SteglitzMind stellt Frank Duwald mit „dandelion“ vor

Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.

Heute lernen wir Frank Duwald mit dandelion | abseitige Literatur kennen. Vorgeschlagen hatte das Petra Gust-Kazakos, die Philea’s Blog pflegt.

 Dein Steckbrief in Stichworten…

Geboren 1965. Technische Ausbildung. In einem Beruf tätig, der nichts mit Literatur zu tun hat. Schreibe seit ca. dreißig Jahren Buchrezensionen und Artikel, zu prä-Internet-Zeiten erst in Fanzines, dann in eher semi-professionellen und auch kommerziellen Literatur-Magazinen.

Seit wann, warum und wo bloggst du?

Ich blogge seit April 2013 mit dandelion. Ich nutze WordPress und habe es nie bereut, diese Wahl getroffen zu haben. WordPress ist sehr intuitiv zu bedienen, bietet viele nützliche Features, und die interne Vernetzung mit anderen Blogs ist einfach ausgezeichnet. War aber purer Zufall, dass ich WordPress genommen habe.

Deine Themenschwerpunkte?

Der alte Untertitel von dandelion – „phantastische Literatur“ – schien für die meisten Leser irreführend zu sein, da oft pure Fantasy etc. dahinter vermutet wurde. Tatsächlich stand für mich dieses Label aber eher für „außergewöhnliche Literatur“. Inzwischen habe ich den Titel in dandelion | abseitige Literatur geändert, womit ich mich sehr viel wohler fühle.

Frank Duwald @ Jana Duwald

Frank Duwald @ Jana Duwald

Mein übergeordneter Themenschwerpunkt ist zunächst: Alles, was ich gern lese. Ich rezensiere in dandelion nur Werke, die ich persönlich für gut erachte, egal, ob sie klassisch oder modern sind und auch egal, ob sie einem bestimmten Genre angehören oder nicht. Solche Kategorisierungen mögen für Verlage und Buchhändler wichtig sein – für mich sind sie es nicht. Für mich gibt es grob gesehen nur die Klassifizierung „gut“ oder „schlecht“. Ebenfalls keine Trennung mache ich in Bezug auf die Erscheinungsform des jeweiligen Textes. Ich rezensiere Romane genauso wie Kurzgeschichten, Erzählungen und Novellen, die in Anthologien, also nicht als eigenständige Publikation, erschienen sind. Für mich macht auch das keinen Unterschied. Die Texte unterscheiden sich erst einmal nur in ihrer Länge. Letztlich zählt auch hier für mich ausschließlich die Qualität.

Für Verrisse ist mir meine ohnehin knappe Freizeit einfach zu schade. Man könnte daher dandelion eher als einen persönlichen Literatur-Empfehlungsblog sehen. Hinter diesem Konzept haben sich natürlich durchaus einzelne Themenschwerpunkte herauskristallisiert. So habe ich ein Faible für viktorianische Literatur, insbesondere die klassische englische Geistergeschichte sowie die gothic novel. Ich liebe diese romantische Stimmung von efeuüberwachsenen Gemäuern. Außerdem ist es mir immer wieder ein großes Vergnügen, den unermesslichen sexuellen Subtext dieser von sexuellen Repressalien gepeinigten Generationen zu entkodieren.

Daneben halte ich verstärkt nach anspruchsvollen Liebesgeschichten Ausschau, was wohl auf das Konto des Romantikers in mir geht. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich die Klassiker den modernen Werken vorziehen. In einem Großteil der zeitgenössischen Literaur fehlt mir die Gemächlichkeit und der Detailreichtum, mit der zunächst einmal in aller Ruhe der Handlungsrahmen und die Charaktere entwickelt werden. Ganz pauschal gesagt sind die Klassiker oft zwar etwas zäher zu lesen als moderne Romane, dafür wirken sie im Kopf und im Herzen aber viel länger nach.

 Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Ich bin nicht sehr auf dem Laufenden, was das betrifft. Was aber immer wieder diskutiert wird, ist ja „Buchhandel vs. Amazon“. Ich finde die Idee einer mit Büchern vollgestopften Buchhandlung ja sehr erstrebenswert, und ich unterstütze das, wo ich nur kann. Aber, wenn ich (wie es mir leider schon oft passiert ist) einen wirklich allbekannten Klassiker kaufen möchte, dafür zehn Kilometer zur nächsten Buchhandlung fahren muss, letztendlich ich den Buchhändler berate, nur um zu erfahren, dass das Buch erst noch bestellt werden muss, dann bin ich schon manchmal in der Versuchung bei Amazon aufs Knöpfchen zu drücken und auf den Postboten zu warten…

Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?

Hauptsächlich über die üblichen Kanäle. Facebook bringt mir bei jedem Posting eine konstant kleine Besucherzahl. Eine nachhaltige Wirkung hat für mich die Verlinkung mit anderen Blogs über WordPress. Eigentlich bin ich eher einer, der am liebsten im Hintergrund sein Ding macht, aber ich habe schnell festgestellt, dass man so nicht weiterkommt und es einfach auch keinen Spaß macht, wenn man sich nicht mit Gleichgesinnten austauscht. Ich denke, jeder, der behauptet, ihm sei es egal, wie viele Leser er hat, lügt. Letztlich sind wir in diesem Punkt alle eitel und wollen etwas Anerkennung. Da bietet WordPress ein großartiges Instrumentarium. Ich bin auch in diversen Genre-Foren unterwegs. Die Leser des Horror & Thriller Forums beispielsweise gehören zu meinen treuesten, anspruchsvollsten und tolerantesten Lesern, und dass, obwohl ich diese Genres nur sehr rudimentär streife. – Twitter und diese ganzen Blog-Verzeichnisse bringen dagegen in meinem Fall rein gar nichts.

