Nachgefasst: Zwei Cindys und ein Joker
Sehen Sie, ich spiele nicht in der gleichen Liga wie Cindy Sherman, und mit Cindy aus Marzahns grellem Humor kann (und will) ich’s auch nicht aufnehmen - um nur zwei Künstlerinnen zu nennen, die sich konzeptuell mit Fragen von Identität, Rollenbildern, Körperlichkeit und Sexualität auseinandersetzen. Beides Frauen, unnötig zu sagen, die ich bewundere.
Ich bin ein Joker. Ich weigere mich, konventionelle Ausstellungen zu machen. Ich betrete auch keine Bühnen, außer der virtuellen. Beides war mal anders, doch das liegt ein paar Jahre zurück. Auf meinen Vernissagen langweilte ich mich wegen der ewig zu wiederholenden Aussagen die eigene Arbeit betreffend, auf der Bühne ging’s mir, einmal hinunter gestiegen, schlecht, weil ich mir einbildete, die Leute würden mich fressen wollen. Also ging ich ins Netz.
Wenn das mal keine saugute Entscheidung war.
Klar, auch eine Bühne. Aber eine, auf der ich den Kontext, innerhalb dessen ich künstlerisch wirken will, erstmal schaffen muss. So ein Weblog ist ein inflationäres Produkt. Es ist verdammt leicht, eins zu machen. Und durchaus schwer, ihm eine Gestalt zu geben, die über Äußerungen privater Meinungen und Befindlichkeiten hinausgeht. Muss man ja auch nicht.
Ich aber schon. Ich muss. Künstlerisches Handeln ist kein Spaziergang im Grünen. Es treibt einen. Und man versucht ständig, die Zügel in der Hand zu behalten, obwohl man weiß, ohne Zügel wird’s aufregender.
Ich schreib’ das absichtlich so schlicht, theoretisieren war noch nie attraktiv für mich, das können andere besser. Die meisten Künstler:innen sind heilfroh, wenn die ersten Kunstgeschichtler und Kulturwissenschaftler beginnen, sich auf das Werk einzulassen – dann müssen sie diese Verkontextualisierung nicht mehr selbst leisten. Am besten sind natürlich Doktorarbeiten ; )
Anyway, in meinem Fall ist das nur ansatzweise geschehen bisher, deshalb bin ich noch zuständig. Vielleicht auch besser so.
Eine meiner guten Entscheidungen war die, TT vor einiger Zeit mit „Ateliertagebuch“ zu untertiteln. (Obwohl ich immer noch dem damals von Alea Torik vorgeschlagenen „Künstlertastaturin“ nachtrauere, doch das klang einfach zu textlastig)
Ich lasse Sie, Leser:innen, an Prozessen teilhaben: d a s wird durch das Tagebuch möglich. Mir selbst gestehe ich zu, Zwischenständen ebenso viel Gewicht einräumen zu dürfen wie Ergebnissen – auch d a s ermöglicht die Tagebuchform.
Manchmal schreibe ich literarische Texte, manchmal auch Unfug – Ungefügtes. Manchmal zeige ich hingeworfene Zeichnungen, manchmal welche, an denen ich lange gearbeitet habe. Zwischendurch zeig’ ich so ziemlich alles, was mir Vergnügen macht. Ich robbe mich hier auf TT so langsam an etwas heran, das ich ganz heimlich für mich selbst „Profil“ nennen würde.
Ich will ein Revier markieren. Ganz ohne Theorie wird das nicht klappen, aber ich hoffe immer noch, dass die nach und nach - nicht nur durch meine Hand - den Knochen liefern wird, an dem das Fleisch sitzen kann. (Mit Fleisch kenne ich mich aus)
TT, und auch die Reihe „Einmal geübt, schon gekonnt“ ist verwandt mit Ansätzen, die andere Künstlerinnen in anderen Territorien erfolgreich veranschaulichen. Dass ich sie im Netz zeige, macht sie allerdings verwundbar. Würde ich ein Foto wie das jüngste im Zuge einer Gruppenausstellung zum Thema weibliche Rollenbilder zeigen, käme wohl niemand auf die Idee, mit einem anderen Besucher darüber zu diskutieren, ob die Künstlerin nun ein Höschen trägt oder nicht. Dass das im Netz anders läuft, ist gleichzeitig Vor- wie Nachteil, interessant für mich ist es allemal. Auch riskanter. Aber interessant. Für mich ist die Serie vor allem anderen eine Neuinszenierung von Identität: ich markiere ein Frausein mittels unterschiedlicher Szenarien; ich vergewissere mich meines eigenen Blickes. Die Fotos entstehen mit Selbstauslöser: wäre ein Fotograf anwesend, sie würden viel zu perfekt, um dem Werden, das mich interessiert, noch entsprechen zu können. Es geht darum, nicht üben zu müssen. Auch das Frausein nicht. Sondern eine zu sein. Mit allem.
