„Ich bin zu deutsch, um Türkin zu sein, und zu türkisch, mich eine Deutsche zu nennen.“
So charakterisiert sich die Journalistin Akyün in ihrem kleinen Büchlein. Geboren in Anatolien ist sie in Duisburg aufgewachsen und lebt jetzt in Berlin. Sie war nie die folgsame türkische Tochter, sondern sie hat früh und konsequent die Lebensgewohnheiten ihrer neuen Heimat angenommen, ohne jedoch ihre türkischen Wurzeln zu kappen. Und so kann sie problemlos zwischen beiden Welten wechseln, und daß es zwei Welten sind, in denen Türken und Deutsche leben, beschreibt sie in ihrem Buch sehr plastisch und amüsant.
Sie zeigt uns, und ihr Bruder Mustafa ist das Paradebeispiel dafür, daß alle Vorurteile über die Türken in Deutschland zutreffen – und sie zeigt gleichzeitig, daß sie falsch sind. Es gibt eben nicht den Türken schlechthin, sondern viele, viele einzelne, die jeweils auf ihre persönliche Art integriert – oder auch nicht integriert sind. Besonders interessant sind aber die Passagen, in denen Akyün uns Deutsche den Spiegel aus der Sicht einer Türkin vorhält (insbesondere natürlich den Männern, die im Vergleich zum türkischen Mann erst einmal nicht so gut wegkommen, zumindest aus türkisch-weiblicher Sicht…), denn diese Sicht kennt man als Deutscher gewöhnlich nicht. Und sofort merkt man, daß Integration ja nicht nur heißt, neue Verhaltensweisen zu adaptieren, sondern auch, alte, liebgewonnene unter Umständen aufzugeben, was ja (seien wir ehrlich) garnicht so einfach ist.
Thema des Buches ist das tägliche Leben, angefangen von den Esssitten, der unterschiedlichen Art die Wohung einzurichten und auszustaffieren, dem Rollenverständnis von Mann und Frau bis hin zum Verhältnis der Familienmitglieder untereinander. Ein Schwerpunkt sind aber zweifellos ihre dem Verhältnis von Männern und Frauen gewidmeten Ausführungen oder (wie es der Klappentext plakativ ankündigt:) kurzgesagt: dem unterschiedlichen Balzverhalten von Türken und Deutschen. Wer da an manchen Stellen nicht grinsen muss, … na ja, der muss eben nicht grinsen. Aber ich habe schon…
Kann man sich als Mädchen bzw Frau gegen die Zwänge tief verwurzelter gesellschaftlicher Traditionen wie gerade der türkischen, zur Wehr setzen, setzt dies ein starkes Selbstbewusstsein und einen starken Willen voraus. Mit beidem scheint Frau Akyün ausgestattet zu sein, bei allem Amusement beim Lesen muss man festhalten, daß Selbstzweifel bei ihr nur selten zu spüren sind. Gerade auch auf ihre erotische Ausstrahlung, unterstützt durch tiefe Dekolletes und High Heels, mit der sie die deutsche Männerwelt in Verlegenheit bringt, ist sie stolz und trägt sie wie ein Banner vor sich her. Die erste Faltencreme als Geschenk zum 30. Geburtstag bereitet ihr nur wenig Freude….
Was man von dem Buch nicht erwarten darf (dies wird in Besprechungen des öfteren kritisiert), ist eine tiefgründige soziologische Studie. Natürlich ist hier alles subjektiv erzählt und mit Blick auf Effekt geschrieben, man darf sicher nicht alles verallgemeinern. Von 192 Taschenbuchseiten kann man nicht die Erklärung aller Phänomene verlangen. Aber ist es deswegen schlecht? Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Werken wird das Buch von Akyün gelesen, der Inhalt prägt sich ein und gerade was die Aussagen der Autorin über uns Deutsche betrifft, hat man so manches Aha-Erlebnis. Wer tiefgründiges nachschieben will, nur zu, es sei empfohlen… man wird fündig werden. Aber ob das dann für uns normale Leser so unterhaltend und einprägsam ist, bezweifel ich, schon ein Buch wie die Untersuchung von Kelek über die Erziehung türkischer Jungen ist, obschon fundierter in den Aussagen, schwieriger zu lesen und leichter wieder zu vergessen….
Facit: kurzweilig, amüsant, erhellend und Verständnis weckend. Sowie mit manchen Aha-Erlebnissen, wie wir so in den Augen der Türken erscheinen….
Hatice Akyün
Einmal Hans mit scharfer Soße
Goldmann Tb, 2007, 192 S.
ISBN-10: 3442154391
ISBN-13: 978-3442154395
Aber gerne doch…. Viel Spaß beim Lesen!
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Ah, vielen Dank für die „Erinnerung“: Dieses Buch hat mir eine Freundin schon vor einiger Zeit wärmstens empfohlen, nur hatte ich immer vergessen, es auf meine Merkliste zu setzen. Das hab ich jetzt nachgeholt. :)
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