, wie Aristoteles feststellte. Systeme stellen ein Erklärungsmodell einer Welt dar, die Homogenität (alle Maschinen sind gleich) und Heterogenität kombiniert. Wir begehen den grundlegenden Fehler, Heterogenität zugunsten von Systemeffizienz zu eliminieren. Künstler, von dem Wunsch beherrscht, anders zu sein, wissen, daß die effektivsten Arbeiten jene sind, die wir originell nennen.

Wenn wir das Systemversagen des Erziehungswesens, der Gesundheitsfürsorge und der Kommunikationssysteme vermeiden wollen, müssen wir sie neu erfinden, -- nicht als homogene Maschinen, sondern als Kombinationen des Physikalischen (alle in der Erziehung, der Medizin und Kommunikation verwendeten Technologien und Strategien) und des Lebendigen. Dies wird möglicherweise nicht Mithilfe der Ideen oder Methoden geschehen, für die wohlmeinende rationale Intellektuelle oder idealistische Aktivisten eintreten, sondern statt dessen durch die Sequenz von Bifurkationen, durch die dynamische Systeme beschrieben werden können. Sei es ein tropfender Wasserhahn, das Bevölkerungswachstum, oder die Sequenz pragmatischer Rahmenhandlungen, die vom primitiven Jäger-Sammler bis zum Postindustriellen reicht, die Existenz eines Attraktors ist wahrscheinlich, wenn sich die Bifurkationen häufen und enger aufeinander folgen. Danach tritt das System in ein Stadium scheinbarer Ausgeglichenheit ein, d.h. es verliert seine Dynamik. Um Veränderung zu erreichen wird das System zurückgesetzt.

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Abb. 2

Vor einigen Jahren sah ich eine Dokumentation über die Menschheitsgeschichte und machte eine Beobachtung, die viele andere mit Bezug auf unsere Zeit gemacht haben: Historische Zyklen verkürzen sich. Mehr noch, die Geschwindigkeit des Lebens hat in unserer Zeit zugenommen (zu dieser Hypothese siehe Abb.2).

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Abb. 3

Wichtig ist Folgendes: Die verschiedenen historischen Phasen (Jagen und Sammeln, Ackerbau, vorindustriell, industriell, etc.) folgen in kürzeren Abständen aufeinander. Nach meiner Hypothese kann die versteckte Ordnung in dieser Folge qualitativ in einer ähnlichen Weise beschrieben werden, wie die Bifurkationen in lebenden Systemen. Hier muß genügen, darauf hinzuweisen, daß ein Deskriptor wie die Feigenbaumkonstante, die den Rhythmus von Bifurkationen in der Natur beschreibt, vermutlich auch die Dynamik aufeinanderfolgender historischer Zyklen quantifiziert. Vergangene Bifurkationen sind einfach zu verstehen. Sogar die Bifurkation, die zu unserer postindustriellen Ära führt, ist selbsterklärend. Wenn wir uns der Feigenbaumkonstante bedienen und sie im obigen Sinne anwenden kommen wir zu der Entdeckung, daß die nächste Bifurkation vermutlich um das Jahr 2016 stattfindet, worauf eine Weitere im Jahr 2018 folgt. Demnach bestimmt die Zukunft -- sagen wir ein Zustand, der einer Dynamik entspricht, die nicht länger aufrecht erhalten werden kann -- einen derzeitigen Zustand. Die Gesellschaft als ein antizipatorisches System bezieht Versagen als ein implizites Kennzeichen ihrer niemals endenden Dynamik mit ein. Versagen ist schließlich das, was wir als solches wahrzunehmen meinen, eine Beobachtung, aber nicht notwendig ein bestimmter Zustand im Funktionieren des Systems, der zu dessen Zerstörung oder Verschwinden führen mag. Versagen ist stets relativ im Bezug auf ein Ziel und als solches teleologisch und nicht deterministisch definiert.

Vermutlich ist die Wiederentdeckung des Menschen als einem Agenten der Antizipation, komplementär zur Voraussagekraft physikalischer Beschreibungen, als nächster Aufbruch der Menschheit zu erwarten.

Im systemischen Blick auf die Menschheit ist der RESET-Knopf in der Dynamik der Existenz impliziert. Schließlich wird Antizipation nicht von außerhalb angestoßen, sondern bildet das Ergebnis von Bezügen zwischen eintreffender Information und der Information, die das Lebendige aus sich heraus generiert.

(Aus dem Englischen von Alexander Schlutz.)

 

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