
208 Seiten, Hardcover / Erscheinungstermin 28.Januar 2015
ISBN 978-3-406-67370-2 → C.H. Beck
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Inhalt
You’re on Earth. There’s no cure for that.
Samuel Beckett, Endgame
ASTRONAUTEN ist eine Geschichte unserer Zeit, die von den Geschehnissen eines Sommers erzählt. Die Wege von drei Teenagern: Darko, Zeno und Mara sowie drei Erwachsenen: dem Kleinkriminellen Alex, dem jungen Polizisten Niko und seinem ehemals besten Freund, dem Taxifahrer Alen, kreuzen sich. Allesamt sind sie Rastlose, getrieben von Sehnsucht und Lebenslust, zwischen Anpassung und Freiheitsdrang, Spieltrieb und Realität. Alle haben sie aus verschiedenen Gründen den Kontakt zu ihrem bisherigen Leben verloren, alle müssen sich neu orientieren – wie Astronauten, deren Verbindung zum Mutterschiff unterbrochen worden ist. Sechs Stimmen gegen die Welt, Geschichten von Liebe und Verrat, von Vereinsamung und Zugehörigkeit: eine poetische Reise in die Gegenwart.
AUSZÜGE
DARKO
»Ich zögere, während Zeno schon abtaucht und die ersten es ihm gleichtun, aber dann steh auch ich auf, weil ich weiß, dass es jetzt wichtig ist, ins Wasser zu hechten, kopfüber, und ob die Mädchen, wann sich die Mädchen aus dem Dunkel lösen werden und zu uns ins schwarze Wasser gleiten. Unsere halbnackten Schemen lackern im gelben Laternenlicht, der See wird der Strand der Stadt, an dem wir angespült worden sind.«
ALEN
»Da war es wieder, eine Leichtigkeit, ein Unbesiegbarkeitsgefühl, das ich lang vergessen hatte, ähnlich dem, wenn man eben erst richtig gut gevögelt hat. Jemand nimmt also noch wahr, dass du ein Mensch bist, nicht nur irgendjemand oder eine Ansammlung Moleküle, die sich zufällig irgendwo neu zusammensetzen, am falschen Ort zur falschen Zeit.«
ZENO
»Ich hab meine Theorien, und ich bin mir sicher, dass mittlerweile ein Haufen Affen im Weltraum sitzt, dass diese Weltraumaffen zusammensitzen und uns zusehen und sich kaputtlachen über uns, wie nur Planzen, Eichhörnchen und Weltraumaffen lachen können und sich dabei abwechselnd Mund, Augen, Ohren zuhalten müssen, damit sie Nichts Böses hören, Nichts Böses sehen, Nichts Böses sagen, und eins noch, das Wichtigste von allem: Nichts Böses tun.«
NIKO
»Ein sehr hohes, sehr feines Geräusch, das die Luft sirren lässt. Das unbestimmte Gefühl, es käme nicht von außen, sondern aus deinem Kopf. Als säße es zwischen den Augen, direkt hinter deiner Stirn, hätte da auf dich gelauert, immer schon, und nur auf den richtigen Moment gewartet. Das Sirren scheint sich an manchen Ecken des Raumes zu verdichten, um sich gleich darauf wieder aufzulösen, leiser zu werden. Vielleicht hat alles damit angefangen. (…) Ich beobachte Alen, der mich beobachtet, und frage mich, ob es nur dieses Früher gibt, das uns zusammenhält. Kein Hier und Jetzt. Wir behalten unsere Geheimnisse für uns, wahrscheinlich sollte man das auch. Vielleicht endet jedes Gespräch, jeder Abend, mit einer Liste von Dingen, die man hätte gesagt haben wollen sollen müssen. Mit einer offenen Klammer.«
ALEX
»All diese Gedanken, die irgendwie in meinen Kopf gelangt sind, um hier für einen Moment zu kreisen. Die kurz verweilen und beinahe spurlos weiterziehen, sich ein anderes Zuhause suchen. Wie die unzähligen Möglichkeiten von einem Zuhause, in dem man sich einrichten kann: Hofruhelage, Wannenbad, Wohnküche, Durchreiche, Milch im Kühlschrank, Gästehandtücher. Ich schreite die Räume ab.«
MARA
»Alles Mitwirkende, Amateure, Dilettanten. Meine Mutter, die in diesem Moment im Wohnzimmer erst vornüberschwankt, dann seitlich umkippt und auf den Rücken rollt, ohne aufzuwachen. Der Alte in seinem Hobbykeller, der versucht, seine Erektion zu verbergen, während sein Schweiß neben die Füße des Stativs tropft. Alen, der am Steuer seines Wagens sitzt, vielleicht einen letzten Fahrgast über Umwege durch die Stadt fährt, während sein Blick auf den Papierfuchs fällt, den ich ans Armaturenbrett geklemmt habe. Meine Therapeutin, die im Schutz der Dunkelheit in ihren Garten hinausläuft, um die Erde auf dem frischen Grab festzutreten. Darko, der an meinem Haar schnuppert, sein Atem dicht an meinem rechten Ohr. Alen, der das Wort kostet: Kitsune, der sitzende Fuchs, zittert im nervösen Luftgekreisel der Klimaanlage.«