Was sollte ein Blogger besser sein lassen?

Ich glaube, eine der Todsünden des Bloggers ist, zu viel und zu penetrante Werbung für den eigenen Blog zu machen. Wenn man jeden neuen Beitrag in Facebook in zehn Gruppen postet, hat man sehr gute Chancen, ziemlich kurzfristig im Junk-Ordner zu landen. Da ist schon etwas Fingerspitzengefühl gefragt. Ich selbst habe mir rechtzeitig einiges bei den etablierten Blogs abgeschaut, sonst wäre ich wohl auch in diese Falle getappt.

Ebenfalls nicht empfehlenswert finde ich, sich selbst mit der Jagd auf möglichst viele Follower und Hits zu stressen. Steigende Tendenzen erreicht man sowieso nur durch kontinuierliches Kontaktknüpfen, und mir persönlich sind 20 Follower, von denen ich weiß, dass sie jede meiner Rezensionen wirklich lesen, viel lieber als 200 Follower, die ihre „Neuer Beitrag“-Mails nach einem kurzen Blick sofort löschen. Hier sollte man als Blogger meiner Meinung nach seine eigene Philosophie entwickeln, sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert.

Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?

Solange man sich nicht daneben benimmt, sehe ich eigentlich keine Hürden von außen. Hürden spielen sich eher im eigenen Kopf ab. So besteht die Gefahr, dass man sich von den Follower-Zahlen etablierter Blogs einschüchtern lässt. Das gleiche gilt für Kommentare auf Beiträge hin. Während es die bekannten Blogs locker auf durchaus vierzig Kommentare pro Beitrag bringen, muss man sich als Frischling darauf einstellen, dass die ersten Monate möglicherweise nicht ein einziger Kommentar kommt. Da ist einfach eine entspannte Einstellung zum eigenen Blog gefragt. Ich muss mich selbst aber auch immer mal wieder zurück pfeifen und daran erinnern, dass das ein Hobby ist und kein Job, der am Erfolg gemessen wird.

Schwierigkeiten hatte ich bisher nur einmal, als ich für meine Rezension von Dracula in einem Vampir-Forum etwas Werbung in Form eines Links angebracht hatte und plötzlich die gesamte Belegschaft mein Blut wollte. Die Vampire empörten sich öffentlich über mich und meine Dreistigkeit, meinen ersten Beitrag in ihrem Forum für Werbung zu missbrauchen. Interessanterweise gab es keine Möglichkeit, den Account zu löschen. Inzwischen wurde ich verurteilt und in Form einer Account-Sperrung bestraft. Mein Beitrag ist immer noch dort zu lesen – mit gelöschten Links. Auf so etwas kann man wirklich verzichten.

Dein schönstes Erlebnis als Blogger…

Als mir der dandelion-Leser Jörg Wald schrieb: „Ich kenne wohl niemanden, der Bücher so liebt und dies so herzinnig begründet. Ich glaube, du könntest ein Telefonbuch verzaubernd und leseanregend besprechen…“ Wir sind inzwischen Freunde. So etwas können hundert anonyme Follower nicht toppen.

Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?

Kam bisher nur durch Autoren vor. In diesem Fall schaue ich mir genauer an, ob das etwas für mich sein könnte und sage entweder „ja“ oder „nein“. Im Normalfall fordere ich selbst ganz gezielt Rezensionsexemplare beim Verlag an. Wenn ich das mache, fühle ich mich allerdings auch irgendwie moralisch verpflichtet, eine Rezension zu schreiben.

Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?

Auch hier würde ich jeweils selbst entscheiden wollen, ob ich ein Rezensionsexemplar haben möchte oder nicht.

Wie hältst du es mit dem E-Book?

Ich habe bisher keinen E-Book-Reader. Für mich wird ein gebundenes Buch immer das Maß der Dinge bleiben. Das Gefühl, ein neues Buch zu öffnen, das Knistern zu hören und den typischen Buchgeruch zu riechen, ist durch keine Technik dieser Welt ersetzbar. Das ist ungefähr so, als würde man sich einen Kunststoff-Weihnachtsbaum ins Wohnzimmer stellen. Ich finde ein E-Book aber durchaus praktisch, wenn man viel auf Reisen ist oder mit schlechten Lichtverhältnissen zu kämpfen hat. Da ich aber sehr viele lange vergriffene Titel lese und bespreche, macht ein E-Book-Reader für mich einfach keinen Sinn.

Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5). Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Viele viele sehr gute Blogs wurden in anderen Beiträgen schon genannt. Deshalb empfehle ich hier ausschließlich Blogs, die noch nicht genannt wurden. Daher nenne ich: Hauptsache Bücher, Molochronik, Vnicornis, Frank Böhmert und Uwe Voehl – Lieben, leiden, sterben. In dieser Reihe zu Wort kommen sollte kiyaliest.

Danke sehr, Frank. Schön, dass du hier dabei bist.

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Zuletzt stellte sich Frank Böhmert mit seinem gleichnamigen Blog vor. – Eine Übersicht über die 74 Blogger und Bloggerinnen, die bislang Rede und Antwort standen, und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier

8 Kommentare zu “SteglitzMind stellt Frank Duwald mit „dandelion“ vor

  1. Für meine Person empfiehlt es sich, einem solchen Blog, der Blogseiten empfiehlt, die ihrerseits Bücher empfehlen, die für mich von gewissem Interesse sein könnten, bis zur Sättigung meines Interesses, die, so gut ich kenn ich mich nun mittlerweile, höchstwahrscheinlich nicht eintreten sollte, zu folgen. Und ich nehme die Empfehlung hiermit an.

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