(to be continued)
p.s. Eben lese ich, Melusine B.zitiert >>>hier den Kontext, in dem sie die Serie wahrnimmt... uff ; )
21:23
Bin ein bißchen außer Atem. Und danke Ihnen, Leser:innen, für die Welle. Vieles von dem, was Sie heute geschrieben haben, wird noch eine ganze Weile nachwirken.
Die Anderen:: Gespräche über Kunst
Ich bin ein Joker. Ich weigere mich, konventionelle Ausstellungen zu machen. Ich betrete auch keine Bühnen, außer der virtuellen. Beides war mal anders, doch das liegt ein paar Jahre zurück. Auf meinen Vernissagen langweilte ich mich wegen der ewig zu wiederholenden Aussagen die eigene Arbeit betreffend, auf der Bühne ging’s mir, einmal hinunter gestiegen, schlecht, weil ich mir einbildete, die Leute würden mich fressen wollen. Also ging ich ins Netz.
Wenn das mal keine saugute Entscheidung war.
Klar, auch eine Bühne. Aber eine, auf der ich den Kontext, innerhalb dessen ich künstlerisch wirken will, erstmal schaffen muss. So ein Weblog ist ein inflationäres Produkt. Es ist verdammt leicht, eins zu machen. Und durchaus schwer, ihm eine Gestalt zu geben, die über Äußerungen privater Meinungen und Befindlichkeiten hinausgeht. Muss man ja auch nicht.
Ich aber schon. Ich muss. Künstlerisches Handeln ist kein Spaziergang im Grünen. Es treibt einen. Und man versucht ständig, die Zügel in der Hand zu behalten, obwohl man weiß, ohne Zügel wird’s aufregender.
Ich schreib’ das absichtlich so schlicht, theoretisieren war noch nie attraktiv für mich, das können andere besser. Die meisten Künstler:innen sind heilfroh, wenn die ersten Kunstgeschichtler und Kulturwissenschaftler beginnen, sich auf das Werk einzulassen – dann müssen sie diese Verkontextualisierung nicht mehr selbst leisten. Am besten sind natürlich Doktorarbeiten ; )
Anyway, in meinem Fall ist das nur ansatzweise geschehen bisher, deshalb bin ich noch zuständig. Vielleicht auch besser so.
Eine meiner guten Entscheidungen war die, TT vor einiger Zeit mit „Ateliertagebuch“ zu untertiteln. (Obwohl ich immer noch dem damals von Alea Torik vorgeschlagenen „Künstlertastaturin“ nachtrauere, doch das klang einfach zu textlastig)
Ich lasse Sie, Leser:innen, an Prozessen teilhaben: d a s wird durch das Tagebuch möglich. Mir selbst gestehe ich zu, Zwischenständen ebenso viel Gewicht einräumen zu dürfen wie Ergebnissen – auch d a s ermöglicht die Tagebuchform.
Manchmal schreibe ich literarische Texte, manchmal auch Unfug – Ungefügtes. Manchmal zeige ich hingeworfene Zeichnungen, manchmal welche, an denen ich lange gearbeitet habe. Zwischendurch zeig’ ich so ziemlich alles, was mir Vergnügen macht. Ich robbe mich hier auf TT so langsam an etwas heran, das ich ganz heimlich für mich selbst „Profil“ nennen würde.
Ich will ein Revier markieren. Ganz ohne Theorie wird das nicht klappen, aber ich hoffe immer noch, dass die nach und nach - nicht nur durch meine Hand - den Knochen liefern wird, an dem das Fleisch sitzen kann. (Mit Fleisch kenne ich mich aus)
TT, und auch die Reihe „Einmal geübt, schon gekonnt“ ist verwandt mit Ansätzen, die andere Künstlerinnen in anderen Territorien erfolgreich veranschaulichen. Dass ich sie im Netz zeige, macht sie allerdings verwundbar. Würde ich ein Foto wie das jüngste im Zuge einer Gruppenausstellung zum Thema weibliche Rollenbilder zeigen, käme wohl niemand auf die Idee, mit einem anderen Besucher darüber zu diskutieren, ob die Künstlerin nun ein Höschen trägt oder nicht. Dass das im Netz anders läuft, ist gleichzeitig Vor- wie Nachteil, interessant für mich ist es allemal. Auch riskanter. Aber interessant. Für mich ist die Serie vor allem anderen eine Neuinszenierung von Identität: ich markiere ein Frausein mittels unterschiedlicher Szenarien; ich vergewissere mich meines eigenen Blickes. Die Fotos entstehen mit Selbstauslöser: wäre ein Fotograf anwesend, sie würden viel zu perfekt, um dem Werden, das mich interessiert, noch entsprechen zu können. Es geht darum, nicht üben zu müssen. Auch das Frausein nicht. Sondern eine zu sein. Mit allem.
