Meine Schreibtischplatte (die keine Musik spielt, wenn man mit einer Nadel durch die Rillen, die es längst schon gibt, kratzt – höchstens, man würde das Geräusch, das dabei entsteht, für die Fetzen eines Schlagers halten, eines Popsongs, der vom Alltag geschrieben und produziert wurde) ist aus Glas. Es ist, als würde ich auf Wasser schreiben.
Ein starres Gewässer ist es, das bewegungslos in der Ecke des Zimmers ruht und nichts von Fischen oder Libellen weiß. Mit meinen Füßen, meinen Oberschenkeln tauche ich ein. Sie kühlen nicht ab, sie spüren keine unterirdischen Strömungen. Nie trete ich auf einen Stein.
Eine künstliche Sonne, eine in einem Baumarkt oder anderswo erstandene Lampe, ich kann mich nicht mehr erinnern, scheint auf den kleinen See hinab. Mein Finger gibt den Zeitpunkt des Sonnenaufgangs vor, so wie er auch die Nacht ruft. Die Sonnentage nehmen in den Wintermonaten zu. Im Sommer dagegen benötigt mein See die Kunstsonne kaum. Nur in den späten Abendstunden, aber an denen schreibe ich nicht auf dem Wasser. An denen schreibe ich überhaupt nicht.
Die Tastatur treibt wie ein Floß auf dem See, manchmal, wenn meine Finger wie ein Orkan auf sie niedersausen. Meist aber ruht sie wie ein verankerter Lastkahn an ein und derselben Stelle, so unbeweglich wie alles andere. Die Mannschaft trägt Buchtstaben auf ihren schwarzen Mützen, direkt nach oben in den Himmel weisend, damit ich sie auseinanderhalten kann, wenn ich sie rufe. Um sie fast unmerklich aufschreien zu lassen, drücke ich mit meinem Finger ihren Kopf ein wenig; ganz sacht tue ich das, auch wenn die Besatzung das anders sieht und bereits etwas Zurückhaltung angemahnt hat.
Weiße Zettelrosen schweben über meinen Schreibtischsee. Sie duften nach nichts. Es gibt einen kleinen Bücherfelsen, von dem keine Jungen schreiend springen.
Mein See ist ein einsamer Ort, an dem alles erst belebt werden muss. Nichts geschieht, wenn ich es nicht träume. Deshalb ist der See nicht wichtig, vielleicht auch deshalb, weil es ihn überhaupt nicht gibt.