(to be continued)
p.s. Eben lese ich, Melusine B.zitiert >>>hier den Kontext, in dem sie die Serie wahrnimmt... uff ; )
21:23
Bin ein bißchen außer Atem. Und danke Ihnen, Leser:innen, für die Welle. Vieles von dem, was Sie heute geschrieben haben, wird noch eine ganze Weile nachwirken.
Die Anderen:: Gespräche über Kunst
phyllis - 24. Jan 2011, 21:32
2061 reads
Eine allererste Reaktion auf Ihren Text:
Keine Ahnung ob Sie das anstreben. Falls ja: prima! Falls nein, habe wenigstens ich etwas davon.
@schreiben wie atmen
Und weiß, Sie denken sich Ihren Teil. Wie alle anderen auch. Manche hauen aber auch mal richtig in die Vollen, weil sie nicht an dieses "sich seinen Teil denken" glauben, sie fühlen sich der Aufklärung verpflichtet. Was wiederum viele stört, die überzeugt sind, sie seien aufgeklärt genug. Ein Wirbel ist das heute!
Grämen Sie sich nicht,
"Überall ist Wunderland,
Überall ist Leben,
Bei meiner Tante im Strumpfenband
Und irgendwo daneben."
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch einen erbaulichen Abend.
"Sondern eine zu sein. Mit allem."
@Frau Wie im Wunderland
Merci viele Male.
@ANH & die schwedischen Männer
Zu Provokationen und Weichzeichnern hab' ich heute schon an unterschiedlichen Stellen, nicht zuletzt in obigem Text, Position bezogen. Ohne Ihren ersten Kommentar von heute Morgen wäre allerdings gar keine Diskussion in Gang gekommen, insofern danke für den verbalen Hieb, er hat einige, auch mich, aus der Reserve (und den Samtkissen) gelockt! : )
Liebe Frau Phyllis,
Der bürgerliche Begriff für Selbstzensur heißt Sublimierung.
Ach Oberst.
Schmetterlinge.
Fragen Sie.
Ein Begehren reicht meiner Meinung nach über ein blosses Ansehen hinaus.
Das Glotzen vom Oberst träfe da besser auf ein Begehren, es klingt bohrend
oder triefend vor Begehren, allerdings äusserst sich ein Begehren in der Regel verbal.
Tja, kann man wirklich einen Menschen anhand einer Fotografie begehren ?
Man begehrt dann doch nur körperliche Attribute.
Der Mensch allerdings ist weitaus mehr als eine stumme, starre und leblose Fotografie, selbst wenn diese Fotografie ein lebensgrosses Format hat.
Ich finde, man sollte da nichts überzeichnen.
Ein Überzeichnen führt meistens zu Abwendungsprozessen einerseits oder andererseits / gegenteilig zu Fanatismus.
stay easy.
Dabei hat sie den Termin vorgeschlagen und ich bin ihr nicht mal böse, eben weil sie unglaublich begehrenswert ist und ich hab kein Foto und es gibt auch keines im Netz
@Oberst
p.s. Und ohne ihre persönliche Kränkung schmälern zu wollen, von der Sie uns berichten - auch die hat hier eigentlich nichts zu suchen.
alles besser, das ist so ziemlich das gegenteil
von diskutieren.
aber ich bedaure selbstverständlich, wenn ich
dumme fragen gestellt habe, auch wenn ich sie nicht als dumm empfinde, man wird nun mal alt und das ist doch großartig.
@Q.L.
@ Herr Herbst
Und deshalb sollte ein Begehren über das reine Ansehen ( insbesondere von Fotografien ) hinausragen und eben die Körperlichkeit in completo als jeweiliges Desiderat favorisieren.
@Q.L.
@ phyllis
( vorbildlich klänge jetzt auch nicht besser, hm )